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Fußreisen zu machen. Er ließ sich aber auf einem Karren Silbergeschirr nachführen, das er in jedem Gasthofe auspackte.

11.

Ein Mann von Welt und Kenntnissen reis'te vom nördlichen Deutschland nach Mailand, um das berühmte Echo zu hören, dessen Burney in seiner musikalischen Reise erwähnt. Er suchte in den Ruinen des stolzen Roms und unter seinen Denkmälern, und fand nichts Sonderbares. Er eilte mit Kurierpferden zu den äußersten Grenzen Kalabriens. Erdbeben hatten gewüthet, Landplagen gezüchtiget. Er war ein weicher Mann; aber er kehrte heiter von dannen; denn ein vortreffliches Echo fand sich dort.

12.

Aus Tannebauer's Leben.

„Um meine Reisekosten in meine Vaterstadt zu bestreiten, verkaufte ich ein gutes Predigtbuch an einen reformirten Geistlichen, welcher mir aus besonderer Freundschaft zwei Gulden dafür bezahlte. Mit dieser kleinen Summe trat ich meinen Marsch an, und zwar in neu gesohlten Schuhen, die so eng waren, daß ich nach einem Wege von anderthalb Meilen beinahe keinen Schritt mehr gehen konnte. Weil ich aber noch eine halbe Meile weiter wollte in die fürstliche Stadt, wo mein Freund Herz wohnte, so bot ich allen Kräften auf, meine Schmerzen bis dahin zu erdulden. Ich knappte langsam auf der breiten Straße fort; da kam eine Kutsche, mit sechs Pferden bespannt, in vollem Galoppe hinter mir drein. Ich blieb stehen, und machte dem Herrn, der darin saß, ein tiefes Kompliment. Kaum war dieses Fuhrwerk an mir vorbei, so hörte ich laut reden, und die Kutscher hielten stille. Der Herr öffnete die Thüre, sah nach mir zurück und sprach etwas, das ich aber nicht verstand, weil ich nicht glaubte, daß es mich angehe. Mittlerweile knappte ich vorwärts. Nun wiederholte jener sein Begehren, und jezt hörte ich deutlich,

daß ich mich zu ihm in den Wagen seßen sollte. Mit großer Schüchternheit befolgte ich diesen wohlthätigen Befehl. Sehr liebevoll bezeugte er mir sein Mitleiden über die Fatalität an meinem Fuße, und erkundigte sich, wo ich herkam und wohin ich wollte? Ich beantwortete ihm beides, und hätte ihm auch herzlich gerne einen Theil meines Schicksals erzählt; aber ungefragt wagte ich es nicht. Als wir nahe bei der Stadt waren, erkundigte er sich, bei welchem Wirthshause ich absteigen wollte? Ich nannte ihm das Herzische Haus; und nun trieb er seine Menschenfreundlichkeit so weit, daß seine Leute vor dieses Haus hinfahren mußten, wo ich dann unter devotesten Danksagungen ausstieg. Es war schon dunkel. Bis Jemand mit dem Lichte zur Thüre kam, war der Wagen fort, und ich erfuhr nicht, wem ich diesen großmüthigen Beistand zu verdanken hatte. Dieser seltsame Vorfall ermunterte mich sehr; denn ich dachte, daß der Allgütige, welcher jezt sich meiner armen Füße erbarmte, auch künftig meinen ganzen Körper versorgen werde!"

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Heil dem fürstlichen Reiser, der Sinn für des Wanderers Schmerz hat! Hell dem redlichen Wand'rer, der froh des Empfindenden That preist ! Kuß auf die Stirne dir, Leser! der hingeht, also zu handeln.

Ein Wort eines freien Schweizers an die

große Nation,

sammt den dazu gehörigen Beilagen.

I.

An Bürger Denzel, Mitglied des Rathes der Alten!

Ich kenne Sie nicht, als durch den öffentlichen Ruf; vielleicht mögen Sie mich durch diesen auch kennen. Ich glaube, es wagen zu dürfen, Ihnen diese wichtigen Blätter: „Das Wort an die große Nation“ und das Schreiben an Reubel anzuvertrauen und Sie um schleunige Ablieferung beider an diesen, Ihren viel vermögenden Freund, zu bitten. Könnte mein Zweck auf eine andere Weise ficher erreicht werden, ich ließe dieß Mittel fallen; nun aber kenne ich kein anderes. Männer müssen Männern vertrauen. Sollte ich in der Zeit der Freiheit nicht frei sprechen? sollte ich mich fürchten, einem Manne, wie Sie und Reubel, mein Herz zu leeren? Wie unwürdig wäret Jhr, freie Männer zu heißen!

