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offen als möglich gebrandmarkt, die deutsche Bescheidenheit aber von dem Antheile deutschen Bluts an der Befreiung Amerikas so wenig als möglich gesprochen. Der Fremde und der englische Amerikaner vor allen Andern hat Chor zu jenem Berdammungsurtheil gemacht, und auch mitgeschwiegen, wo es galt, die deutsche Hülfe für die amerikanische Freiheit zu übersehen. Die pennsylvanischen und neuyorker Bauern, die in großer Mehrzahl Deutsche waren, hatten schon oft, bevor der Unabhängigkeitskrieg ausbrach, an den Banden gerüttelt, die Amerika an England fesselten. Sie waren zuerst bereit, mit der Büchse ihr Recht zu vertheidigen: sie wurden die tapfer. ften und ausdauerndsten Soldaten Washington's. Eine deutsche Bauerngemeinde war die erste, die, mit dem Beispiele vorangehend, eine förmliche Unabhängigkeitserklärung beantragte; die englischen Amerikaner waren die Aristokratie des Landes, die deutschen die Bauerndemokratie; die englische Aristokratie wußte meist alle höhern Stellen im Heere für sich selbst in Anspruch zu nehmen; das deutsche Bauernpflichtgefühl hatte keinen höhern Ehrgeiz als tapfer für die Freiheit des Landes zu kämpfen und, wenn es sein mußte, freudig dafür zu sterben. Dennoch gehören nicht wenige der Offiziere den Deutschen an, und Washington selbst hat einem der einflußreichsten sei. ner Lieutenants", dem General Steuben, das schönste Denkmal geseht in der Art, wie er seine Verdienste öffentlich anerkannte.

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Der nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg unterbrach die Einwanderung der Deutschen in Massen. Fast unmittelbar nach der Beendigung dieses Kriegs begann infolge der Französischen Revolution der große Continentalkrieg, womit dann bis 1815 die deutsche Auswanderung mehr und mehr stockte. Während dieser Zeit verlor das deutsche Element in Amerika beständig an Bedeutung, nahm das englische immer mehr zu. In Philadelphia selbst konnten die Deutschen und die deutsche Sprache, anfangs nicht ohne heftigen Widerstand und zeitweisen Sieg über ihre Geg. ner, nach und nach immer mehr zurückgedrängt werden. Dieser Zustand dauerte auch noch viele Jahre nach dem Kriege fort, sodaß noch nach 1830 die deutsche Sprache aus den Bauernschulen auf dem Lande in Pennsylvanien beseitigt werden konnte, obgleich nach 1815 in dem Repräsentantenhause zu Philadelphia darüber verhandelt werden mußte, ob nicht überhaupt das Deutsche zur Gesezes. und Gerichtssprache erhoben werden solle.

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Nach dem Frieden von 1815 gab das Hungerjahr 1817 der deutschen Einwanderung einen neuen Anstoß. Man schlägt die Summe der deutschen Einwanderer in Amerika aus den beiden Jahren 1817 und 1818 auf 120000 Menschen an. Im Jahre 1819 sank die Zahl der deutschen Einwanderer in Amerika wieder auf etwa 20000 Menschen, von 1820-25 auf 6000, und von 1826-30 auf 3000 Menschen hinab. Mit den Einflüssen der Julirevolution nahm dann die Auswanderung aus Deutschland und die Einwanderung in Amerika wieder bedeutend zu; die Auswanderung stieg 1831 wieder auf 8600, 1833 auf 20000, 1834 auf 31000, 1836 auf 34000 Köpfe. Von da an wanderten in den Jahren 1837: 33000, 1838: 20000, 1839: 28000, 1840: 28000, 1841: 20000, 1842: 28000, 1843: 24000, 1844: 46000, 1845: 74000, 1846: 96000, 1847: 117000, 1848: 95000 Menschen aus Deutschland aus, von denen die große Mehrzahl nach Amerika ging, und zwar nach Löher 1844: 43050, 1845: 67384, 1846: 88036; nach Wappaus aber 1845-46: 59286, 1846-47: 74281, 1847-48: 58469. Auch diese Zahlen sind, wie schon aus einer Zusammenstellung derselben klar wird, nichts weniger als authentisch, da von Regierungswegen keine Listen angefertigt wor den, ja nicht einmal angefertigt hätten werden können, weil ein Theil der Auswanderung sich absichtlich der Aufsicht entzieht. Wie dem aber auch sei, so nahm nach 1849 die deutsche Auswanderung und zugleich die Einwanderung in Amerika einen noch größern Maßstab an, und die deutsche Einwanderung soll endlich im Jahre 1854, nach dem schon erwähnten amtlichen Berichte auf 206600, nach Andern je doch auf die runde Summe von 300000 Köpfen gestiegen sein. Die große Mehrzahl der deutschen Einwanderer in den nordamerikanischen Freistaaten wandte sich nach

