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BEITRÄGE ZUR ALTENGLISCHEN

WORTKUNDE.

1. Ae. [fealh], dat. fala, fealo tubulus, röhre'. Dieses wort ist aus folgenden glossenstellen zu entnehmen: tubolo fala Corp.-Gl. T 321 ed. Hessels; tubolo fala Leid. Gl. XLVII 41 ed. Hessels (s. 48 b 8); tubulo fealo Wright-Wülcker I 279 10; tabulo fala Erf. Gl. im Corp. Gloss. Lat. V 396 40; endlich tabula fala Epin. Gl. 27 A II der photolith. ausg. 1883.

ΙΟ

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In keinem neueren altenglischen wörterbuche ist dies fala, fealo zu finden. Sweet hat es in der ausgabe der Epin., Erf. und Corp.-Glossen in seinen Oldest Engl. Texts einfach weggelassen, wohl weil er es für unenglisch hielt. Kluge (Angelsächs. leseb., 3. aufl., s. 7 29, unter den Epin. Gl.) erkennt fala als altenglisch an und ändert das lemma tabula in tubulo, leider ohne seine gründe irgendwie anzudeuten.

Schlutter (Journ. of Engl. and Germ. Phil. V 141 f.; vgl. Journ. of Germ. Phil. I 314) bespricht eingehend die betreffenden glossen. Er gibt zu, dass die überlieferung entschieden zugunsten der lesung tubulo des lemmas zeugt1); weil er aber dann mit dem interpretamente fala, fealo nichts anzufangen weiss, greift er zu der annahme einer verwickelten korruptel: die grundlage sämtlicher glossen sei *stabulo falaed, vgl. Epin. Erf. stabulum falaed und Erf. bobellum fala ed (ae. falod, fald, ne. fold 'bovile'). Diese gewiss scharfsinnige rekonstruktion hängt aber von gar zu vielen unsicheren

1) So liest auch Glogger (wie Hessels an der unten zitierten stelle angibt); seine schrift ist mir nicht zugänglich.

J. Hoops, Englische Studien. 38. 3.

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voraussetzungen ab; besonders stark tut sie der überlieferung des lemmas gewalt an.

Hessels in seiner ausgabe der Leid. Gl., s. 208 b, 226 b (anders in seiner ausgabe der Corp.-Gl., Preface, p. XLIII), nimmt Schlutter's hauptgedanken auf, sucht aber dieselben in formaler hinsicht durch ein gelinderes verfahren der überlieferung gegenüber annehmbarer zu machen: die ursprüngliche form des lemmas sei tabula 'a plank', die des interpretamentes fala, das s. v. a. 'a plank' hiesse und als grundwort der ableitung falod a fold, a sheep-pen', eig. 'a thing made of wooden bars' aufzufassen wäre. Aber auch so bleiben verschiedene bedenken bestehen. Die lesung tabula ist schlecht bewährt; an eine entstellung dieses geläufigen wortes in das den abschreibern wenig geläufige tubulo (tubolo, tabulo) fällt es schwer zu glauben; usw.

In der tat spricht die handschriftliche überlieferung entschieden für die grössere wahrscheinlichkeit der dreifach bezeugten lesung tubulo, tubolo; durch gedankenlose verwechselung mit dem weit geläufigeren worte tabula erklären sich die schreibungen tabulo Erf. und tabula Epin. ohne schwierigkeit. Mit Kluge, Glogger und früher Hessels lese ich also tubulo.

Die intaktheit des interpretamentes fala 4mal, fealo I mal ist nicht anzuzweifeln. Dem dative tubulo entsprechend, sind fala, fealo als dativformen eines u-stammes, mit dem bekannten wechsel von -a, -o der endung des u-stammdatives, zu verstehen. Ich lasse auch die schreibung ea in fealo WrightWülcker I 279 10 als richtig gelten, woraus selbstverständlich der schwund eines h nach zu folgern ist; die form fala der vier alten glossensammlungen stände demnach für *falha, mit regelmässig ungebrochenem a vor gedecktem im Anglischen.

Als regelmässigen nominativ zu diesem dative setze ich also angl. *falh, ws., kent. *fealh aus urgerm. *falhu- an. Die bedeutung ist 'tubulus, röhre'. Dann ergibt sich verwandtschaft mit einem nordischen worte:

awnord. falr m. tubulus hastilis, cui spiculum inseritur 1), der hohle, röhrenförmige teil eines speereisens, pfeiles, spatens, einer hacke usw., in welchen das ende des schaftes gesteckt

1) Egilsson's (Lex. poet.) übersetzung des wortes.

und durch einen querdurchgehenden nagel befestigt wird' (vgl. spióts-falr, qr-falr); nnorw. fal m. (fale m.) 'ds.'; aschwed. spiùt(s)-fal 'schaftröhre des spiessblattes', nschwed. (Gotland) fal 'der (hohle, cylinderförmige) griff des bratrostes usw.'