Noch heißt mich Wahrheitsliebe Eines sagen:

„Reubel wird als ein gegen Bern rachsüchtiger Urheber unserer Uebel angesehen!"

Ich mag von großen Menschen nicht gern Kleines glauben; thun Sie, was Sie können, uns armen Sklaven zur Freiheit zu helfen. Zürich, den 11. Mai 1798.

Joh. Caspar Lavater, Pfarrer.

II.

Bürger Direktor Reubel!

Ich habe nicht die Ehre, Sie persönlich zu kennen; auch zweifle Ich, ob Sie mich je gesehen haben mögen. Dennoch wage ich es, da Sie ein Deutscher und als ein Mann von außerordentlicher Kraft und großer Weisheit bekannt find, Sie in dem Drange Ihrer wichtigen Geschäfte einige Momente zu unterbrechen und Sie, Mensch, als Mensch zu bitten, beiliegendes, ich denke eines freien Schweizers nicht unwürdiges, obgleich sehr freimüthiges Wort an die große Nas tion zu lesen und es auf ihr Herz wirken zu lassen, was es wirken mag. Ich bitte gar nicht um Vergebung. Lange vor den Zeiten der Freiheit schrieb ich gerade so frei gegen Ungerechtigkeit. Ich glaube berechtigt zu sein, zu sagen, was ich sage; noch mehr, ich glaube verpflichtet zu sein, wofern, was ich nicht deuken mag, nicht bald eine genugthuende Thatantwort erfolgen sollte, dieß freimüthige, wahrheitreiche Wort in mehreren Sprachen mit meinem Namen drucken zu lassen und es nach allen Weltgegenden zu versenden, und die Wirkung davon mit furchtloser Ruhe und keine geringe Wirkung von dieser vielfachen Publikation zu erwarten.

Sie find ein Mann! Wie Denker Denker ehren, wie verschieden He denken mögen, so ehren Männer Männer, die sprechen und handeln dürfen, wie verschieden sie sprechen und handeln. Wer Muth hat, ehrt den Muth! Also lassen Sie mich das Wort sagen: Europa und die Nachwelt soll wissen, wie rechtswidrig man mit uns umgeht.

Soll ich schweigen, weil Alles schweigt? Wofür wäre mir Hand und Zunge gegeben, wenn ich nicht sprechen und schreiben dürfte, was Bürgerpflicht ́ und Vaterlandsliebe mich sprechen und schreiben heißen? Wie könnte ich meine Existenz ertragen, wenn ich in dieser Zeit für mein Vaterland hinathmete und Alles gut sein ließe?

Bürger Direktor! Noch eins, das Ihnen das Wort eines Fa

natikers scheinen mag! Der Erfolg wird über den Werth dieses Wortes entscheiden.

"

Es kann eine Zeit kommen, und sie scheint mir gar nicht fern zu sein, wo Sie ernsthaft an dieß Wort zu denken gedrungen sein könnten: Die französische Nation reizt durch den troßenden Uebermuth ihrer Glücksmacht den Fluch aller Nationen wider sich, und sie eilt ihrem schnellen, schrecklichen Falle entgegen. Mir find die jeßigen Direktoren, mir find Ste, fester Mann! wie unstürzbar Sie sich auch glauben mögen, schon wie gestürzt vor dem Auge. Verachten Sie den Rath eines redlichen Mannes nicht, der Barthelemi's Schicksal lange vorher ahnte, ehe es möglich schien. Bahnen Sie sich durch eine eklatante Vergütung des schreienden Unrechtes, das meinem Vaterlande angethan wird, den Weg zu einem leidlich frohen Lebensende.“

Sie haben das Recht, über das Wort zu lachen; aber es wird verlassen Sie sich darauf es wird keine zwei Jahre anstehen, Sie werden an Ihre Brust schlagén, und froh sein, wenn Sie bet uns einen sichern Zufluchtsort finden werden und den jezt lächerlich scheinenden Warner Freund nennen können.

So manches Unglaubliche ist geschehen, was ich ahnte und Freunden vertraute. Auch dieß könnte geschehen; was sage ich: könnte, es wird geschehen! „Thun Sie nun, was Sie wollen!"

Zürich, den 11. Mai 1798.

Joh. Caspar Lavater, Pfarrer.

III.

Ein Wort eines freien Schweizers an die große Nation.

1.

Freiheit, Gleichheit, Menschenrecht, Menschlichkeit find die Aushängschilde zu allen Dekreten und Publikationen der

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