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schärfe und klarheit des sprachgeschichtlichen denkens, getragen von originellen ideen, die den hauptwert des buches ausmachen, weil sie erzieherisch wirken, und deshalb sollte man ihm nicht nur recht viele leser wünschen, sondern auch ermöglichen! A. Schröer.

Cöln a. Rh.

Georg Neumann, Die orthographie der Paston Letters von 1422—1461. Ein beitrag zur geschichte der englischen orthographie. Marburg, N. G. Elwert, 1904. (Marburger studien zur englischen philologie. 7.) 126 ss. 8°.

Die Paston Letters, die ja nicht von einem schreiber, sondern von den verschiedensten personen herrühren, bieten natürlich ein sehr anschauliches bild von den verworrenen orthographischen verhältnissen des 15. jahrhunderts dar. Teils lassen sich in den unregelmässigkeiten der orthographie dialektische eigentümlichkeiten erkennen, teils haben viele schreiber unbeholfene versuche gemacht, sich der schriftsprache jener zeit anzunähern, wodurch öfter recht sonderbare schriftformen entstanden, teils sind sie sogar mit den alten überbrachten schriftzeichen nur wenig vertraut gewesen; ja mehrere sind an das schreiben so wenig gewöhnt gewesen, dass sie ganze silben und buchstabengruppen entweder wiederholt oder fortgelassen haben.

Der verfasser des uns vorliegenden schriftchens hat sich bemüht, die ältesten briefe der grossen Paston'schen sammlung, nämlich die von 1422—1461, die im ersten band der auflage von Gairdner enthalten sind, auf ihre orthographie hin zu untersuchen. Dabei hat er sich der älteren auflage (von 1872 ff.) bedient, aber ausserdem von der neuen auflage (1900 f.) das Supplement im ersten bande und einige briefe im Appendix des dritten bandes, die in den bezeichneten zeitraum gehören, benutzt. Er hat auf eine ähnliche behandlung der briefe des zweiten und dritten bandes unbedenklich verzichten können, weil die briefe des zweiten bandes in orthographischer beziehung nichts wesentlich neues zu bieten scheinen und diejenigen des dritten bandes schon unter dem einfluss des buchdrucks stehen können.

Da die arbeit in erster linie sich mit der orthographie der briefe befasst, so ist es ganz natürlich, dass Neumann von den schriftzeichen, wie sie im texte vorliegen, in alphabetischer ordnung ausgeht; nur werden der überrsichtichkeit wegen die vokale und

konsonanten getrennt behandelt. Zuerst werden die etymologischen entsprechungen der schriftzeichen festgestellt, danach folgen die erklärungen der lautlichen und orthographischen erscheinungen, wobei der verfasser gelegenheit bekommt, auf allerlei probleme der lautlehre einzugehen; dabei hat ihm die arbeit von Dibelius über Capgrave und die englische schriftsprache, wo die wichtigsten lautlichen verhältnisse in den Paston Letters herangezogen werden, wesentliche dienste geleistet. Natürlich hat er sich viel weiter in die lautlichen probleme der Paston Letters vertieft als Dibelius, der diese briefe nur in zweiter linie berücksichtigt. Somit liefert seine arbeit einen wichtigen beitrag nicht nur zur kenntnis der geschichtlichen entwicklung des dialekts von Norfolk, sondern auch zur kenntnis der beziehungen dieses dialektes zur schriftsprache. Zu den wichtigsten ergebnissen der rein lautlichen untersuchung gehört der nachweis, dass mehrere übergänge, die man gewöhnlich in eine weit spätere zeit setzt, und die man im allgemeinen als spezifisch neuenglisch kennzeichnet, sich in den untersuchten briefen schon vollzogen haben oder aber sich vor unseren augen vollziehen. Es ist bemerkenswert, dass Caxton, mit welchem zahlreiche vergleiche gemacht werden, sich diesen übergängen gegenüber im grossen und ganzen konservativ verhält.

