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Als Dryden 1700 starb, verwaiste Will's, der Urtyp des literarischen Kaffeehauses in England. Obwohl die Wits nicht aufhörten, sich zur Tafelrunde nach altem Brauch einzufinden, war doch diese durch den Verlust ihres Oberhauptes verlassen. Der historische Lehnsessel, im Sommer vom Balkon die Straße überblickend, im Winter an den wärmenden Kamin gelehnt, harrte vergebens des Nachfolgers. Noch 1709 war Will's berühmt genug, daß Steele im,,Tatler" die Aufsätze literarischen Inhalts unter der Überschrift,,From Will's Coffeehouse" erscheinen lassen konnte. 1710 wurde es, wie aus einem Briefe Cromwells an Pope erhellt, von Schöngeistern weiter besucht.

April 1715 fand a grand Revolution" statt. „Morrice ist nach einem Kaffeehaus in der Altstadt verzogen und Tidcombe zur großen Freude Cromwells, der in mächtiger Verlegenheit war nach einer Person, mit der er über die Kirchenväter und Kirchengeschichte sich unterhalten konnte, wieder aufgenommen“, schreibt Pope an Congreve. Sogar bis ins dritte Jahrzehnt hinein scheint Will's noch bestanden zu haben, wenn auch sein Besitzer längst tot war, denn Cromwell richtet am 6. Juli 1727 noch,,a short letter from Will's" an Pope.

Das Zeitalter Drydens machte einer neuen Generation Platz, die Addisons und Steeles Namen auf ihr Panier geschrieben hatte. Addison war der erste, der sich endgültig von der verfallenden Runde des Witty Club losriß. Nur schräg über die Straße ging er: dort setzte er (wohl nicht vor 1712) Daniel Button, den Diener seiner späteren Gemahlin, der Gräfin von Warwick, als Pächter eines neu erbauten Hauses ein und nannte es nach ihm Button's Coffee-house. Vermutlich fand die förmliche Sezession im März 1713 gleichzeitig mit der Herausgabe des „Guardian" oder im April nach dem Erfolg der „Cato"-Aufführung statt. August desselben Jahres war sie

bereits vollzogen, denn Pope schreibt am 13.:,,The Wits are removed from Will's over the way."

Button's wird im „Guardian" beschrieben als „,over against Tom's in Covent Garden", von Johnson als ,,on the south side of Great Russel Street". Über die Örtlichkeit ist weiter wenig bekannt, weil die Zeitgenossen sich mit ihm längst nicht so eingehend beschäftigten wie mit seinem berühmteren Vorgänger. Die Aufführung des „Cato“ trug nicht wenig dazu bei, Button's als Addisons Stammkaffeehaus bekannt zu machen, und zog viele Whigs hierher.

Zu seinen Besuchern zählte es neben dem Freundespaar so ziemlich alle damaligen Schöngeister und solche, die sich dazu rechneten: Swift, Pope, Ambrose Philips, Dr. Garth, Arbuthnot, Budgell, Tickell, Parnell, Savage, Armstrong, den Gelehrten Martin Folkes, den Grafen Viviani, Colonel Brett, die Maler Sir Godfrey Kneller, William Hogarth und viele andre, alles Whigs. Ihnen gesellte sich ab und zu der GentlemanStraßenräuber Jemmy Maclaine (auch Mc Clean geschrieben), der gegenüber wohnte und von John Taylor in der „Sun“Zeitung als ein „stämmiger, auffallender, hübscher Mann" bezeichnet wird. Addison, Steele und andre regelmäßige Besucher pflegten nach Timbs (Clubs S. 328) im Schmuck ihrer,,large flowing flaxen wigs" dazusitzen. „Bei einer Pfeife Tabak, eine kleine Wachskerze vor sich, steckten sie ihre Köpfe bis Mitternacht zusammen, und wenn ein Fremder kam, um seine Pfeife an demselben Licht anzubrennen, wurde er eingeladen Platz zu nehmen", denn, sagt der ,,Spectator" (Nr. 568), „das Anzünden einer Pfeife an derselben Kerze wird unter Raucherbrüdern als Eröffnung von Unterhaltung und Freundschaft angesehen."

