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beiden Dichter sie täglich vor Augen sahen. Das Urbild des letzteren gab nach Montgomery ein Colonel Cleland ab.

Wieder ist Gays ,,Present State of Wit" ein Kronzeuge für den Erfolg der Zeitschrift. „Der „Spectator"" heißt es, „ist in jedermanns Hand und ein ständiger Gesprächsstoff für unsre Morgenunterhaltung an Teetischen und in Kaffeehäusern."

Hatte sich so im Spectator" das Gewand geändert, gewann das Innere an Reichhaltigkeit und Vertiefung. Es ist der menschenfreundliche, gütige Addison, der an der geschmacklichen Erziehung und Veredlung seiner Kaffeehausleser arbeitet. Die Brücke zu ihnen schlägt die Einrichtung der Zuschriften an den Herausgeber. Den Klagen seiner Leser leiht er bereitwillig sein Ohr, wenn sie z. B. sich beschweren über einen jungen Herrn, der beständig ein Phantasiestück zum Trotz der ganzen Gästeschar singt." Das gesamte Kaffeehaus ist über die Rücksichtslosigkeit dieser „,incorrigible nature without the least shame" ungehalten. In Nr. 49 kreuzt er mit den Rechtsstudenten von Inner Court die Klinge, in Nr. 457 brandmarkt er die Verbreiter von Klatschgeschichten, die ein,,whispering-hole in most of the great coffee-houses" haben. Ganz energisch wendet er sich gegen die üblichen ,,Coffee-house Orators" wegen des „täglichen Unheils, täglich in unsrer Stadt angerichtet" und schlägt praktische Abhülfe gegen das Unwesen dieser Vielredner vor usw.

In der letzten Nummer (635) spricht Addison über seine Tätigkeit als Herausgeber und kommt dabei zu dem Schluß: The coffee-houses have ever since been my chief places of resort, where I have made the greatest improvements.“

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3. Im,,Guardian“.

Im,,Guardian" geht Addison zur engen Verknüpfung des Bandes mit seinen Kaffeehauslesern noch einen Schritt weiter. Die Herausgabe scheint zeitlich mit der Übersiedelung zu Button's zusammenzuhängen. Dies rückt er dadurch in die vorderste Reihe aller Häuser und Daniel, seinem Inhaber, wird es in Nr. 85 sogar vergönnt, einen erdichteten Brief an die Schriftleitung zu richten. Den Interessenmittelpunkt läßt er erst die Familie Lizard und den wackeren Nestor Ironside, dann den

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berühmten Löwenkopf bilden, dessen ,,widely opened jaws“ zur Aufnahme aller Zuschriften,,per viam leonis" jederzeit bereit sind. Dieser neue Gedanke kommt den Lesern, die schon im,,Spectator" an der Einrichtung der Zuschriften außerordentlichen Gefallen gefunden hatten, noch weiter entgegen.

So kurze Lebensdauer dem Blatt auch beschieden war, wird doch der Löwenkopf bald das Sprachrohr: jede Woche erscheinen die „roarings of the lion". Wenn er einmal einige Wochen seines Basses Grundgewalt nicht hat erschallen lassen, weil einige Leser ihn mit so viel Unsinn erdrosselt haben, daß sie tatsächlich einen Esel aus ihm gemacht haben“, treffen gleich Anfragen nach dem Grunde seiner Schweigsamkeit ein. In Nr. 140 erhebt er warnend seine Stimme gegen die fehlenden ,,tuckers", die Halskragen, mit denen die Damen im Kaffeehaus ihre Reize allzu freigebig preisgeben. Wieder erregen die Kaffeehausredner Mißfallen. In Nr. 171 bedanken sich die Kaffeehausbesitzer beim „,,Guardian" für seine Stellungnahme gegen den Unfug der Galadegen usw.

In allem ist der Löwenkopf, nach einem Entwurf von Hogarth „in imitation of the antique Aegyptian lion" angefertigt, der Angelpunkt, und kaum eine Nummer des „Guardian" ist ohne eine Anspielung, auf seine Tätigkeit. Er war (nach Nr. 114) im Juli 1713 an der Westseite von Buttons Kaffeehaus angebracht und trug die Martial (1, 22, 3 und 60, 6) entlehnte Inschrift:

,,Servantur magnis isti cervicibus ungues:
Non nisi delecta pascitur ille fera.“

Die Zuschriften fielen durch den ,,most wide and voracious mouth" in einen Kasten, dessen Schlüssel Nestor Ironside selbst aufbewahrte, und Daniel Button war angehalten,,,to shew the way to the lion's head".