Sehr wichtig für die verwertung des herangezogenen materials für die lautlehre ist das ausscheiden der reinen schreibfehler und der analogischen schreibungen. In dieser hinsicht scheint mir der verfasser im allgemeinen das richtige getroffen zu haben. In einigen fällen kann ich aber seiner ansicht nicht unbedingt beipflichten; es muss aber zugleich zugegeben werden, dass die entscheidung öfter sehr schwer ist. Nur ein paar einzelheiten will ich hier berühren. Die schreibung proclaymacion (s. 19) soll den übergang a> a wiederspiegeln (vgl. s. 20); sie erklärt sich aber meines erachtens ungezwungen als beeinflusst von dem verbum proclaimen. Auf die vereinzelte schreibung thayt (ebd.) scheint mir auch nicht viel zu geben zu sein1), da hier sehr gut ein schreibfehler vorliegen kann. Auch die anderen fälle mit ai, ay, die den übergang von a> a beweisen sollen (acquitaile, myssayles) scheinen mir nicht besonders schwer ins gewicht zu fallen. Damit will ich selbstverständlich nicht behaupten, dass der betreffende

1) In dem betreffenden briefe heisst es: myne advyse is... thayt they be leyd, wo y in thayt aus dem folgenden they antizipiert sein kann.

lautübergang nicht eingetreten seis. 30. Die schreibung the für they (the broke into the toun) ist wohl auch reiner schreibfehler, obwohl dieselbe schreibung in dem betreffenden stück (nr. 239) noch einmal vorkommt (the blew up trumpettes), was Neumann übersehen hat; der schreiber, der ein gebildeter mann gewesen sein muss, kannte sonst ganz gut die orthographie dieses wortes. Zuletzt eine kleinigkeit: es ist in erwägung zu ziehen, ob nicht mate im briefe nr. 99. Neumann s. 13 (mate and drynke) sein a dem altnord. matr 'speise' verdankt.

Ed (Schweden).

Erik Björkman.

LITERATURGESCHICHTE.

R. Wülker, Geschichte der englischen literatur von den ältesten zeiten bis zur gegenwart. Zweite, neubearbeitete und vermehrte auflage. Erster band. Mit 100 abbildungen im text, 15 tafeln in farbendruck, kupferstich, holzschnitt und tonätzung und 7 faksimile-beilagen. Leipzig und Wien, Bibliograph. institut, 1906. VIII + 422 SS. Gr. 8°. Preis geb. M. 10,00.

Die wichtigste neuerung, die dieses verdienstliche werk in der vorliegenden zweiten auflage zeigt, ist die teilung in zwei bände, wie bei der Geschichte der deutschen literatur von Vogt und Koch in demselben verlage. Die teilung bedeutet vor allem eine wesentliche erweiterung, und diese soll besonders dem zweiten bande zu gute kommen, in dem in demselben die neueste englische literatur bis 1906 und die amerikanische von kundigen bearbeitern hinzugefügt werden sollen.

Wenn diese erste in deutscher sprache von einem angesehenen fachmanne verfasste gesamtdarstellung der englischen literaturgeschichte auch im laufe der zehn jahre seit ihrem erscheinen genügend bekannt und gewürdigt worden ist und einer erneuten charakteristik und empfehlung wohl nicht mehr bedarf ich verweise nur auf die von E. Kölbing in dieser zeitschrift 23, 304-311 und von Schipper, Ztschr. für die österr. gymn. 1897, p. 625-634 veröffentlichten besprechungen und obwohl erst der zweite band in grösserem masse anlass zu eingehenderer erörterung geben dürfte, so sei dennoch auch schon hier hervorgehoben, dass der verfasser nicht gerastet, sondern an der vervollkommnung seines werkes rustig weitergearbeitet hat; insonderheit hat er auch die vorschläge

Kölbing's und Schipper's in ihren genannten rezensionen berücksichtigt. Ausser zahllosen kleineren besserungen und zusätzen seien besonders die über die lateinisch-christliche literatur der angelsächsischen Wülker gebraucht auch in diesem buche den ausdruck >altenglisch« für das, was man jetzt meist >mittelenglisch << nennt und der übergangszeit, was wohl einer anregung Schipper's zu danken ist, erwähnt, während es mehr eine redaktionelle änderung bedeutet, wenn der abschnitt zu anfang der ersten auflage über die keltische literatur und Ossian in dieser zweiten auflage auf die späteren englischen bearbeitungen der Artusstoffe und auf die zeit der romantik, Macpherson usw., verschoben wird.

