Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

Ein grenzgebiet.

Zeitschrift für keltische philologie, hgg. von K. Meyer und L. Chr. Stern.
I. bd. Halle a. S. Max Niemeyer. (London, David Nutt. Paris,
Émile Bouillon). 1897. Ref. R. Thurneysen

309

I.

UEBER DAS VERHÄLTNISS VON POPE'S 'JANUARY AND MAY' UND 'THE WIFE OF BATH. HER PROLOGUE' ZU DEN ENTSPRECHENDEN ABSCHNITTEN VON CHAUCER'S CANTERBURY TALES.

Pope verfasste in den ersten jahren seiner dichterischen thätigkeit, theils um sich grössere kenntnisse in den fremden sprachen zu erwerben, theils um seinen poetischen ausdruck zu bilden und zu verbessern, eine ganze reihe von übersetzungen, bearbeitungen und nachahmungen älterer dichtungen. Die grössere zahl derselben ist verloren gegangen; nur wenige hielt der autor später der veröffentlichung für werth. Zu den letzteren gehören auch zwei, wie er sie bezeichnet, Translations' von abschnitten aus Chaucer's Canterbury Tales. Dieselben haben im allgemeinen wenig beachtung gefunden, und die meisten über Pope handelnden werke erwähnen sie entweder garnicht oder nur ganz flüchtig. Doch verdienen sie diese geringschätzung wohl nicht; ihr poetischer werth ist allerdings gering, dagegen sind sie in anderer beziehung wichtig. Wenn ein dichter werke eines seiner vorgänger ganz oder theilweise bearbeitet und darum, nicht um übersetzungen, handelt es sich hier so treten dabei die characteristischen unterschiede zwischen beiden, die eigenthümlichkeiten jedes einzelnen zu tage. Ist also ein solcher fall an und für sich von bedeutung, so ist er es um so mehr, wenn, wie hier, die in betracht kommenden autoren den höhepunkt verschiedener, litterarischer epochen bedeuten und in ihrem wesen ganz ausserordentlich von einander abweichen. Zwar zeigt sich Pope in diesen jugendlichen versuchen noch nicht ganz so, wie er in seinen späteren werken erscheint; immerhin finden sich schon die meisten züge seiner reifsten dichtungen in diesen Translations', so dass wohl der E. Kölbing, Englische studien. XXV. 1.

i

vorliegende versuch, das verhältniss der letzteren zu ihrem original darzulegen, eine allgemeinere bedeutung in anspruch nehmen darf. Mögen jedoch vorher einige bemerkungen über Pope's sonstige beziehungen zu Chaucer gestattet sein. 1)

Ersterer verfasste in anlehnung an seinen vorgänger ausser den beiden Translations' noch zwei dichtungen, die ebenfalls aus seiner jugend stammen, nämlich, um mit dem bedeutenderen zu beginnen, zunächst 'The temple of fame' (The Works of Alexander Pope, ed. W. Elwin, vol. I. Poetry. Vol. I., London 1871, s. 185 ff.).2) Es ist im wesentlichen eine äusserst freie bearbeitung des 3. buches von Chaucer's 'Hous of Fame', mit gelegentlicher benutzung von stellen des 1. und 2. (vgl. Uhlemann, Chaucer's House of Fame und Pope's Temple of Fame, Anglia VI, s. 107 ff.), eine bearbeitung, die nach dem von Uhlemann (a. a. o. s. 124) gebilligten urtheile Warton's den character des originals ganz entstellt und verzerrt. Aehnliche ungünstige urtheile, denen man ohne zweifel zustimmen muss, fällen über Pope's werk Lounsbury (a. a. o. vol. III, s. 184) und Elwin (a. a. o. s. 199). Die zweite hier zu erwähnende dichtung ist eine kurze (26 v.), sogenannte 'imitation' Chaucer's, d. h. einer der vielen versuche (vgl. Lounsbury a. a. o. vol. III, s. 113 ff.), Chaucer's stil, sprache u. s. w. nachzuahmen. In Pope's imitation (Works, vol. IV, s. 423) handelt es sich um eine erzählung, die vielleicht selbst Chaucer zu derb gewesen wäre, um sie seinen lesern zu unterbreiten. Pope gab ihr bei ihrem ersten erscheinen den titel: A Tale of Chaucer, lately found in an old manuscript', ein titel, der, selbst wenn er es gewollt hätte, keinen kenner Chaucer's hätte verleiten können, diese nachahmung für eine schöpfung des mittelenglischen dichters zu halten. Schon das metrum, um von der sprache u. s. w. ganz zu schweigen, nämlich der vierfüssige jambus, ist nicht das versmass von Chaucer's komischen erzählungen.3) Noch einmal kam Pope, gleichfalls in frühen jahren, im anschluss

