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vorbringen. Nur sollen wir uns davor hüten anzunehmen, daß solche Empfindungen Eigenschaften der Dinge selbst darstellten, da sie vielmehr nur die Dinge als Ursachen unserer Empfindungen bezeichnen, was sie nicht sein würden, wenn nicht unsere empfindende und mit Empfinbungsorganen begabte Seele wäre 1). Man sollte nun glauben, die Ideen könnten nicht einfach sein, wenn sie nicht auch einfache Objecte darstellten. Daß Locke hierauf nicht weiter eingeht, läßt unstreitig eine Zweideutigkeit in seinem Begriffe der einfachen Vorstellungen zurück.

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Aber überdies giebt auch alles, was Locke über die einfachen Ideen uns sagt, uns nur Zweifel an die Hand über ihre Einfachheit. Bacon hatte von unmittelbaren Wahrnehmungen in seiner Induction ausgehn wollen; diese unmittelbaren Wahrnehmungen, des Warmen, des Kalten, des Weißen, des Schwarzen, find auch die einfachen Ideen Locke's; aber Bacon hatte auch die viel feinern Empfindungen, welche in diesen sinnlichen Vorstellungen sich mischen, von den Wahrnehmungen unterschieden. Locke dagegen giebt zwar zu, daß mehrere sinnliche Eindrücke uns zu gleicher Zeit in Anspruch nehmen könnten; aber er behauptet sie mischten sich nicht mit einander, sondern die verschiedenen Arten der Eindrücke blieben von einander gesondert 2). Dies beruht nur darauf, daß er

1) Ib. II, 30, 2; 31, 2. There would yet be no more light or heat in the world, than there would be pain, if there were no sensible creature to feel it. Ib. II, 31, 7; 32, 14; IV, 4, 4.

2) Ib. II, 2, 1. And there is nothing can be plainer to a man, than the clear and distinct perception he has of those simple ideas, which being each in itself uncompounded, con

ausschließlich auf die verschiedenen Beschaffenheiten unserer finnlichen Wahrnehmungen, aber nicht auf ihre Bestandtheile und Grade in seinen Untersuchungen Rücksicht nimmt, sonst würde ihm schwerlich haben entgehen können, daß die Ideen, welche er als einfache ansieht, nur gewisse abstracte Arten von Wahrnehmungen bezeichnen, welche eine große Mannigfaltigkeit in sich umfassen und deswegen nicht wohl als einfach angesehn werden können. Er zählt zu ihnen z. B. auch Ausdehnung und Dauer und muß doch eingestehn, daß beide nicht ohne Theile und Zusam mensegung gedacht werden können. Seine Bemerkung, daß die einfachen Ideen nur dadurch von den zusammengesezten sich unterscheiden, daß diese Verschiedenartiges, jene nur Gleichartiges unter sich befassen 1), giebt zu, daß eben nur Arten der Wahrnehmungen, welche in unserer Vorstellung zusammengeflossen find, von ihm zur Grundlage alles unseres Erkennens gemacht werden sollen.

Eben so wenig wie bei den einfachen Ideen, welche aus dem äußern Sinn entspringeh sollen, die Analyse des Stoffes, aus welchem unsere Erkenntniß gezogen wird, auf die einfachsten Elemente vordringt, ist dies bei den einfachen Ideen der Reflerion der Fall. Es werden als solche Empfindung oder Denken und Wollen angeführt

tains in it nothing but one uniform appearance or conception in the mind, and is not distinguishable into different ideas.

1) Ib. II, 15, 9 c. not. That composition which he (sc. Mr. Locke) designed to exclude in that definition (sc. of simple idea) was a composition of different ideas in the mind, and not a composition of the same kind in a thing whose essence consists in having parts of the same kind.

und von diesen allgemeinßten Arten besondere Weisen des Denkens und des Wollens unterschieden, wie Erinnerung, Unterscheidung, Glauben und dergleichen mehr 1). Es bes darf kaum der Bemerkung, daß auch hier nur abstracte Arten, deren Unterschiede überdies dem Zweifel unterwor fen fein dürften, an die Stelle der einfachen Wahrnehmungen treten.

