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A. Ich sehe etwas Lichtähnliches, wie von fern, in dieser Behauptung, aber ich wünschte sie näher beleuchtet und mehr entwickelt zu sehen.

B. Gut. Ich will mein Möglichstes thun, dich sicher und Schritt für Schritt zu führen. Nur bitte ich dich, anfangs besonders scharf aufzuhorchen, daß du nichts hingehen oder durchglitschen_lassest, was noch einigem Zweifel ausgesezt ist, oder wovon du besorgen kannst, daß es dir von irgend einem Wahrheitsfreunde widersprochen werden dürfte.

A. Um dieses darfst du mich nicht bitten; eher, daß ich nicht zu strenge set, nicht zu zweifelsüchtig' widerspreche.

B. Wir wollen wissen, was Wahrheit ist, was Irrthum? Ich behaupte: Wahrheit ist uns jede Größe, oder jede Existenz, die dem gleich zu sein scheint, was wir eigene Existenz heißen, was mit dem Maßstab, den wir in uns selbst haben, gemessen, mithin in Analogie gebracht werden kann; Irrthum heißen wir alles das, was sich von uns nicht als existent, oder als coexistent mit uns gedenken läßt.

A. Habe Geduld mit mir, dieses mir noch klarer zu machen. B. Bist du völlig gewiß, daß du existirft? Ist dir deine Existenz Wahrheit?

A. Allerdings. Nichts ist für mich gewisser, als mein Sein. Meine Existenz ist für mich die vollkommenste Wahrheit. Nichts in der Welt wird je vermögend sein, mir, diesem redenden Leben, die Ueberzeugung zu rauben: „Ich bin, ich weiß, daß ich eristire.“ B. Nun, nicht wahr? wenn A gleich ist B, B gleich C, so ist C gleich A?

A. Allerdings; aber was du damit willst, sehe ich noch nicht ab. B. Dein Dasein, oder die Gewißheit deines Daseins für dich, sei A; was diesem A gleich ist, es heiße B oder C, das ist dir also völlig so gewiß und wahr, wie dein Dasein?

A. Freilich; was mir so gewiß ist, wie mein Dasein, ist mir die vollkommenste Wahrheit.

B. Nun bitte ich dich, genau zu prüfen, ob nicht folgende Behauptungen völlig so gewiß sind für dich, wie dir dein Dasein gewiß ist:

,,Du bist!"

,,Du bist ein lebendes Wesen!"

„Du bist eine gewisse, bestimmte Figur, Organisation, unterschieden von allen andern Figuren und Organisationen, die du dir denken kannst. Alles an dir ist dir so gewiß, als du dir selbst gewiß bist."

„Es ist dir gleich wahr, daß du lebst, daß du sprechen kannst, daß du eine Hand, ein Auge, ein Ohr hast, daß du lieben und hassen kannst, wirken und leiden, empfangen und geben.“

Alles das gehört zu dir selbst, ist Eins mit dir; an dem Allen kannst du so wenig zweifeln, als an deinem Dasein.

A. Ohne anders; ich begreife sehr leicht, daß das Alles zu mir selbst gehört, mir also so wahr und so gewiß ist, als ich mir selbst wahr und gewiß bin. Ich selbst bin der Sprechende, der Lebende, der Handhabende, der Hörende, der Liebende, der Hassende, Leidende, Empfangende, Gebende; daran zweifle ich nicht und werde nie zweifeln können.

B. Noch einmal: Alles also, was du selbst bist, ist dir gewiß; Alles an dir, insofern du es als zu dir gehörend, als einen Theil deiner selbst anschauest, ist dir wahr; also auch Alles, was dir nicht minder gewiß ist, als dieses?

A. Ohne allen Zweifel.

B. Du bist also gewiß, daß Alles, was deinem Dasein gleich ist, mit deinem Dasein eins und dasselbe ist, Wahrheit ist?

A. Ja, dessen bin ich gewiß.

B. Sein und Wahrsein wäre also eins und ebendasselbe?

A. Alles, was ist, ist wahr, das gebe ich zu; Alles, was gleich mir existirt, zu mir gehört, ist völlig gewiß für mich. Das kann keinem Zweifel ausgefeßt sein. Aber ich sehe noch nicht, wie daraus folgt: „Alles, was wahr ist, das ist wirklich!" nicht: „Alles, was Irrthum heißt, ist nicht!" welches doch folgen müßte, wenn nur das wahr ist, was ist.

B. Laß uns, mein Lieber! ein höchst einfaches Beispiel anführen, welches dir für tausende gelten kann, dich zu überzeugen, daß Sein und Wahrsein, Irrthum und Nichtsein völlig idens tische Dinge find. Zwei mal zwei, sagen wir, find vier, dieses hältst du für wahr; zwei mal zwei find fünf, dieses hältst du für falsch; nicht so?

A. Wer will dieses leugnen?

B. Nun sage mir, warum hältst du den Saz: zwei mal zwei find vier, für wahr?

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A. Es leuchtet mir ein: Zwei und zwei bezeichnen dieselbe Quantität, wie vier, das ist, ich bin gewiß, alle gleich mir orga= nifirte Wesen halten zwei und zwei und vier für gleich viel.