1) Vgl. Lounsbury, Studies in Chaucer, London 1892, vol. III, s. 234 ff. 2) Pope's werke erschienen London 1871 ff. in 10 bänden: vol. I-IV (= Poetry, vol. I-IV) enthalten die poetischen werke, vol. VI-X (= Correspondence, vol. I-V) die briefe und prosawerke; vol. V ist eine biographie Pope's v. Courthope; vol. I, II, VI, VII, VIII sind von Elwin herausgegeben, die übrigen mit hülfe des von Elwin gesammelten materials von Courthope. Citirt als Works, vol. I-X.

3) Vgl. Ward, The poetical works of Alex. Pope, Globe Edition, London 1895, s. 177, anm. 1.

an Chaucer zu dichterischer thätigkeit, ohne dass sich aber der umfang derselben feststellen liesse. Es handelt sich nämlich um die früher ven manchen Pope ganz zugeschriebenen bearbeitungen von Chaucer's 'Reve's Tale' und von dem grössten theile des allgemeinen prologs zu den Canterbury Tales. Man ist jetzt darüber einig, dass sie den schauspieler Betterton zum verfasser haben (vgl. Works, vol. I, s. 160 f.; Lounsbury a. a. o. vol. III, s. 186 ff.), was Pope auch selbst in einer note zu einem briefe Caryll's an ihn vom 23. May, 1712 (Works, vol. VI, s. 157) angiebt. Er hat aber insoweit antheil an denselben, als er sie aus dem nachlasse Betterton's herausgab und dabei die bessernde hand anlegte, ohne übrigens mit seinem talent verschwenderisch zu sein.

Für Pope's verhältniss zu Chaucer sind ferner einige äusserungen des ersteren wichtig, die sich theils in seinen dichtungen, briefen u. s. w. finden, theils von Spence aus der unterhaltung aufgezeichnet worden sind.

Unumschränktes lob zollt Pope dem dichter der Canterbury Tales, wenn er (nach Spence's Anecdotes, s. 164)1) sagt: »I read Chaucer still with as much pleasure as almost any of our poets. He is a master of manners, of description, and the first tale-teller in the true enlivened natural way«; ebenso zeugt es für seine werthschätzung des alten dichters, wenn er (a. a. o. s. 164) über Gower das urtheil fällt: »There is but little that is worth reading in Gower; he wants the spirit of poetry and the descriptiveness that are in Chaucer«; und nicht minder, wenn er (a. a. o. s. 13) über Addison's 'An Account of the Greatest English Poets' bemerkt: »He wrote it when he was very young, and as such, gave the characters of some of our best poets in it only by hearsay. Thus his character of Chaucer is diametrically opposite to the truth, he blames him for want of humour.<< Chaucer's Bedeutung erkennt Pope auch an, wenn er (a. a. o. s. 171) sagt: >>It is easy to mark out the general course of our poetry. Chaucer, Spenser, Milton and Dryden are the great landmarks for it«.

Diesen lobeserhebungen steht auffallender weise eine bemerkung in den 'Imitations of Horace' in der Epistel 'To Augustus' (nach

1) Citirt im allgemeinen nach: Spence's Anecdotes, Observations, and characters of books and men. A Selection, ed. with an introduction and notes by J. Underhill. London s. a. (The Scott Library), eine auswahl, die fast alles für Pope wichtige enthält.

« VorigeDoorgaan »