Nord. fal- steht anerkanntermassen für falho, s. Egilsson (Lex. poet., p. 153b), Tamm (Arkiv f. nord. fil. II 348), Noreen (Altisl. Gr.3, § 119, 2) ua. Es gehört zu awnord. fela (part. folginn) 'bergen, verbergen; einem etwas übergeben', ae. feolan, prät. fealh to enter', inne feolan 'to get in, penetrate', got. filhan verbergen; begraben' usw. Wichtige konkrete gebrauchsweisen weist das entsprechende verbum in schwedischen dialekten auf: fjäla (korv) (wurst) stopfen' (vgl. fjäl-ster aus *felh-stra- wursthaut'), fjäla på sig 'sich tüchtig viel ankleiden, einhüllen'.

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Die bedeutung 'röhre, tubulus' der in rede stehenden nordischen und altenglischen wörter beruht auf spezialisierung einer älteren bedeutung 'hohler raum oder gegenstand, worin etwas steckt, gesteckt wird'. Der genaue konkrete gebrauch des betreffenden altenglischen wortes bleibt ja vorläufig dunkel; eine vielleicht zutreffende vermutung deutet Schlutter aao. (p. 141, inf. pag.) an.

Awnord. falr (gen. sg. fals, a. pl. fali) flektiert zunächst nach der i-deklination; diese kann aber, wie zahlreiche fälle lehren, für ursprüngliche u-flexion (n. sg. *folr usw.) eingetreten sein; man vgl. zb. malr 'tasche, sack', or-malr köcher' neben ohne zweifel älterem grva-molr aus *malhu-1). Nichts steht also der annahme im wege, dass ae. [fealh], dat. fealo, fala und awn. falr auch der stammform nach identisch sind und auf eine gemeinschaftliche grundlage *falhu- m. zurückgehen.

Nachtrag (korrekturnote). Wie ich aus der mir jetzt zugänglich gewordenen abhandlung von P. P. Glogger, Das Leidener glossar Cod. Voss. lat. 4o, 69, 2. teil (dissert. Augsburg 1903), s. 81 ersehe, äussert er sich über die herkunft des wortes fala folgendermassen: »Darf man, wenn fala überhaupt ae[nglisch] ist, das bei Kaper aufgeführte 'Fal-röhre, worin der schaft steckt damit vergleichen >«< Mit dieser, von Hessels stillschweigend übergangenen, zweifelnden vermutung ist Glogger meiner meinung nach tatsächlich auf richtiger fährte gewesen, wie die obigen erörterungen dartun dürften.

1) S. über die formen dieses wortes Gering bei Boer, Qrvar-Odds Saga (Halle 1892), s. 124.

2. Ae. brogn- 'frondes, virgultum'.

Ae. nordh. brozn-ena gen. pl., gl. ‘frondium' Rit. von Durham 95, 5, zi-brozne gl. virgultum' ib. 19, 17, - die einzigen belege1).

Das wort gehört zu nschw. dial. (Upland) broŋŋä ‘baumzweig; stengel am klee' usw. 2) und nnorw. brogn (braagn) m. 'himbeerenstrauch' 3).

Germ. *bruz-n° könnte mit cymr. brwyn, corn. brunnen, bronnen, bret. broenn, brouann 'binsen', aus kelt. *bruk-sno, verwandt sein (des näheren über das keltische wort Thurneysen, Keltoromanisches, s. 51). 4)

3. Ae. word 'rubus'.

In der Lindisfarne-handschrift der nordhumbrischen interlinearversion der Evangelien wird lat. rubo Lukas VI 44 (“neque enim de spinis colligunt ficus neque de rubo uindemiant uuam") durch ein rätselhaftes word glossiert 5).

Cook (A Glossary of the Old Northumbr. Gosp. 213) führt dies word ohne weiteres unter word ‘verbum' auf. Nach Schlutter, Anglia XXX 250 wäre word 'rubo' vielleicht mit dem von ihm hervorgezogenen weard 'sandix' (Waid, Isatis tinctoria) Epin., Erf., Corp.-Gl. (vgl. got.-lat, uisdilem 'waid') zusammenzuhalten; der glossator könnte an rubeum

vgl. das

1) Jordan in Hoops, Angl. Forsch. XVII 83, stellt es fragend zu ae. brezdan. [Einen weiteren beleg findet jetzt Schlutter (Anglia XXX 246 f.) in der Glosse uilibine brogene Steinm.-Sievers, Ahd. Gl. II 1232 verderbte drogone 'vibine (= vimine)' ibid. II 133 - worin er eine altenglische Aldhelmglosse erblickt. Er verbindet das wort, wenig einleuchtend, mit mhd. brogen sich erheben; grosstun, prunken' und weiterhin mit mhd. brangen, prangen 'prahlen', ne. brag ‘prahlen'.]

