Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

Es gibt in den kleinsten Kleinigkeiten der Gesellschaft gewisse Nüancen, Züge, die sogleich sagen, in welcher Klasse man geboren ist und unter welchen Menschen man gelebt hat.

[blocks in formation]

Seien Sie gefällig gegen die Niedern; Ihre Miene sei allezeit offen dem, der Sie um etwas bittet; der Werth der Wohlthat wird dadurch erhöht und das Unangenehme der abschlägigen Antwort versüßt.

[blocks in formation]

Hüten Sie sich vor Splitterrichten mit Ihresgleichen. Man lacht

[blocks in formation]

Sehen Sie die Personen, bei denen Sie sich befinden, nicht lange starr an. Dieß ist eine gute Meinung von sich selbst, die uns Niemand verzeiht. Der niedergeschlagene Blick ist schön und zeugt von Mißtrauen gegen sich selbst; er ist ein stilles Eingeständniß der Chrfurcht, die man gegen Andere hegt.

[blocks in formation]

Kommen Sie in fremde Gesellschaft, so reden Sie nicht zu hef tig und nicht zu träge; warten Sie, bis Sie gefragt werden; antworten Sie mit einer edlen Zuversicht ohne Schüchternheit und ohne Kühnheit.

[blocks in formation]

Mit Höhern reden Sie ohne Affektation und ohne viele Worte; suchen Sie nicht, Ihren Geist glänzen zu lassen; wenn man einmal eine Seele, die in ihren Meinungen und Grundsäßen erhaben ist, wahrgenommen hat, so ist man wegen des Ausdruckes nicht mehr so so genau und strenge.

[blocks in formation]

Man kann voll Ehrfurcht gegen die Höhern sein, ohne sich nies

derträchtiger Ausdrücke zu bedienen oder ein sklavisches Betragen ans zunehmen.

Man muß Hochmuth nicht mit Erhabenheit (hohem Sinn) vers wechseln; diese lettere ist Tugend der Seele, die Männern von Ehre unentbehrlich ist; die erste ist nur eine große Schwäche kleiner Geister.

[blocks in formation]

Vermeiden Sie böse Gesellschaft; man kann sie nicht zu sehr fürchten. Leute von bösem Herzen und Grundsäßen suchen immer die Jugend zu Mitgenossen ihrer Ausschweisungen zu machen.

[blocks in formation]

Ich bin Ihr Gewissensrath nicht; ich mische mich nicht in Ihre Ergögungen. Aber ich bitte Sie, in Ihrer Wahl hart und strenge zu sein; keinem Weibe, keinem Spieler dürfen Sie......

[merged small][merged small][ocr errors]

Seien Sie wohlthätig nach Ihrem Vermögen; aber verbinden Sie Niemanden, selbst wenn Sie Almosen geben, ohne daß Ihre Miene und Geberde demjenigen gewissermaßen danke, der Sie in den Stand gesezt hat, Gutes zu thun.

[blocks in formation]

Lernen Sie die Etiquette des Landes kennen, um gegen Niemans den anzustoßen; seien Sie nicht hart und strenge fordernd in dem, was Sie betrifft; aber genau gegen Andere in Form und Titeln; Sie können nicht glauben, wie sehr die Menschen an dieser nichtigen Speise der Eitelkeit hängen.

[blocks in formation]

Schenken Sie sich wenig Menschen; seien Sie äußerst vorsichtig; meiden Sie alle zu große Vertraulichkeit; wird Ihnen aber etwas anvertraut; so behalten sie es mit Gewissenhaftigkeit; — Geheimnisse find jedem Ehrenmanne heilig.

*

*

Lavater's Schriften. IV.

*

17

Sollten Sie, was geschehen kann, glücklich werden, so machen Sie es nicht, wie so viele Menschen, die sich vom Stolze einnehmen lassen. Werden Sie ein besserer Mensch, als je, ohne Eitelkeit. Das Glück lehrt oft, besonders am Hofe, daß es diejenigen erniedrigen kann, die sein Eigensinn erhoben hatte; dann ist es angenehm, die Freunde wieder zu finden, die man sich gemacht hat, eine Art Wiederersaß, der Trost in allem Elende verschafft.

