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unterhielten, haben sich in dem Strudel der Zeit verloren; Anordnungen und Gebräuche, deren Wichtigkeit und Einfluß die Zeugnisse der Schrift. steller außer Zweifel sehen, dunken uns ist klein und verächtlich; noch mehr, manche Erscheinungen aus der Vorwelt kommen uns nicht selten so sonderbar und so fremd vor, daß wir uns nur mit Mühe eine richtige Vorstellung von ihnen machen können.

Der Antheil, den die Griechen an der Feyer der olympischen und der übrigen diesen ähnlichen Wettkämpfe nahmen, ist meiner Meynung nach eins von jenen seltsamen Schauspielen, die zwar mannichfaltig und unterhaltend, aber nichts weniger als leicht begreiflich sind, die zwar die Phanta fie auf eine angenehme Weise beschäftigen, aber, weit entfernt den Verstand zu befriedigen, ihn zu einer Menge von Fragen veranlassen, die er nicht sogleich zu lösen im Stande ist. *) Man stelle sich einmal die Scene zu Olympia auf einen Au

gen.

*) So vollständig das Historische der olympischen Spiele in mehreren Abhandlungen gesammelt ist, so wenig hat man noch bis ißt ihre philosophische Seite einer ausführlichen Betrachtung gewürdigt. Das Beste, was mir bekannt geworden ist, steht in Goguets Untersuchungen über den Ursprung der Künste und Wissenschaften, Th. 3. S. 204. und in Gillies Geschichte der Griechen, Th. 1. S. 140. 270. und vorzüglich 224–234. Einzelne trefliche Winke giebt Gatterer in der Weltgeschichte von 1785. Th. 1. S. 306.

genblick recht lebhaft vor Augen! Aus dem Peloponnes, aus Hellas, und dem noch weitern Ma cedonien, ja, nicht blos aus diesen festen, und mit einander verbundenen Ländern, nein, selbst aus allen durch das Meer getrennten Inseln und Reichen, aus Asien, Sicilien und Groß-Griechenland, kommen, alle vier Jahre, zur gefeßten Zeit, Wagen und Wagenlenker, und mit ihnen eine unzählige Menge Menschen, jene um zu kämpfen, diese um Zeugen des Kampfes zu seyn. Fürsten und Edle erscheinen in eigner Person, und die nicht erscheinen können, schicken wenigstens, wie die Frauenzimmer, denen der Zutritt verwehrt ist, *) Rosse und Führer, um durch diese den Preiß zu erstreiMit ihnen zugleich treten auf Athleten, Lâufer und Diskobolen. Lange zuvor unterwerfen sich die erstern einer strengen Diåt und noch beschwerlichern

ten.

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*) Zufolge eines ausdrücklichen Gefeßes, das theils in den Sitten der Griechen, und in ihrer Strenge gegen das weibliche Geschlecht, theils in der Einrichtung der Spiele selbst seinen Grund hatte. Pau ́fanias, B. 5. C. 6. vergl. Pfeifers griechische Alterthümer. B. 2. C. 53. Die einzige Ausnahme machte die Priesterinn der Ceres, Chamyne. Paufanias. B. 6. C. 20. Doch scheinen überhaupt die spätern Zeiten auch in diesem Stücke nachsichtiger geworden zu seyn. Man vergleiche die Nachrichten des eben genannten Schriftstellers, B. 3.. €. 8.; es wäre denn, daß er hier ebenfalls nur von abgeschickten Wagen und Pferden spräche, was mir jedoch nicht wahrscheinlich däucht.

