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war bei seinem Leben, wie und wozu ist er so ausgezeichnet groß geworden bei seinem Tode ?" Wer kann hier anders, als verstummen und anbeten und sagen: „Gott hat es gethan, und es ist wunderbar in unsern Augen!" und wenn man davon ausgeht, was gibt es dann nicht zu denken?

8.

Lesen des Evangeliums.

,,Das Lesen des Evangeliums", sagen Sie, „sollte Jedem, der auf den Namen Christ Anspruch machen will, lieber sein, als an= deres Lesen; und doch haben verschiedener christlicher Verfaffer Schriften mehr Reiz für mich. Ich greife immer zuerst nach diesen; mir ist, meine Erkenntniß bereichere sich mehr, und mein Herz werde gewöhnlich wärmer dabei, als beim Lesen des Evangeliums selbst. Was mag wohl die Ursache dieser Verkehrtheit sein? und wie kann ich die Lust, aus der Quelle selbst zu schöpfen, vermehren ?“

Antwort.

Die Jünger des Herrn gingen am Sabbathe mit ihm durch reife Kornfelder, und da es sie hungerte, rieben sie Aehren aus und aßen Korn und dankten Gott. Sie kamen in den Flecken und kauften Brot. „Wie viel schmackhafter“, sagte Petrus zu Johannes, „ist das Brot. durch Menschenhände gebacken, als das Korn, wie es aus der Hand der Natur oder Gottes fommt!"

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Johannes wollte stußen; und Jesus nahm das Wort, und sagte: Einige effen lieber die Traube, und finden keinen Geschmack am Weine; Andere ziehen den Wein der Traube vor. Beide danken Gott und haben Freiheit, den Wein oder die Traube zu wählen."

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Eine Predigt

An Schriftsteller und zwar an Kritiker.

Strafe fie scharf, damit sie im Glauben gesund seien. Tit. I. 13. Wer straft, bloß um wehe zu thun, ist ein leidenschaftlicher Mensch und ein Bösewicht, wer einem guten Menschen geflissentlich wehe thun will. Gesundheit ist der Zweck des Arztes, der dem Kranken eine bittere Arznei reicht; Gesundheit der Seele der Zweck, der mit Weisheit straft. Strafe fie scharf, damit sie im Glauben gesund seien! Diese Gesundheit, diese Besserung des Schriftstellers soll, so viel es Menschen möglich ist, der Zweck der Kritik und die Seele aller demüthigenden Urtheile sein! Jede Züchtigung sei heilfame Arznei! Sie mache den Schuldigen auf fich selbst, sein eigen Herz und die Folgen seiner Thorheiten aufmerksam! sie errege in ihm eine bittere Verachtung alles Verachtungswürdigen in seinen Gefinnungen und in seinen Grundsäßen! fie entschlage in ihm jeden noch entschlagbaren Funken des menschlich wohlwollenden, edlen, liebenden, wohlthätigen Sinnes! Der Glaube, diese göttliche Kraft im Menschen, von welcher so unendlich viel und so unendlich wenig gesagt ift; der Sinn für alle Geistigkeit, Unsichtbarkeit, wodurch die menschliche Natur veredelt wird; die hohe Kraft, nach ewigen Dingen zu streben, die Religiofität der Schriffteller werde erweckt, genährt, neu belebt! Dieses und nichts Geringeres sei der Zweck aller, auch der schärfsten, der demüthigendsten Kritik! Jeder andere Zweck ist eines weisen und guten Menschen unwürdig! Strafe sie scharf, damit fie im Glauben gesund seien! Und welche Schriftsteller sollen

nun scharf gestraft werden? Unwahrhafte unwissende und seichte, unbescheidene, boshafte Schalksknechte, die für Religion und Sitten, Gottheit und Menschen, Tugend und Wohl der Menschen keinen Sinn, für alles Edle, Gute, Schöne, Alles, was die menschliche Natur veredlen und vervollkommnen kann, kein Interesse haben.

Strafe fie scharf, allervorderst die Unwahrhaften, die vor der Wahrheit keine Ehrfurcht, die an falschen Nachrichten, Zeugnissen, Anekdoten, Urtheilen ihre Lust haben; diese schändliche Race von Schriftstellern, diese ehrlosen Verächter ihrer eigenen Einsicht und Ueberzeugung verdienen scharfe Strafe, ernste Zurechtweisung, strenge Demüthigungen, harte Streiche der Vernunft und Peitschenschläge des Gewissens. Wer sich selbst unsittlich erniedrigt, soll in seiner unfittlichen Niedrigkeit gezeichnet, entblößt und wo möglich durch scharfe Strafe aus dem Moraste, in welchen er sich versenkt hat, herausgetrieben werden.

Aber nicht nur unwahrhafte, auch unwissende und seichte Schriftsteller verdienen scharfe Strafe, wenn sie mit dem Tone der Einsicht, in der Sprache der Wissenschaft, mit der Anmaßung der Kennerei über Dinge schreiben und absprechen, die sie nicht verstehen. Wer etwas nicht weiß, soll nicht Miene machen, es zu wissen.