Gegen Bediente seien Sie sanft, redlich, standhaft und nie vertraut. Haben Sie ihrer nöthig, so dienen sie Ihnen, aber nie auf Unkosten des Einen gegen den Andern.

[blocks in formation]

Jezt noch von dem schwersten aller Dinge, woran Alles, was die Menschen Philosophie nennen, scheitert, von dem Unglücke. Da muß man von seiner ganzen Geisteskraft Gebrauch machen in dieser Lage; und in dieser Lage allein ist Troß verzeihlich; im Glücke beleidigt er unsere Mitmenschen; aber wenn man unglücklich ist, so ist er eine Art Würde, welche die Erniedrigung minder auffallend und fühlbar macht. Ich hoffe, lieber Freund! daß Sie nie in diesem Falle fich befinden werden; aber geschieht es doch, so erinnern Sie fich meiner und lesen Sie das Geschriebene wieder, das mir Erfahs rung und die zarteste Liebe in die Feder diktirt haben.

[blocks in formation]

Wenn Sie Unrecht erfahren, so zeigen Sie sich nicht ganz gleichgültig dabei, sondern verdoppeln Sie Ihren Eifer, zum Beweise, daß nicht Sie, sondern Andere Unrecht haben.

[blocks in formation]

Ueberhaupt seien Sie mit Wenigern vertraut; dieß heißt nicht, daß Sie verborgen, nur, daß Sie äußerst zurückhaltend sein sollen. (Für den Weltmann und Nichtchristen.)

1791.

Christlicher Katechismus.

Jeder Katechismus soll ein kindlich brauchbarer Auszug der Bibel oder des Neuen Testamentes sein; das Ganze desselben dem Ganzen der Bibel oder des Neuen Testamentes correspondent. Jesus ist die Hauptperson des Neuen Testamentes; Alles ist Zeuge von ihm; so, so ganz sei es auch der Katechismus! Ich habe vor einigen Jahren mit Anstrengung aller meiner Kräfte einen solchen Katechismus zu machen versucht, und ich halte ihn für das beste Werk, das ich, jemals gemacht habe, und dennoch für unwürdig, gedruckt zu werden, so indiscret ich auch sonst mit meinen Schreibereien gegen das Publkkum sein mag. Ich halte keine Sache für schwerer, wichtiger, nüßlicher und ohne göttliche Erleuchtung unmöglicher, als einen Katechismus.

Ueber die Emigrirten.

1.

Gottlob, daß es noch nicht Mode ist, weil es bekanntermaßen viele schlechte und aus Liederlichkeit zum Bettelstab gebrachte Arme gibt, deßwegen jeden unbekannten Armen, der uns begegnet, sogleich für einen gestraften Verschwender oder Bösewicht zu halten.

Ich bin lange vor der Revolution zu viel in Frankreich umher gereist, und habe nach der Revolution zu viel Emigrirte von sehr nahe gesehen, um nicht einige unter ihnen für Schreckbilder der göttlichen Gerechtigkeit oder, ich sage lieber, der strafenden Besserungssucht Gottes zu halten; aber, liebe Freunde! um Gottes und unsers Herrn Jesu Chrifti Willen, Alle?

2.

Welch' ein einfältiger Tropf doch der Samariter war, daß er sein gutes Del und Wein und seine zehn Baßen an einen Elenden verschwendete, ohne vorher eine mit authentischen Akten belegte Lebensgeschichte von ihm zu fordern!

3.

Eine alte Sage: Wenn Abraham sich gegen Fremde fremd gestellt hätte, wie hätte er Engel beherbergt?

4.

Daß es unter vielen, nicht allein unschuldigen, sondern würdigen Armen auch eine Menge mehr oder weniger unwürdige, ja sogar einige sehr schlechte, abscheulich lasterhafte Arme gibt, wie unter allen andern Klassen von Menschen, ist wohl unleugbar. Was mir aber immer mehr auffällt, ist, daß ich nirgends finde, daß unser Herr dies

« VorigeDoorgaan »