chern Uebungen, und zehn Monate vordem Kampfe einer wiederholten sauern Vorbereitung in Elis. Jht bricht der entscheidende Morgen an. Alles ist in Bewegung und Aufruhr. Die Wagen ordnen fich, und die Ringer legen einen heiligen Eid in die Hånde der Kampfrichter nieder, daß sie allen gefeßmäßig gebothenen Proben ein Genüge geleistet haben, und ist bey dem Kampfe ihren Pflichten aufs treueste nachleben wollen, und losen hierauf um die Gegner. Indeß besteigen die Zuschauer eine weit ausgedehnte Bühne, wo sie den brennenden Strahlen der Sonne und allen Unbequemlichkeiten der heißen Jahreszeit ausgefeßt sind. *) Ihre Blicke fliegen umher, und in ihren Mienen lieset man unruhige Erwartung. Woher diese allgemeine Spannung, diese auf einen Punkt geheftete Aufmerksamkeit? Hat das geistreichste Volk der Erde sich versammelt, um über das Wohl des Staates, um über eine neue Gesezgebung, um über Krieg und Frieden zu rathschlagen? Ist es zusammen gekommen, um ein unsterbliches Werk des Genies zu krönen? Will es einen seiner Feldherrn öffentlich ehren, oder einen verdienten Bürger belohnen? Nichts von dem allen. Es siht da, um sich an ei nem leichten, mit zwey oder vier Pferden bespann ten, Wagen, der glücklich das Ziel vorbeyeilt und dem langsamern zuvorkömmt, zu ergößen, um zu fehen, wie weit ein Diskobolus seine Scheibe wirft,

*) Die Feyer der olympischen Spiele fiel bekanntlich in den Monat Julius.

wirft, und wie ein nervigter Athlete seinen Gegner zu Boden ringt, und ein schnellfüßiger Läufer die Bahn durchfliegt.

Meine Leser erstaunen über die Theilnahme der Griechen an den olympischen Feyerlichkeiten: aber wie weit erstaunenswürdiger ist die Hochachtung, welche sie dem Ueberwinder erzeigen! Was gleicht, nach ihrem Urtheile, dem Glücke in den olympis schen Spielen gekrönt zu werden? Wie laut und unzwendeutig äußert sich ihre Freude, wie enthus fiaftisch ihre Bewunderung? Welchen Werth legen fie einem Siege bey, der gewöhnlich das Werkder körperlichen Stärke und Schnelligkeit, öfters sogar Des Ungefährs, ist? Die griechische Geschichte liefert eine Menge Belege hierzu. Ich erlaube mir einige wenige auszuheben. — Antipater von Milet hatte den Preiß im Faustkampfe erhalten. Um die Ehre des Sieges der Stadt Syrakus zuzuwenden, suchten ihn die Gesandten des sicilischen Dionys durch Geschenke dahin zu vermögen, daß er fich für einen Bürger dieser Stadt ausgebe: aber Antipater dachte zu patriotisch, verwarf die königlichen Anerbiethungen, und ließ sich als einen Mis Lesier ausrufen. Diagoras, ein berühmter Kämpfer aus Rhodus, dem der Preiß schon mehrmals zu Theil geworden war, führte seine zwey Söhne nach Olympia. Beyde wurden gekrönt, segten die Kränze auf das Haupt ihres Vaters, und trugen ihn auf ihren Schultern im Triumphe durch die Versammlung. Alle Zuschauer warfen Blumen auf ihn herunter, und ein Macedonier rief

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ihm zu: „Stirb nur Diagoras! hienieden hast du nichts größeres zu erwarten." Philipp, der bekannte König von Macedonien, hatte, in einem Zeitraume von wenigen Tagen, das Glück, daß fein Feldherr Parmenio die Jllyrier überwand, seine Gemahlinn mit einem Sohne, dem Welteroberer Alexander, niederkam, und sein Wagen in den olympischen Spielen den Preiß gewann. Als er diese Zeitung erhielt, wandte er sich an die Göttinn des Glücks und bat sie,

so sehr fürchtete er den Neid der Götter und Menschen, ihn auch einmal ihre Ungnade empfinden zu lassen. Den Athleten Erånetus von Agrigent hohlten seine Bürger mit dreyhundert Wagen ein. Mehrere Städte erweiterten ihre Thore, und rissen einen Theil der Mauern nieder, um die Pracht des Aufzuges auf keine Art zu beschrånken, oder, wie Plutarch meynt, weil Stådte, die sich solcher siegreichen Streiter rühmten, keiner Mauern bedürften. *) Ich schweige von den zahllosen Statuen, die den heiligen Hain Altis füllten, und von den unsterblichen Gesängen Pindars und anderer großen Dichter.

Sehet

*) Gewährsmänner find Pausanias, B. 5. C. 2. B. 6. C. 7. vergl. mit Ciceros tusculanischen Fragen; B. 1. C. 46. Plutarch in seinen Apoph. thegmen, Diodor, B. 13. C. 82. Plutarch im Symposium, B.2. Probl. 5. und Vitruvius, B. 9. Vorrede.

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