den westlichen Staaten. Anfangs vorzugsweise nach den Staaten des Missouri und Mississippi, dann nach Illinois und Ohio, später mehr nach Arkansas und Michigan, hierauf nach Texas und Jowa, und in neuester Zeit vorzugsweise nach Wisconsin und auch, wol nur vorübergehend, nach Californien.

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Wie in den Zeiten vor dem Unabhängigkeitskriege wurden die Deutschen seit 1815 wieder in einem sehr großen Umfange die friedlichen Eroberer des Westens und halfen das Land hier durch großen Fleiß und Ausdauer dem wilden Zustande abringen und der Cultur gewinnen. In einzelnen Staaten und an einzelnen Orten bildeten sie nach und nach wieder, wie einst in Pennsylvanien und Neuyork, einen sehr bedeutenden Theil der ganzen Einwohnerschaft. In und um Cincinnati, der Hauptstadt des Ohiostaates, machten sie fast die Hälfte der Bewohner aus, und kaum ein Bezirk und eine Stadt des Ohiostaates blieb ohne einen mehr oder minder großen Stamm deurscher Einwanderer. Im Missouristaate wurde St. Louis zu einem Hauptsammelplage der Deutschen, dessen nördliche Vorstadt,, Neubremen" fast ausschließlich deutsch ist, ebenso die Stadt Hermann und zum Theil auch St. Charles. Im Staate Michigan ift ein Biertheil der Bevölkerung Deutsche, und in der Stadt Detroit waren schon vor mehren Jahren gegen 6000 deutsche Einwohner; in Jowa bilden die Deutschen zwei Fünftel der Bewohner; fast ganz deutsch sind hier die Ortschaften: Gutenberg, Kufuk, Farmington, Madison in Lee, Westpoint u. f. w. In Wisconsin sind ein Fünftel der Einwohner Deutsche. In einer Gesammtübersicht soll sich (nach Löher) die Zahl der Deutschen in allen Staaten von Nordamerika gegen das Jahr 1848 folgendermaßen herausstellen: In den Neuenglandstaaten auf 10000, Neuyork 700000, Neujersey 105000, Pennsylvanien 800000, Delaware 22000, Maryland 125000, District Columbia 3125, Virginien 250000, Nordcarolina 60000, Südcarolina 20588, Georgien 10000, Alabama 10000, Mississippi 10000, Florida 5000, Louisiana 42858, Arkansas 10000, Tennessee 41176, Kentucky 63636, Ohio 800000, Indiana 300000, Illinois 175000, Missouri 90000, Michigan 75000, Wisconsin 100000, Jowa 50000, Dregon und westliche Ansiedelungen 1000, Texas 30000; zusammen 3,909883.

