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X. Savage im Kaffeehaus.

Savage, durch Johnsons Biographie der Vergessenheit entrissen, war ein sehr regelmäßiger Besucher von Kaffeehäusern, obwohl er zeitweise in äußerst drückenden Verhältnissen leben mußte. Dafür, ob er außer bei Button's auch zu den Stammgästen bei Will's zu rechnen ist, liegen keine Nachrichten vor, wohl aber, daß er ein guter Freund Steeles war; auch nicht, ob er zu einem der führenden Geister, Pope vielleicht ausgenommen, in näheren Beziehungen stand. Dagegen berichten Cibber und Johnson einstimmig, daß er die bitterste Armut und Not zu leiden hatte und oft so lange fastete, daß er von Schwäche ergriffen wurde und seinen Appetit verlor, daß er unfähig war, den Geruch von Fleisch zu ertragen, bis die Tätigkeit seines Magens durch einen Seelenwärmer wiederhergestellt war" (Cibber 5, 62).

Eine mitleidige Seele erbarmte sich einmal des hungernden Poeten und legte in einem der Kaffeehäuser, die er trotz seiner Armut gern aufsuchte, Kleidungsstücke und Leinentuch für ihn nieder. Der freundliche Geber ersparte ihm die Angabe seines Namens. „Aber obwohl das Anerbieten so edelmütig war, wurde es ihm unter Vernachlässigung gewisser Förmlichkeiten dargebracht", was Savage so unwillig machte, daß er das Geschenk ablehnte und sich weigerte, das Kaffeehaus wieder zu betreten, bevor die Kleider zurückgegeben wären (Johnson 2, 142).

In einem andern Kaffeehause entging Savage einst ganz knapp der Gefahr, durchgeprügelt zu werden. Er war so eifrig, die Fehler Lord Tyrconnels an den Pranger zu stellen, daß dieser eines Tages in Begleitung handfester Diener den Dichter hinter seiner Tasse Kaffee aufsuchte, um ihn vor den Augen der andern Gäste durchzubläuen. Ganz zufällig aber hatte Savage sich wenige Augenblicke vorher entfernt, „und seine Lordschaft hatte ohne Gefahr das Vergnügen sich

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zu rühmen, wie er ihn behandelt haben würde" (ebenda 2, 117).

Nicht immer freilich war dem Dichter das Augenblicksglück so günstig. Ein andres Erlebnis spielte sich in Robins Kaffeehaus ab, das Johnson sehr eingehend wiedergibt (ebenda 2, 96). Von Richmond zurückgekehrt, saß Savage mit zwei Freunden in einem Kaffeehaus bis in die späte Nacht. Auf dem Heimwege sehen sie bei Robin's nahe Charing Cross noch Licht und treten ein: da sitzen Gäste, die eben zahlen wollen. Einer seiner Gefährten „stellte sich mutwillig zwischen die Gesellschaft und den Kamin und stieß bald danach einen Stuhl um.“ Ein Streit entsteht, beide Parteien ziehen den Degen, und im Handgemenge wird einer der Gäste erstochen. Savage verwundet ein junges Mädchen, das den Sterbenden auffängt, wird aber bei dem Versuch, zu entwischen, auf der Straße von den andern und herbeieilenden Soldaten festgenommen. In der umständlichen und langwierigen Verhandlung wurde der Dichter für schuldig befunden und zum Tode verurteilt, durch königliches Machtwort aber aus dem Gefängnis wieder entlassen.

Eine vierte Geschichte hat denselben Schauplatz. Savage ließ in einem Kaffeehaus seine Schulden bis zu einer Höhe von 8 Pfund ansteigen, bis er auf die Klage der Besitzerin vom Abendessen weg verhaftet wurde und im Newgate lange Zeit ohne Hülfe seiner Freude verbringen mußte. Dort ereilte ihn der Tod.

XI. Sonstige literarische Kaffeehäuser.

Neben Will's und Button's, denen durch Dryden, Addison und Steele das Übergewicht gesichert war, gab es noch eine Reihe von Kaffeehäusern zweiten Ranges, in denen die schöngeistige Welt zu verkehren pflegte und die darum einige Beziehungen zur Literatur haben. Das sind das Grecian, Pall Mall, Smyrna, Tennis, Widow Hambledon's und die Schokoladenhäuser Cocoa Tree und White's.

Das Grecian, in Devereux Court, Strand, „between Essex Court and New Court in the Temple" gelegen, war ursprünglich im Besitz eines Griechen, George Constantine, aus der Threadneedle Street. Sein Inhaber wird von Dr. Douglas 1727 ,,the oldest coffeeman now alive in London and perhaps in Christendom" genannt. Das Haus erfreute sich eines so guten Rufes, daß Steele im Tatler" unter seinem Namen alle Artikel gelehrten Inhalts veröffentlichte. Auch Addison liebte es, dort zu verkehren und im Rauchzimmer zu sitzen: vor allem aber weilte er hier oft in seiner Rolle als ,,Spectator".