Dieser Löwenkopf hatte seine eigene Geschichte, die hier ergänzend erzählt sein mag. Nach Buttons Tode 1719 wurde das Kaffeehaus abgerissen, wobei der Löwe zu Tomkyns, dem Besitzer der Shakespeare Head Tavern in Covent Garden, flüchtete. 1751 brachte man ihn am Bedford-Kaffeehaus an, um ebenfalls als Briefkasten für den ,,Inspector", eine Zeitschrift des Dr. John Hill, zu dienen. Der Nachfolger von Tomkyns, Campbell, machte 1804 bankerott, so daß ein Hotelbesitzer

Charles Richardson ihn auf der Auktion am 8. November für 17 Pfund 10 Schillinge erstand. Nach dessen Tode ging das Tier in die Hände seines Sohnes und von da 1827 in den Besitz des Herzogs von Bedford über, der es in der WoburnAbtei bis auf den heutigen Tag aufbewahrte. Ein Jahr danach widmete ihm ein andrer Charles Richardson, ein Schriftchen: ,,Notes and Extracts relating to the Lion's Head, which was erected at Button's Coffee-House", das sich mit diesen eigenartigen Lebensschicksalen befaßt.

VIII. Defoe und seine Stellung zum Kaffeehaus.

Defoes Stellung zum Kaffeehaus weicht von der seiner übrigen Zeitgenossen vollständig ab: Defoe ist kein Kaffeehausmensch und steht in deutlichem Gegensatz zu Steele, dem Extrem nach der andern Seite hin. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum Teil erklärt es seine eifrige Tätigkeit als Whig und Parteimann (er führte wichtige Missionen im Dienst der Königin Anna aus), was ihn wenig Anschluß finden ließ außer gelegentlich in den neben den Kaffeehäusern wichtigsten Klubs, dem Martinus Scribblerus, Kit Kat und andern; zum Teil auch der Umstand, daß er dissenter war.

Der Hauptgrund für sein Abseitsstehen ist, daß Defoe die große Gesellschaft nicht liebte. „Das Theater, der Ballsaal und der Kartentisch waren ihm in der Seele zuwider" (Wright S. 316). Defoe steht nicht in der londoner Gesellschaft und wird von den andern Schriftstellern für nicht ebenbürtig angesehen. Damit hängt auch zusammen, daß die geschichtlichen Quellen über sein Leben recht spärlich fließen, daß wichtige Daten und Tatsachen gänzlich fehlen. Selbst sein Briefwechsel bietet keine genügende Handhabe, den Schleier zu lüften.

Obwohl er eine fabelhafte Fruchtbarkeit als Reformer entfaltete, unermüdlich war in Verbesserungsvorschlägen und über alle möglichen Fragen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens sich ausgiebig verbreitete, widmete er dem Kaffeehaus nicht eine einzige Abhandlung unter den vielen Hunderten, die seiner Feder entstammen. Eins seiner zahllosen Pamphlete: The Coffee-house Preachers; or, High-church Divinity Corrected" (1706) hat nichts als den Titel mit ihm gemeinsam.

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Trotzdem ist Defoe als scharfer Beobachter seiner Zeit nicht achtlos an ihnen vorübergegangen. Er war ein Besucher von Kaffeehäusern, aber das Leben und Treiben in ihnen fesselte ihn nicht an sich. Unter den Schöngeistern des Witty

Club bei Will's und in dem Zirkel Addison's bei Button's wird man ihn vergebens suchen. Er suchte Kaffeehäuser nur auf, wenn er sich über den Stand der Parteien unterrichten und mit der Politik der großen Masse in Fühlung kommen wollte. Als 1708 die Wahlen für das erste englische Parlament abgehalten wurden, reiste er im Lande umher und sammelte Eindrücke. Er erzählt selbst, wie er dabei tätig war (Wilson 3, 23):,,I have not so far sat still at the coffee-houses all the summer, as some have done, forming elections, telling noses and casting up parties over a dish of coffee; but I have been among a great many of your electors myself." Später berichtet er in Applebees Journal vom 22. Dezember 1722, er habe ein,,publick-Coffee-house" aufgesucht, wo einer der Redner die Urheber der Verschwörung gegen den König an den Pranger stellt.

Als Defoe 1704 seine,,Review" veröffentlichte, trug sie die Erregung seiner politischen Gegner auch in die Kaffeehäuser. Um ihn mundtot zu machen, bestachen sie Individuen, ,,die in die Kaffeehäuser gehen sollten, um die Abdrücke seiner Zeitung täglich, wenn die Nummern veröffentlicht waren, zu stehlen oder zu verbrennen" (Chadwick S. 292).

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