Die Zahl allein, wenn sie auch, was wahrscheinlich, um einige Hunderttausend bestritten werden könnte, zeigt schon, welche Bedeutung die Deutschen in Nordamerika haben. Mit der vermehrten Einwanderung seit 1830, besonders aber mit dem politischen Element, das sich seit 1832 der allgemeinen Auswanderung anschloß, fam ́auch neues Leben unter die Deutschen in Amerika. Sehr viele unter den Auswan derern hatten das Vaterland verlassen, weil sie sich dort in politischen Verhältnissen fühlten, die ihren Begriffen von Menschenwürde widersprachen. Sie kamen in Amerika gewissermaßen aus dem Regen in die Traufe. Die Gefeße des Landes gaben ihnen zwar alle möglichen Freiheiten; aber das verhinderte nicht, daß der allererbärmlichste englisch amerikanische Kerl sich hoch über dem tüchtigsten Deutschen stehend dachte. Der Deutsche ist dem Amerikaner unbehaglich und zuwider; er ist ihm zu ruhig, zu gebildet, zu arbeitstille; der Amerikaner haßt seine Vorzüge und thut so, als ob er sie verachte. Überall, wo es möglich ist, werden die deutschen Einwan derer noch schlechter als die Irländer behandelt. Die politischen Auswanderer Deutschlands wurden denen anderer Länder hintangestellt. Die polnischen Flüchtlinge erhielten freies Congreßland, den Deutschen wurde solches, als sie darum einkamen, verweigert. Das Alles verleşte, die gebildeten Deutschen, ganz besonders aber diejenigen, die aus politischen Gründen Deutschland verlassen hatten. Von ihnen ging dann eine Bewegung aus, die zwar vorerst keine größern thatsächlichen Erfolge haben follte, aber die Richtung zeigte, in der sich der öffentliche Geist unter den Deutschen in Amerika bethätigte und einst noch mehr bethätigen wird. Von neuem kamen die pennsylvanischen Bauern, die von den neueinwandernden Deutschen wieder angeregt wurden, darauf zurück, daß die Gesezes und Gerichtssprache deutsch sein müsse. Die gebildeten Deutschen wollten höher hinaus als die Bauern. In verschiedenen Verfammlungen, die zu Carlisle (1835) und zu Pittsburg (1837 und 1838) stattfan

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den, besprachen Deutsche aus allen Theilen der Vereinigten Staaten den Plan zur Gründung eines eigenen deutschen Staates in der Republik der Vereinsstaaten. Man hätte sicher besser gethan, vorerst den Bauern in Pennsylvanien zu helfen, das nähergesteckte Ziel zu erreichen; aber wenn der Plan eines deutschen Staats in Nordamerika auch,,verfrüht" war, wenn er auch an der Zerrissenheit der Interessen der Deutschen in Amerika scheiterte, so wurde doch mit diesen ersten Gedanken und Versuchen die Einleitung zur Verwirklichung einer Idee festgestellt, die gewiß nicht für immer beseitigt ist. Mit dem höhern Schwunge, den die öffentliche Meinung in Deutschland selbst in den vierziger Jahren nahm, mit dem größern Selbstbewußt sein des deutschen Volks, in dem sich die Ereignisse von 1848 vorbereiteten, nahm auch die Bedeutung und das Selbstbewußtsein des deutschen Elements in Ame rika zu. Der Gedanke, diesem Elemente eine feste, mit dem Mutterlande mehr oder weniger in Verbindung stehende Organisation zu geben, keimte in vielen Köpfen, als endlich die Bewegung von 1848 in Deutschland ausbrach, die das deutsche Volt rasch auf den höchsten Punkt seiner schönsten Hoffnungen hinaufzuschnellen schien, aber es dann ebenso rasch wieder von demselben herabschleuderte. Mit dem Mislingen des Einheitsversuchs in Frankfurt fielen auch alle die schönen Hoffnungen der Deutschen in Amerika in sich zusammen. Es wurde auf diese Weise klar, was in der Natur der Dinge liegt, daß die deutsche Einwanderung in Amerika nur vom Mutterlande aus die Bedeutung erlangen wird, die ihr gebührt; daß, solange Deutschland politisch daniederliegt, auch die Deutschen_in Amerika nicht zu der aufrechten Stellung kommen werden, die sie sonst ihrer Zahl, ihrer Arbeitskraft, ihrem Capital und ihren Talenten nach neben und über allen andern Elementen in Amerika in Anspruch nehmen dürften. Erst ein mächtiges und geachtetes Deutschland in Europa wird auch dem deutschen Elemente in Amerika die Bedeutung und die Achtung bringen, die ihm gebührt. Bis dahin wird das deutsche Element damit zufrieden sein müssen, wenn es ihm gelingt, in einer Präsidentenwahl den Ausschlag für diese oder jene Partei zu geben, wie dies bei der Wahl Polk's der Fall war, und so oft der Fall sein wird, als die Deutschen in Amerika merken, daß sie sich regen müssen, wenn sie nicht zertreten sein wollen.

