Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

Sehet da die Eindrücke, welche das olympische National-Fest in den Herzen der Zuschauer erreg te; sehet da das Interesse, die Leidenschaften, die Wirkungen, die ein einziger, uns geringfügig scheinender, Sieg hervorbrachte. Daß weder Gewinn auf der einen, noch Neugierde aufder andern Seite die bewegende Ursache war, leuchtet jedem von selbst ein. Nie hat ein Kranz, eine Palme, oder ein jährliches Geschenk von etwa zwanzig Louisd'or, das höchste, was der atheniensische Staat einem olympischen Sieger zufließen ließ, *) eine folche Anstrengung von Kråften, noch die Neugierde einen solchen Enthusiasmus und ungestümen Beyfall erzeugt. Warum drångte man sich also nach Olym. pia? Was war es, das diese Feyerlichkeit den Kämpfern so wichtig und den Zuschauern so ehrwürdig machte?

Zuerst wohl ihr Ursprung selbst. Von wel cher griechischen National - Anstalt, kann man mit mehrerem Rechte fagen, daß das Alterthum fie gegründet, und die Religion sie befestigt und geheiliget habe, als von den olympischen Spielen? Man sehe es immerhin in die Klasse der Fabeln, was die Alten

25

*) Nach einem ausdrücklichen Gefeße Solons. (Man fehe den Diogenes Laertius in dem Leben dieses Weltweisen.) Uebrigens versteht sich das im Text gefagte ebenfalls nur von den åltern Zeiten. Wie übermäßig man später hin die Athleten belohnte, und die Staaten dadurch beschwerte, ist den Alterthumsforschern bekannt genug.

Alten von der Stiftung dieser Feste erzählen; man lächle immerhin über die kretischen Daktylen und den idäischen Herkules, über den Kampfrichter Jupiter, und den Wettläufer Apoll;*) die stete Erneuerung Der Kämpfe, oft nach einer Unterlassung von funf zig und mehrern Jahren, belehret uns hinlänglich, wie tief jene Sage gewurzelt war, und wie viel sie unter den Griechen galt. Ist der Bericht des Pau fanias **) zuverläßig, so wurden die Spiele fünf mal und jederzeit zu Olympia, dem Jupiter zu Ehs ren, und von Helden, die größtentheils ihr Ge schlecht von ihm herleiteten, unter andern von dem Pelops und dem thebanischen Herkules, erneuert. Ehrfurcht gegen die Götter und dasjenige, was sie persönlich geweiht hatten, gründete also unstreitig frühe schon eine nicht gemeine Hochachtung für die genannten Feyerlichkeiten, und wie sehr mußte die se erhöht werden, da das delphische Orakel, nach einer Pause, die so lange gedauert hatte, daß man sich kaum noch auf die alten Uebungen zu befinnen wußte, ihre Wiederherstellung dem Jphitus ausdrücklich befahl? ***) Man weiß es ja aus der Geschichte aller Nationen und Zeiten, was Religion für ein Volk ist, das so eben erst anfängt sich aufzuklåren. Sie ist das schäzbarste, was es in feinem Schooße verwahrt, und alles, was sie mit ihrer weihenden Hand berührt, ehrwürdig und un

*) Pausanias, B. 5. C. 7. **) Pausanias, B. 5. C. 8. ***) Pausanias, B. 5. C. 4

verz

[ocr errors]
[ocr errors]

verleglich. Sie ist auf der Leiter der Cultur, wie mehrere schon bemerkt haben, die erste Sprosse, von welcher ein Volk zu den übrigen fortschreitet. Zwar die Religion selbst verliert von ihren Eigens thümlichkeiten nur um desto mehr, je höher die Menschen empor klimmen. Die heiligen Sagen, von denen gewöhnlich jede Religion ausgeht, die übermenschlichen Thaten ihrer Stifter, die Wuns der, die Offenbarungen, durch die sie anfänglich bekehrt und fesselt, treten je långer je mehr zurück in Schatten, und verlieren ihren blendenden Schim. mer und ihre magische Wirkung. Für den weisern und gebildetern Geist, bleibt zuleht von allen besondern Religionen nichts weiter übrig, als was ihnen mit der, welche uns die Natur in das Herz schrieb, gemein ist, der Glaube an ein ewiges allwal tendes Wesen, das uns in eben dem Maße liebe und beglückt, in dem wir Andre beglücken und lies ben, und der Wunsch uns feines Beyfalls stets würdig zu machen. Aber wenn dieß das Resultat für den Weisen ist, so ist es deshalb nicht das Resultat für den größern Haufen. Dieser hångt lange noch unverbrüchlich an den Sagen der Vorzeit, und die Hülle des Alterthums macht sie ihm nur noch ehrwürdiger; dieser fährt oft schon um deswillen fort, den eingeführten Gebräuchen zu huldigen, weil die Vorfahren sie göttlich nannten, und eine Reihe von Jahren sie in ihrer Würde bestätigte. So der alte Aegypter in vielen äußerst beschwerlichen Gewohnheiten und Sitten, welche endlich, zugleich mit ihm, der mächtige Arm der Zeit, wenigstens