Schamlose Klasse von Schriftstellern, besonders von anmaßlichen Kritikern, die sich in den Mantel einiger Kunstausdrücke, einer wissenschaftlichen Terminologie einhüllend, geübten Wiffern, denkenden Prüfern, praktischen Kennern auf den Nacken treten und über sie wandeln, wie über Steine! Strafe sie scharf! Ihre Unwissenheit werde beleuchtet! ihre Anmaßung in ihrer ärmlichen Erbärmlichkeit gezeigt! die Schande ihrer Blöße werde aufgedeckt, damit sie lernen, ehe fie lehren, sammeln, ehe fie austheilen, stark seien, ehe fie stärfen wollen.

An die Unwissenden grenzen die Unbescheidenen, oder vielmehr, fle find unzertrennlich von diesen. Wie die Unwissenheit eines Schrift

stellers, so die Unbescheidenheit. Wie die Unwissenheit abnimmt, so nimmt die Bescheidenheit zu. Je mehr du weißt, desto mehr weißt du, wie wenig du weißt. Wer verachtet, der hat nichts. Unbescheidenheit ist eine Schriftstellersünde, die kaum vergeben werden kann, und fie ist leider eine immer allgemeinere, durch so viele Beispiele immer privilegirtere Sünde! Unbescheidenheit soll Kraft, Frechheit soll Freimüthigkeit, Ungezogenheit Genie sein! Ich wiederhole und wiederhole, vermuthlich umsonst, eine tausend Mal umsonst wiederholte Klage; aber, wer kann sich derselben enthalten, dem so viele enorme Beispiele vor den Augen stehen, die es sich zu einem vorzüglichen Verdienst anrechnen, Allem, was nur die Miene von Bescheidenheit hat, Hohn zu sprechen; welche selbst ohne Verdienst das entschiedenste Verdienst, einem häßlichen Insekte gleich, zertreten und es noch als eine Gnade angesehen wissen wollen, wenn sie etwa künftig einmal den glänzendsten Talenten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen verheißen. Diese unwürdige Brut nichts leistender, aber alles Geleistete desto dreister verhöhnender Junggesellen von Kritikern, diese rohen Absprecher, diese scharfzähnigen Benager der Werke des Genie's und des Herzens, diese lichtscheuen und schamhassenden Bemerker und Anekler deffen, was jeder gesunde Sinn ehrt, was jedes noch einiger Erhebung fähige Herz erhebt, verdienen, wenn Jemand, scharfe Strafe! Und sie wird ihnen auch nicht ausbleiben. Der Unbescheidenste findet immer einen noch Unbescheidenern; der Frechste noch einen Frechern, der ihn demüthigt. Aber dieß auch nicht gerechnet; es ist Pflicht der Bescheidenen, Edlen, solche Unbescheidene nicht nur durch Verachtung, sondern durch positive Darstellung ihres unfittlichen, rohen Betragens zu strafen und Alles zu thun, was sie bessern, was sie heilen, was sie Bescheidenheit lehren kann.

Doch mehr als diese verdient scharfe Strafe der, so mit Unwissens heit oder Wissenschaft, Bosheit und Schalksfinn verbindet.

Ein boshafter Schriftsteller ist ein tausendfacher Sünder, der

tausendfache Strafe verdient. Ein Zug seiner Feder ist oft ein tausendfacher Dolchstoß ins Herz des Unschuldigen und Verehrungswürdigen. Möchte eine Strafe erfunden werden können, die scharf genug wäre, die Bosheit zu schrecken, oder ein Mittel, welches weise genug wäre, ihr zuvor zu kommen! Wenn ich von Bosheit und Schalkheit spreche, so fragt ihr mich vielleicht: was ich damit meine? Ich will es euch sagen: Alles das, was ihr Bosheit, was ihr Schalkheit nennen würdet, wenn es irgend ein Schriftsteller fich gegen euch erlaubte! Für ein ehrliches Gemüth würde diese Erklärung hinlängs lich sein; aber sie ist nicht für jene Klasse von Menschen, denen Alles in der Welt eher natürlich ist, als das Natürlichste, sich an des Andern Stelle zu seßen. Mit denen, die ich meine, muß deutlicher gesprochen, der Spiegel muß ihnen näher an das Auge gehalten werden, wenn sie ihrer eigenen abscheulichen Gestalt gewahr werden sollen. Unter Bosheit und Schalkheit verstehe ich jene niedrige Freude, durch Wehthun fich wohl zu machen, an des Andern Schmerz sich zu weiden und aus seinen Bekümmernissen sich ein Fest zu machen. Jene Härte, die nur durch Bedrückung weicherer oder elastischerer Wesen fich glücklich fühlt; jene schlaufinnige Kunst, Dinge zusammen zu stellen, von denen man weiß, daß fie in der Seele des Schriftstellers nie zusammen kamen, und ihm Folgerungen aufzubürden, von denen Niemand ferner sein kann, als er; jene abscheuliche Grimace von Religiosität, Wahrheit, Liebe, Tugendeifer, die hundert Mal beffere Menschen und Schriffteller durch eine schiefe Citation, einen frechen Verdacht, eine barbarische Gewaltthätigkeit zu der verwerflichsten Klasse der Menschheit gefliffentlich und gegen eigene Ueberzeugung herabwürdigt; jene innere Gleichgültigkeit für alles Wahre, Gute, Schöne, Göttliche, die sich mit Strenge gegen Alles, was frei und hell, fühn und edel schreibt und von der Brust weg spricht, heuchlerisch und schief lächelnd deckt; jenen Troß gegen Alles, was innigst gefühlt, aber auf keine Weise schulmäßig demonstrirt oder vertheidigt

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