B. Was verstehst du darunter, wenn du sagst: Zwei und zwei und vier haben dieselbe Quantität? man hält diese verschiedenen Zeichen für gleichbedeutend?

A. Ich denke, das: Sie machen beide denselben Effekt auf mich; zwei und zwei zusammengenommen erregen in mir dieselbe Empfindung, Wahrnehmung; fie machen mich auf dieselbe Weise existiren, wie vier, und vier, wie zwei und zwei zusammengenommen; sie determiniren und modificiren mich völlig auf dieselbe Weise.

B. Recht so! Quantitäten, oder verschiedene Zeichen von derfelben Quantität, die du als völlig synonym und identisch erkennst, die völlig dieselbe Empfindung in dir erregen, dich auf dieselbe Weise fein machen, heißen dir Wahrheit; sie sind beide so gewiß, wie du dir selbst gewiß bist; sie sind ein Theil deiner selbst; du selbst bist

der Erkenner der Synonymität und Identität dieser ungleich bezeichneten Quantitäten.

A. Mache die Anwendung deiner Behauptung noch auf einen andern Fall.

B.,,Wasser ist ein flüssiges Naß, ohne Geschmack; ein guter Mensch thut vorsäßlich nichts Böses."

„Das Ganze ist größer, als sein Theil."

,,Die Ordnung ist eine solche Zusammenstellung und Verbindung verschiedener Dinge, daß sie am leichtesten übersehen und als ein gleichförmiges Ganzes gedacht werden können.“

„Zwecklofigkeit ist Thorheit.“

Alle diese Säße nennst du ohne Zweifel wahr?
A. Allerdings.

B. Warum?

A. Die Verschiedenheit der Zeichen wirkt nicht verschieden, wirkt gleichförmig auf mich; Wasser und ein flüssiges Naß ohne Geschmack find mir Synonyma, identisch, eins und eben dasselbe; diese beiden Zeichen: Wasser und flüssiges Naß machen mich auf dieselbe Weise existiren. Ich bin derselbe bei dem Denken an Wasser und an flüssiges Naß ohne Geschmack; darum heiße ich den Saz wahr: „Wasser ist flüssiges Naß ohne Geschmack."

B. Und so ist es mit allen andern angeführten Säßen, und mit allen Säßen, die wir für wahr halten. Ein guter Mensch thut vorsäßlich nichts Böses ist ebenso viel, als zwei mal zwei sind vier; die Quantität: Guter Mensch, ein Mensch, der mit dem Worte,,gut“ bezeichnet wird, ist völlig dieselbe Quantität, wie derselbe Mensch, der vorfäßlich nichts Böses thut. So, indem ich sage: das Ganze, seße ich eine gewisse Quantität; indem ich sage: Theil, seße ich eine andere Quantität. Unter dem Ganzen verstehe ich die Summe der Quantitäten, die Theile heißen;

unter dem Theil etwas Minderes, als die Summe aller Theile; die beiden Säße also:

1. Ganz und größer,

2. Theil und kleiner,

find identisch, wie der Saz: zwei mal zwei sind vier; dieser Saß ist identisch mit dem: drei sind eins weniger, als vier; vier eins mehr, als drei. Das Wort Ordnung bezeichnet eine solche Zusammenstellung gleichartiger oder mannigfaltiger Dinge, daß sie am leichtesten übersehen und als ein gleichförmiges Ganzes gedacht werden können, ist also synonym und identisch mit dieser Zusammenstellung, macht mich auf dieselbe Weise existiren; beide Zeichen sind mir dasselbe. Sie machen keine Veränderung in mir; beide find eins in mir selbst. Ich bin völlig derselbe, wenn ich Ordnung und ebenbenannte Zusammenstellung denke, ausspreche, schreibe. Zwecklosigkeit ist Thorheit, oder Thor, heit und Zwecklosigkeit ist eins. Ohne Zweck handeln, ohne zu wissen, warum? und als ein Thor handeln, find Synonyma, identisch. Beide Zeichen derselben Sache machen mich immer auf dieselbe Weise existiren, und insofern sie das thun, nenne ich einen solchen Saz Wahrheit. Er wird ein Theil, ein mit mir selbst harmonischer Theil meiner selbst. Ich bleibe mir gleich beim Denken oder Aussprechen der Worte: Thorheit und Zwecklosigkeit.

A. Ich begreife die Sache völlig, Sein und Wahrsein, Wahrfein und mit mir selbst übereinstimmen ist eins. Dinge, die mich immer auf dieselbe Weise afficiren, sind mir identisch. Jede identische Wahrnehmung und Empfindung ist mir Wahrheit, ist ein Theil meiner selbst; ich selbst bin es, der die Identität verschiedener Dinge erkennt. Diese Erkennung ist eins mit meinem Selbst, mithin Ueberzeugung; aber noch ein Wort vom Irrthum.

B. Bleiben wir bei unserm ersten, einfachen Beispiele: Zwei

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