2) Belegt von Tiselius in Svenska Landsmålen XVIII, 5, s. 68. Das nn kann älteres zn vertreten, vgl. iuŋŋä ‘blitzen' (aschw. liūghn-elder), ibid. s. 115.

3) Im dialekt von Søndmøre, Aasen, Norsk Ordbog 80 unter Bring. 4) Ein anklingendes wort ist lit. brùkně, bruknys (Nesselm., Kursch.), bruknis (Juškev.) 'rote heidelbeere, preisselbeere', lett. brūklene 'ds'. Die form ist aber nicht ganz klar und fremden ursprungs verdächtig (? vgl. nhd. bruchbeere 'preisselbeere' bei Holl, Wörterbuch deutscher pflanzennamen).

5) Skeat, The Gospel accord. to S. Luke in Anglo-Saxon etc. (Cambridge 1874), p. 71 10.

'röte' gedacht haben. Seine vermutung ist jedenfalls beachtenswert. Aber word müsste solchenfalls für weard verschrieben sein. Ausserdem ist es nicht leicht verständlich, dass es im gegebenen zusammenhange dem glossator nicht unmittelbar einleuchtete, dass rubus irgendeine stachelichte staude mit geringwertigen früchten (dornbusch, brombeerstaude oder dgl.) bezeichnen musste; auch geben an eben dieser stelle andere altenglische bibeltexte rubo mit gorste ('stechginster, Ulex') wieder 1).

Ich möchte es als eine wenigstens erwägenswerte möglichkeit hinstellen, dass mit rubo word der stachelbeerstrauch, Ribes grossularia, gemeint sein könnte. Dieser strauch war im alten England als wildwachsend heimisch, ist uns freilich sonst unter dem namen pefanporn, pifeporn (auch ramnus, sentix ursina glossierend) bekannt, s. Hoops, Waldbäume und kulturpflanzen, 256, 613.

Ae. word bekommt vielleicht so einen anhalt in nnorw. ōr, ōl mask. ‘Ribes, johannesbeerstrauch', or-bær ‘johannisbeere', nschwed. Dalarne o-bär Ribes rubrum' (wohl aus *or-bär dissimiliert) 2). Gewiss mit recht führt Aasen norw. ōr, ōl auf älteres *ord zurück; als altnordische form wäre dann *orðr M. anzusetzen, das zusammen mit ae. word auf der grundform worda- beruhen kann. Die vorgeschichte des nordischen wortes ist, so viel ich weiss, bis jetzt unermittelt. Die eventuelle bestätigung der obigen kombination muss wei teren funden vorbehalten bleiben.

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1) Skeat aao. p. 70 13. Die Lindisfarne-hs. übersetzt rubum Luk. XX 37 mit heape 'hagebutte, Rosa canina' (die Rushw.-hs. heope; in hss. einer anderen version beig-beam), aber Mark. X 46 schlechthin mit tree (ebenso die Rushw.-hs.; die andere version gorst-beam). Vgl. rubum lignum spinosum Corp.-Gl. R 255; adilicem [ilex]. genus rubi ib. A 184 (adilicem. genus rubri Leid. Gl. XXXV 90; rubus. heopbrymel Wr.-Wülck. I 13837; rubus. pyr[ne] ib. 269 37.

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2) S. Aasen, Ordbog 556, Ross, Ordbog 562, Rietz, Sv. Dial.-lex. 480a, Jenssen Tusch, Nord. Plantenavne 200. Der name erscheint auch in volksetymologisch umgebildeten formen: nnorw. ul(v)-, ulve-bær, vgl. ulv 'wolf'. Ndän. (Jütland) øl-bær ist mir dunkel. Bei Jenssen-Tusch (nach Kröningsswärd) wird auch ein schwed. öl-bär ‘ribes' aus Dalarne (Lima) angeführt; aber nach Rietz 853 a bezeichnet öl bär (Hälsingland), ö-bär (Bohusl.) vielmehr 'rauschbeere, Vaccinium uliginosum'. Beide angaben sind vielleicht in ordnung; wie wenig stabil die bedeutungen der pflanzennamen sind, ist genugsam bekannt.

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