In neuester Zeit ist von vielen Seiten der Auswanderung nach den Vereinsstaaten von Nordamerika entgegengewirkt worden. Englands Bestrebungen für seine eigenen Colonien und das australische Gold zogen viele Deutsche nach den Südseeinseln. Nach Brasilien, nach Algier lockten die anziehendsten Versprechungen der bei der Colonisation dieser Länder betheiligten Regierungen und Privatleute. Die Feinde der nordamerikanischen Republik und der Republik überhaupt waren mit thätig, den deutschen Auswanderungsstrom von Amerika ab und anderswohin zu lenken. Aber es gelang dies nur theilweise und in der Regel zum Nachtheile Derienigen, die sich von dem großen Wege nach Amerika abwenden ließen. Noch immer und wahrscheinlich auch solange noch, bis in Deutschland Zustände eingetreten sind, welche die Auswanderung nach den Östgrenzen Deutschlands im Allgemeinen wieder in Schwung zu bringen geeignet sind, bietet Nordamerika das sicherste und beste Feld zur Auswanderung im Allgemeinen und für die Deutschen insbesondere dar. In den nordwestlichen jungen Staaten sind die Verhältnisse nach wie vor derart, daß ein tüchtiger deutscher Bauer oder Jemand, der Muth, Kraft und Ausdauer genug hat, um hier Bauer zu werden, mit etwas Capital *) in ganz kurzer Zeit die Grundlage zu einem Generationen hindurch sich mehrenden Wohlstande legen kann; während die östlichen Staaten in der Regel jedem rüstigen Arbeiter, der ohne Ca pital anlangt, die Mittel bieten, in einigen Jahren so viel zu gewinnen, als nöthig ist, um später selbständig aufzutreten und Eigenthümer zu werden. **)

*) 400 — 700 Dollars genügen zur überfahrt, zum Ankauf und zur ersten Einrichtung einer Bauernfamilie in Wisconsin.

**) Die wirthschaftliche Krisis, welche sich in dem überdies durch strenge Kälte ausgezeich neten Winter von 1854-55 auch in den Vereinigten Staaten geltend machte, brachte freilich

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Wisconsin wird nach den Berichten von Reisenden, die sonst der verschiedensten Ansichten sind, einstimmig als der günstigste Boden zur Auswanderung, insbeson dere für deutsche Ackerbauer angegeben. Die Lage des Landes gewährt diesem nordwestlichen Staate der Union (42° 49° 2′ nördlicher Breite, 16° 18° 8' westlicher Länge) ein gemäßigtes, beständiges und fast dem deutschen ähnliches Klima: helle, reine, gesunde Luft, lange, strenge Winter, kurzes, schönes Frühjahr, heißer Sommer und prachtvoller Herbst. Das Land ist von fischreichen Seen durchzogen, die demselben oft ein sehr malerisches Ansehen geben. Der Grund und Boden ist noch wohlfeil, Congreßland noch immer in großer Menge zu dem Normalpreise von 1 Dollar pro Acre zu haben. Der junge Staat hat die ausgesprochenste demokra tische Verfassung in ganz Nordamerika. Alles ist im raschen Aufsteigen begriffen. Im Jahre 1835 war Milwaukee, die Hauptstadt von Wisconsin, noch ein Dorf von einigen Farmen; 1836 zählte es schon 1200, 1843: 7000, 1848: 12000, 1852 bereits über 26000 Einwohner. Milwaukee wurde von Deutschen angelegt, und hier wie überall in dem jungen Staate bilden die Deutschen einen sehr bedeu tenden Theil (im Jahre 1852 über 10000 Seelen) der Einwohner. In Milwaukee find deutsche Sprache, deutsche Sitten und Gebräuche vorherrschend, ein deutsches Cafino, ein deutscher Singverein, deutsche Schulen, Zeitungen, Druckereien und Fabriten befunden die Bedeutung des deutschen Elements.