Dieser Mangel in seiner Ansicht über die einfachen Begriffe ist um so bedenklicher, je weniger Locke uns gestatten will über diese Begriffe als die Grundlagen unserer Erkenntniß irgendwie hinauszuftreben. Der Verstand kann keinen derselben erfinden, keinen von sich ablehnen oder vernichten. Er verhält sich zu ihnen wie unsere praktische Thätigkeit zur Materie; er kann diesen ihm gegebenen Stoff wohl umbilden, aber ihm nichts zuseßen und nichts von ihm wegnehmen 2). Die Erscheinungen kommen aber unwillkürlich in unser Bewußtsein; wir empfangen sie leidend und alle einfache Vorstellungen, welche wir haben, müssen daher auch als ein reines Leiden in unserer Seele angesehn werden, über welches wir uns feine weitere Rechenschaft geben können 3). Besonders werden Begriffserklärungen der einfachen Vorstellungen abgelehnt, in ähnlicher Weise wie unter den Cartesianern vorzugsweise Geuliner die Erklärung der einfachen An

1) Ib. II, 1, 4; 6, 1 sq.

2) Ib. II, 2. 2.

3) lb. II, 1, 7; 9, 1 sq.; 12, 1; 22, 2.

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Doch ist auch dar

über Locke schwankend, daß er bald behauptet, wir verhielten uns nur, bald wir verhielten uns größtentheils leidend in unfern einfachen Vorstellungen.

schauungen unseres Geistes für unmöglich und für unnöthig hielt. Erfahrung, Sinn oder Reflection lehren fie uns kennen; das Bemühn sie zu definiren würde nichts anderes sein, als wenn wir einen Blinden über die Farbe belehren wollten 1).

Locke sucht nun an einer Reihe von Begriffen zu zeigen, daß der Stoff, welchen wir in unsern Denken verarbeiten, ohne Ausnahme durch äußern Sinn und Reflection uns gegeben wird. Die Nachweisung kann nicht erschöpfend sein, wie er selbst anerkennt, weil die einfachen Ideen unzählig sind und meistens gar keine Namen haben. Er muß sich daher darauf beschränken solche einfache Ideen anzuführen, welche ihm für seine Untersuchung besonders wichtig zu sein scheinen 2). In seiner Wahl befolgt er keinen allgemeinen Grundsah. Über die meisten dieser Ideen erklärt er sich auch sehr kurz, indem er nur zeigen. will, daß ein Theil dieser Begriffe nur von einem äußern, andere von mehrern äußern Sinnen, noch andere nur von der Reflection oder vom äußern Sinn und der Reflection herstammen 3). Es würde wohl der Frage werth gewesen sein, wie einfache Begriffe aus Eindrücken mehrerer Sinne zusammenfließen können; aber auch über diese für seine

1) Ib. II, 4, 6. The simple ideas we have, are such as experience teaches us; but if beyond that we endeavour by words to make them clearer in the mind, we shall succeed no better, then if we went about to clear up the darkness of a blind man's mind by talking, and to discourse into him the ideas of light and colours.

2) Ib. II, 3, 2. 3) Ib. II, 3, 1.

Theorie sehr bedenkliche Frage seßt sich Locke ohne Weiteres hinweg.

Die größte Schwierigkeit aber in seiner Erklärung unseres Denkens beruht auf seinem Begriff von der Reflection. Ein Doppelsinn in demselben ist nicht zu verkennen. Wenn er sie als innern Sinn betrachtet, erblickt er in ihr nur ein leidendes Vermögen zur Aufnahme der Vorstellungen, welche unsere Seele empfängt 1). Es ergiebt sich daraus der Schluß, daß alles unser Erkennen nur auf einem leidenden Empfangen der Eindrücke von außen oder von innen beruht. Zwar spricht Locke hierbei auch wohl von einer Thätigkeit des Geistes, aber er ist hierin so unbestimmt, daß er erklärt, er verstehe unter Thätigkeiten des Geistes nach gemeinem Sprachgebrauch nicht allein Actionen, sondern auch Paffionen 2), und ohne alle Beschränkung soll daher unser Erkennen etwas sein, was ohne alle Willkür und ebenso nothwendig vollzogen wird wie die Wahrnehmung. Hiervon werden sogar die Erkenntnisse nicht ausgeschloffen, welche eine weitläuftige Vergleichung verlangen. Zwar die Freiheit wird uns zugestanden unser Denken zu unterbrechen; aber doch bleibt es dabei, daß jedes Denken und Vergleichen nur eine Erscheinung ist, welche in unserm Geiste sich ereignet 3).

1) Ib. II, 1, 24. The first of human intellect is that the mind is fitted to receive the impressions made on it, either thro' the senses by outward objects, or by its own operation when it reflects on them.

2) Ib. II, 2, 4; 21, 72.

3) Ib. IV, 20, 16. As knowledge is no more arbitrary than perception, so, I think, assent is no more in our power than knowledge. When the agreement of any two ideas appears to

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