(größ

größtentheils, von der Erde vertiigt hat; so noch heute zu Tage der Indianer, so der ehemalige Grieche. Die olympischen Spiele waren ihm ein Fest, welches die Götter vordem durch ihre Gegenwart verherrlichet hatten, und die feyerliche Begehung desselben gottesdienstliche Pflicht. Um ihr genug zu thun, strömte Griechenland nach Olympia, wie es zu den Spielen Apolls nach Delph strömte, und vereinigte sich dort um so allgemeiner, da der Gott, dem es seine Verehrung entrichtete, nicht der Gott einer einzelnen Provinz oder Stadt war, sondern von Malea bis zum Håmus angebetet wurde.

Ich könnte, wenn es nicht ohnehin einleuchtete, wie sehr sich die Religion in die olympischen Feyerlichkeiten mischte, noch eine Menge beweisender Umstände anführen. Ich könnte mich auf die Opfer berufen, welche man, den Abend vor dem Anfang der Spiele, auf verschiedenen Altåren, vers schiedenen Göttern darbrachte; ich könnte mich auf den oben erwähnten Eid beziehen, der an der Statue des Jupiters Horkius abgelegt wurde; ich könnte meine Leser an die Gewohnheit erinnern, welche wollte, daß jeder Kämpfer, vor den Augen aller Zuschauer, durch das ganze Stadium geführt, und die Anwesenden durch einen Herold befragt wurden, ob sie gegen des Athleten Sitten, Charakter und Herkunft etwas einzuwenden håtten; ich könnte mich endlich auch auf den Namen der Spiele stüßen, die vorzugsweise die heiligen hießen. Aber dieß sind Bemerkungen, die sich jedem von selbst darbieten, Was weniger in die Augen fällt und sogar bey dem

ersten

ersten Anblicke befremdet, dieß Befremdende aber, sobald man in die Geschichte zurück geht, verliert, ist, daß gerade diejenige Uebung, welche sich weder als die schwerste und kunstreichste, noch als die prächtigste und kostbarste auszeichnete, ich menne, der Wettlauf, von jeher für die erste gehalten, und die jedesmalige Olympiade mit dem Namen des fiegreichen Läufers bezeichnet wurde. Die Erklårung einiger Ausleger, welche diese Achtung aus taktischen und medizinischen Gründen herleiten wollen, ist nicht einmal scheinbar. Die übrigen Kampfübungen waren dem Krieger zum Theil noch nühlicher, und der Gesundheit noch vortheilhafter. Die wahre Ursache entdeckt Pausanias. *) Was den Ursprung der olympischen Spiele anlangt, heißt es bey ihm, so erzählen die Einwohner von Olympia, die idåischen Cureten, fünf Brüder, denen Rhea den Jupiter zur Erziehung anvertraut hatte, wären nach Elis gekommen. Hier habe Herkules, als der Aelteste, den übrigen vorgeschlagen, sich im Laufen zu üben, und den Sieger mit einem Oliven. Franz beschenkt. Andre, seht er bald nachher hins zu, behaupten, Jupiter selber habe, nach Bezwin. gung der Titanen, diese Spiele angeordnet, und Apoll im Wettlaufe den Merkur, so wie den Mars im Faustkampfe überwunden. Mich dünkt, dieß fage deutlich genug, wie viel Antheil die Religion. an der Feyerlichkeit zu Olympia hatte, und warum die Griechen den Wettlauf über alle andern Uebungen

*) In der ersten unter den angeführten Stellen.

[ocr errors]
« VorigeDoorgaan »