Wenn in die Auswanderung, die freilich so ganz von dem persönlichen Interesse und Bedürfnisse, der Noth und der Laune des Einzelnen beherrscht wird, System gebracht werden könnte, so würde es sicher für die Zukunft der deutschen Auswanderer von dem größten Vortheile, für Deutschland selbst von der höchsten Bedeutung sein, die ganze deutsche Auswanderung nach einem und demselben Staate in Nordamerika hinzulenken. Es würden kaum einige Jahre vergehen, und dieser Staat würde für immer ein deutscher sein. Es wäre sicher nicht so schwer, als es das Ansehen hat, dies Ziel rasch zu erreichen, wenn auch nur ein einziger deutscher Staat dasselbe mit den verhältnismäßigen Opfern verfolgte. Der Weg, der zu demselben führt, würde der Ankauf von Congreßland im Großen und der Verkauf desselben in Bruchtheilen an deutsche Auswanderer sein; Vortheile und Begünstigungen, die dem Sonderauswanderer nirgends sonst in ähnlichem Umfange geboten werden könnten, würden ein übriges thun. Ein Vorbild im Kleinen könnte hier das Benehmen eines einzelnen Schweizercantons bieten. In Glarus haben sich 1844 zehn Ge meinden verbunden, in der Absicht, die Auswanderung und Ansiedelung ihrer Armen zu fördern. Nachdem sie eine Commission zur Besichtigung und Auswahl eines passenden Stück Landes nach Amerika geschickt, kauften sie in Wisconsin 1200 Acres

die ungeheure Masse der mittellosen Einwanderer, welche zuvörderst die großen Städte und Industrieetablissements aufzusuchen pflegen, um ein Unterkommen zu finden, in die größte Roth. Namentlich wurde die Stadt Neuyork, dieser Hauptlandungsplay, von den hülflosen Scharen, zumeist Deutschen, ungemein belästigt. Viele Tausende suchten Zuflucht in den Hospitälern und Armenhäusern der Stadt; Andere traten fogar, wenn es irgend die Mittel geftatteten, den Rückweg in die Heimat an. Natürlich benuste die Partei der Know-Nothings Biese Zustände, um gegen die Einwanderung überhaupt zu agitiren. Man behauptet, Deutschland schicke nur sein Elend über das Meer und werde so die amerikanische Gesellschaft zugrunde richten. Hierbei übersicht man oder will man übersehen, wie groß der Gewinn ist, welchen die Culturentwickelung Nordamerikas in ruhigen und geregelten Zeitläufen noch lange aus dem Buftrömen der bloken Arbeitskräfte ziehen muß; dann aber auch, welche unermeßliche Capitals fräfte der Union durch die Auswanderung im Ganzen, auch aus Deutschland, zufließen. Man hat neuerdings in Deutschland berechnet, daß durchschnittlich jeder Auswanderer ein Capital von 200 Thalern mit an den Ort seiner Bestimmung nimmt. Infolge des Elends, das die mittellose Einwanderung im Jahre 1854 in den großen Städten der Union heimgesucht, ist der Strom der Einwanderer zwar gemindert, doch nicht unterbrochen worden. Die Agentur der Deutschen Gesellschaft zu Neuyork veröffentlichte im Februar 1855 einen Bericht, wonach dajelbst im Monat Januar desselben Jahres 7485 Personen einwanderten, darunter 3411 Deutsche, 2195 Irländer, 926 Engländer, 499 Franzosen u. s. m. Im Januar 1854 da gegen wanderten zu Neuyork allein 8275 Deutsche ein.

D. Red.

Land. Jede Auswanderungsfamilie erhielt 20 Acres zu 3 Gulden pro Acre, wenn fie fich verpflichtete, drei Jahre auf denselben bleiben und den Kaufpreis in zehn Jahren zahlen zu wollen. Die Überfahrtskosten hatten die Auswanderer selbst zu bestreiten, was natürlich für andere Staaten oder Gemeinden, die den gleichen Weg wie Glarus einschlagen wollen, nicht maßgebend zu sein braucht. Schon 1850 foderte Neuglarus, das auf diese Weise entstanden war, von dem Mutterlande einen Pfarrer. Die Colonie blüht, macht Fortschritte und sieht einer gesicherten Zukunft entgegen, während die Muttergemeinden in der Schweiz vor wie nach arme Leute nach Neuglarus fördern und mit der Colonie im freundlichen Verkehr bleiben.