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Das Ansehen des Hauses rührte in erster Linie von den Mitgliedern der Royal Society her, wie aus den vielen Tagebuchnotizen Thoresbys hervorgeht. Er trifft hier häufig Dr. Hans Sloane, den Begründer des British Museum, den Antiquar Dr. Stuckeley, Dr. Halley, den Kometenforscher, und Sir Isaac Newton. Einmal sind sie alle versammelt zur Zerlegung eines ,,dolphin lately caught in the Thames", das andre Mal liest er ,,manuscript Memoirs of the ancient family of the Rawdens" usw. Der gelehrte Walther Moyle gesellt sich oft zu ihm. Diese Männer schlossen sich später zum,,Learned Club" zusammen, der schon 1740 bestand.

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Über zwei seiner Mitglieder weiß Dr. King eine Anekdote zu berichten (Timbs, Clubs S. 357): „Zwei junge Herren, die treue Kameraden waren, hatten dort einen Wortstreit über die Betonung eines griechischen Wortes. Diese Auseinandersetzung wurde so weit ausgedehnt, daß die beiden Freunde es für nötig fanden, sie mit dem Degen zu entscheiden. Zu diesem Zweck gingen sie nach Devereux Court, wo einer von ihnen aufgespießt wurde und auf der Stelle starb."

Später wurde das Grecian der Lieblingsaufenthalt Goldsmiths und hallte oft wider von seiner lärmenden Lustigkeit. Er pflegte da die Rechtsstudenten aus Irland und Lancashire um sich zu versammeln, „um sie mit einem Magenwärmer und bescheidener Gastfreundschaft zu erfreuen und gelegentlich mit seiner Flöte oder mit Whist zu unterhalten, was er beides meisterlich spielte" (ebenda).

Dem Pall-Mall Coffee-house war längst nicht eine so ruhmvolle Rolle beschieden: es ist nur deshalb erwähnenswert, weil Swift dort gelegentlich einkehrte. Briefe an seine Freunde richtete er wohl dorthin, wie ,,To Knightly Chetwode Esq. at the Pell-mel Coffee-house in Pell-mel London". Von Arbuthnot findet sich ein Brief vor, am 12. Juni 1714 an Swift gerichtet, in dem beide eine Zusammenkunft dort verabreden.

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Im Smyrna gehörten Swift und Prior zu den erlauchtesten Besuchern. Es lag an der Nordseite von Pall Mall und war ,,a fashionable resort of the wits of the reign of Queen Anne" (Jesse 1, 142). Über diese macht Steele in Nr. 10 und 78 des Tatler sich lustig und sagt, daß „the cluster of wise heads“ jeden Abend dort anzutreffen sei. Swift erlebte hier, daß er von einem Abenteurer angehalten wurde: er wußte sich glücklich von ihm frei zu machen und empfahl ihm, ins Smyrna zu kommen, wo er till midnight" auf ihn warten wolle. Mit Prior saß er dort oft zusammen,,receiving acquaintance" oder er staunte über die „very handsome genteel fellows“ der Iren.

In späterer Zeit war Beau Nash, neben Brummel der Urtypus des englischen Dandy, hier ein vielbewunderter Gast. Er

konnte, wie Goldsmith erzählt, den ganzen Tag am Fenster wartend verbringen, um durch einen Gruß des Prinzen oder der Herzogin von Marlborough sich ausgezeichnet zu fühlen: ,,dann pflegte er über die Gesellschaft gleichgültig seine Augen schweifen zu lassen, um die bewundernden Blicke aufzufangen."

Ausschließlich von Steele wird häufig das Tennis Court Coffee-house in Cockpit, Whitehall, genannt. Manche seiner Briefe tragen diesen Namen als Aufgabeort, während er andrerseits ein eigenes Fach hat, in dem die für ihn lagernden aufbewahrt werden. Manchmal gesellte sich dort sein Schulfreund Sansome zu ihm.

Von ebenso geringer Bedeutung war das Widow Hambledon'sKaffeehaus und ist nur deshalb zu nennen, weil viele von Popes Briefen an Henry Cromwell und seinen ,,speculative corner in the Widow's Coffee-house" gerichtet sind. Es lag am Ende der Princess Street nahe Drury Lane.

Das Cocoa Tree Chocolate-House stand an der Westseite der St. James's Street Nr. 64 im Picadilly (heutzutage Nr. 87) und zählte nur Tories zu seinen Besuchern. Diese Einrichtung von Schokoladenhäusern beschränkte sich auf ganze fünf Namen und unterschied sich durch nichts von den gewöhnlichen Kaffeehäusern.

Hier verkehrte Swift mit Vorliebe bei seinen gelegentlichen Besuchen in der Hauptstadt, nachdem ihm die Dechantei von St. Patrick's übertragen war. In seinem Notizbuch findet sich ein Eintrag vom 2. August 1714 (Swiftiana 2, 101):,,Drove to the Cocoa Tree. Sate till one, musing and thinking nothing." Prior, einer seiner Vertrauten, bittet ihn einmal, von dieser strengen Gewohnheit abzuweichen und bei ihm in der Duke Street abzusteigen.,,When you come to London", sagt er in einem Briefe vom 30. Juli 1717,,,do not go to the Cocoa Tree, but come immediately to Duke-street, where you will find a bed, a book and a candle."

Eine Anekdote verknüpft sich mit dem Dichter Nicholas Rowe, der hier mit Vorliebe verkehrte (Hutton S. 259). Dr. Garth saß eines Morgens im Cocoa Tree, als Rowe eintrat, sich ihm gegenübersetzte und hartnäckig seinen Blick zu erhaschen

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