Eine ganz wesentliche bereicherung sind die neu hinzugekommenen literaturnachweise s. 395-414, wobei auch die angaben über deutsche übersetzungen vielen willkommen sein werden. Dass hierbei wertvolles und wertloses ohne unterscheidung nebeneinander angeführt wird, hat sein bedenkliches, denn gerade das grosse publikum darf von einem fachmann ein fachmännisches urteil darüber erwarten, welche bücher wirklich förderlich, welche schlimmer als nutzlos sind. Auch über die geschichtliche auffassung mancher bedeutsamen erscheinung wird man wohl abweichender meinung sein können, so um nur eines zu nennen, die auch in dieser zweiten auflage unverändert (mit einem unterschiede statt »>vorführte«: »entstehen liess«) wiederholte äusserung über die geschichtliche bedeutung von Spenser's Feenkönigin ». . . dass die schöpfung trotz aller vorzüge sehr bald vergessen wurde und jetzt kaum noch gelesen wird...«, da möchte man doch die frage aufwerfen, welcher englische dichter während des ganzen 17., 18., 19. jahrhunderts in England weniger vergessen gewesen als Spenser! (Vgl. ua. meinen aufsatz »Zu Spenser im wandel der zeiten « die Neueren sprachen XIII 449 ff.) »Vor der sonne Shakespeare's verblich die mondbeglänzte zaubernacht der romantik und war bald ganz vergessen« sagt Wülker zum schlusse des abschnittes. Das klingt recht poetisch, wie ja Wülker überhaupt ein poet ist, aber ist das historisch richtig, oder vielmehr besagt dies irgend etwas geschichtlich greifbares? Wie sehr die >>sonne Shakespeare's < unter ganz begreiflichen geschichtlichen entwicklungen sehr bald verdüstert wurde, obwohl sie nie ganz untergehen konnte, gerade weil die romantik nie ganz untergegangen ist, ist doch bekannt. Mit solchen schlagworten fördert man nicht, ebenso wenig wie es nützlich ist, die

oder hez, neh oder něz, slēh oder slez, die präterita flez oder fleh, drez oder dreh, lez oder leh uam.;

b) ēze, flèze, flēzan, drēzan, lēzan uam.;

c) dezan, wrēzan. Diese gutturale spirans wird freilich durch aufhellung seiner umgebung spätestens im 13. jh. auch palatal, aber von der älteren palatalen spirans streng geschieden.

Diese ursprünglich gutturalem 3 werden in reim und schreibung nordhumbrisch streng von ae. e, a, e, vor palatalem 3, me. wai, hai, dai, clai geschieden, und zwar in den ältesten texten als ei, ey, lautwert či oder ěj, woraus später (vom Psalter an) -egh, noch später -e(e) wird, wobei gh die stimmlose spirans bedeutete, die später ganz abfiel; neben diesem egh aber findet sich fast durchwegs i(e), y(e), seltener -igh, lautwert bzw. stimmloser spirans.

Diese doppelung -egh gegenüber -(e) erscheint nun als entsprechung der stellung der spirans im auslaute gegenüber der im inlaute, und zwar kommen für den auslaut nicht nur die formen der gruppe a), sondern auch die der übrigen in betracht, sobald das end-e verstummt war. Bei verben wie ae. flēzan, drēzan etc. bietet dies ja keine schwierigkeit, 1. singular präsens und infinitiv ergaben nach dem verstummen des end-e flez, drēz. Bei ae. nizon hingegen, bei dem das 3 stets inlautend stehen sollte, fällt die schwierigkeit vor der tatsache, dass wir hier wie bei den andern zahlwörtern (vgl. ne. seven, five, twelve) auch mit flektierten formen, also niz(e)ne, sev(e)ne etc. zu rechnen haben; tritt aber synkope des mittelvokals ein, so tritt die spirans in nigne in den silbenauslaut und wird als solche, wie Luick weiter zeigt, stimmlos. Also die ursprünglich gutturale, später palatale spirans wird stimmlos im wort wie silben auslaut, daher -ig, später egh, hingegen im anlaut der nachtonigen silbe zu į vokalisiert, und è + į, später, daher -y(e). Wenn die älteren handschriften diese doppelung noch nicht erkennen lassen, sondern meist noch ei, ey schreiben, so ist dies eben ältere schreibertradition. Die weiterentwicklung des -egh zu e durch schwund des gh ist ungefähr in die erste hälfte des 14. jh. zu setzen. Gelegentliche -igh-schreibung hält Luick für eine mischform aus -egh und -ye; dagegen hält er die existenz einer dritten form neben -egh, ye, nämlich ei, für möglich (s. 160).

ae. nizone, me. niz(e)ne ergibt demnach, je nachdem synkope des mittelvokals eingetreten ist oder nicht nigne > nigne > niyn

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