Jeder, auch der kleinste deutsche Staat, könnte diesen Weg ebenso gut gehen. Wenn Baden, Würtemberg, Heffen, Preußen dem Beispiele, das Glarus gegeben, folgen wollten, so würde sich der schöne Traum eines deutschen Staats in Nordamerika sicher, rasch und selbst ohne große Geldopfer verwirklichen lassen. Es ist das ein einfacher, naturgemäßer, kurzer und wol auch der einzige Weg, der zu dem Ziele führen kann, den Deutschen in Amerika zu der Stellung zu verhelfen, die ihnen gebührt.

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Die europäische Einwanderung in Australien und Neuseeland.

Nach Nordamerika übt Australien die größte Anziehungskraft für die europäische und auch die deutsche Auswanderung_aus. *) Australien, gerade in der Zeit entdeckt, als Amerika nicht länger zuließ, daß England seine Gefängnisse dorthin ausleerte, wurde von der englischen Regierung dazu ausersehen, in dieser Beziehung an die Stelle Amerikas zu treten. Während 18 Jahren (von 1788-1806) waren es nur Verbrecher und die sie bewachenden Offiziere, Beamten und Soldaten, die nach Australien übersiedelt wurden. Erst unter dem Gouverneur Bligh (1806-9) kamen auch freie Colonisten nach Australien, und zwischen diesen und den Sträflingen bildete sich dann ein ähnliches Verhältniß wie zwischen Herren und Sklaven. Die Regierung trat ihre Sträflinge auf die Dauer ihrer Strafzeit gegen ein Billiges an die Colonisten ab, und diese erhielten unbedingtes Recht, diesen Knecht wie ihren Sklaven, wie ihr Vieh zu behandeln und auszubeuten. In dieser schroffen Weise aber konnte der europäischen Auffassung der Mutterregierung und vieler der Einwanderer selbst gegenüber das Verhältniß zwischen den Colonisten und den Sträflingen nicht lange bestehen; und schon unter Bligh's Nachfolger, dem Gouverneur Maquaire (1809-21) wurde die,,Emancipation" der Sträflinge eingeführt, inden alle Bessern unter ihnen, bald und leicht aus der Liste der Sträflinge gestrichen, der Freiheit zurückgegeben wurden, und überdies jeder von ihnen 30 Acres Land zur Bes bauung erhielt. Es blieb aber immer noch die Mehrzahl der Sträflinge in selavischen Diensten bei den freien Colonisten. In den dreißiger Jahren unter Gouver neur Burke wurde auch ein Disciplinarverfahren festgestellt, das der Willkür der Herren gegen ihre Sträflingsklaven eine Grenze feßte, indem man den Beamten das Recht nahm, den Sträflingen mehr als 50 Prügel zutheilen zu lassen. chen Colonisten wurden hierdurch aber so gegen Burke entrüftet, daß sie Alles aufboten, um ihm sein Amt zu verleiden; sie zwangen ihn endlich seiner Stellung zu entsagen.

Nach einem allgemeinen überschlage wurden von 1793-1838 etwa 74000 Verbrecher nach Australien ausgeführt. Im Jahre 1840 belief sich die Zahl der transportirten Verbrecher in der Colonie auf 42000. Die meisten der freien Colonisten waren Gegner des Sträflingssystems; die Minderzahl der Reichen unter ihnen zog aber zu großen Nugen aus der wohlfeilen Arbeit der Sträflinge, um das System nicht in Schuß zu nehmen. Im Jahre 1840 drang die Mehrzahl der Colonisten in Neusüdwales, unterstüßt durch die öffentliche Meinung in England, mit ihren Klagen durch,

*) Nämlich: Neusüdwales seit 1788, Vandiemensland seit 1803, Westaustralien seit 1829, Victoria (Port Philipp) seit 1835, Südaustralien seit 1836 colonifirt.

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