Buttons Kaffeehaus war nicht die lange Blütezeit wie Will's beschieden, teils durch äußere Gründe wie den frühen Tod Addisons, teils auch, weil die führenden Wits an der Politik lebhaften Anteil nahmen. Elwin (S. 117) zufolge spielten die Fehden zwischen den Whigs und Tories auch hier hinein. Nach dem Tode der Königin Anna 1714 wurden viele der „bedeutendsten Schöngeister unter den Whigs von der neuen Regierung aufgefordert, statt der Erörterung von Fragen des Geschmacks und der Literatur am politischen Kampf sich zu

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beteiligen." Außerdem zog sich Steele nach Wales zurück. Swift war durch sein Amt von St. Patricks an Irland gefesselt und gab, wenn überhaupt in London, der Gesellschaft im St. James's den Vorzug. Pope schließlich verweilte während der Errichtung seines Landhauses mehr in Twickenham. Er spielt einmal in einem Brief an Craggs vom 15. Juli 1715 auf eine Entzweiung unter den Wits an und meint: „Button's is no more Button's."

So ist es keineswegs erstaunlich, wenn der schöngeistige Zirkel nach kurzer Blütezeit von sechs bis sieben Jahren langsam verfiel. Als sein geistiger Führer Addison 1719 starb, schlugen viele der alten Mitglieder im Bedford, Shakespeare und andern Kaffeehäusern ihre Zelte auf. Daniel Button, der Inhaber, verarmte, mußte von der Gemeinde von St. Paul's unterhalten und im gleichen Jahre wie sein Herr auf ihre Kosten beerdigt werden. Das Haus ging in Privatbesitz über und wurde abgerissen: heute steht an seiner Stelle Nr. 17 der Great Russel Street.

VI. Addison und Steele bei Button's.

1. Ihr Verkehr im Kaffeehaus.

Addison ist, wie oben erwähnt, bei Button's regelmäßiger Besucher. Er verbrachte seine Tage in ähnlichem Rhythmus wie Dryden. „Er studierte jeden Morgen, aß dann in einem Gasthaus zu Mittag und ging hinterher zu Button's", sagt Johnson von seinen Gewohnheiten (1, 373). Spence weiß von seiner Tageseinteilung folgendes zu berichten (Malone S. 494): „Addison studierte den ganzen Morgen; dann traf er seine Gesellschaft bei Button's, aß zu Mittag und blieb da fünf oder sechs Stunden und manchmal bis tief in die Nacht hinein. Dies war der Kreislauf seines Lebens." In seinen späteren Jahren pflegte er, wie es damals vielfach üblich war, nach dem Kaffeehaus noch eine Kneipe aufzusuchen, wo er sogleich nach Wein und häufig nach Pfeife und Tabak verlangte."

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Pope wie Spence versichern, den Dichter Tag für Tag bei Button's angetroffen zu haben. Seine Heirat mit der Gräfin von Warwick 1716 hatte zur Folge, daß, „when he suffered any vexation from his Countess", er sich ins Kaffeehaus zurückzog,,,to forget his domestic uneasiness" (Addisoniana 1, 165). Eine Zeichnung von Hogarth, ebenda wiedergegeben, stellt ihn bei Button's am Tisch sitzend dar. Auch bei ihm dürfen wir annehmen, daß er seinen Briefwechsel vielfach hier ebenso wie geschäftliche Angelegenheiten mit den Verlegern erledigte. Die Antworten sich dahin richten zu lassen, war sehr bequem und längst eingebürgerter Brauch.

Steele ist der typische Kaffeehausmensch seiner Zeit. Er war nicht nur Mitglied des Kit Kat und andrer Klubs und verkehrte in einer Menge Wirtshäuser, sondern ist auch in den meisten Kaffeehäusern ein wohlbekanntes Gesicht. Bald schreibt er seiner,,Dear Prue" vom Tennis Court Coffee-house, bald

Addison und Steele bei Button's.

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sitzt er schon um 8 Uhr morgens im St. James's und hört, ,,that the Queen is dead." Er bestellt seine Gemahlin „,exactly at five at Button's", von wo sie einmal in den Park, dann nach Brompton gehen wollen, oder er trifft sich mit Swift im St. James's, um das Kind Elliots, des Besitzers, zu taufen. Am 30. August 1707 schreibt er an seine spätere Gemahlin: „Ich bitte Sie um Verzeihung, daß mein Briefpapier nicht feiner ist, aber ich bin gezwungen, von einem Kaffeehaus zu schreiben, wo ich wegen einer geschäftlichen Angelegenheit gerade warte. Rund um mich schwatzt eine gemeine Menge lästiger Gesichter über Politik und verhandelt Staatsakten, während all mein Streben, all mein Glück Liebe ist." Oder er holt sich einmal, 1711, einen Brief Popes von Will's. Im Don Saltero's kennt er sich genau so gut aus wie bei Lloyd's, bei Dick's in der Fleet Street Nr. 8 wie im Grecian. Dann bekommt seine Gemahlin einmal einen Brief von Young Man's, oder er bestellt sich ihre Briefe,,to be left at Bartram's Coffee-house in Church Court, opposite Hungerford Market in the Strand." Wenn er aber,,the Coffee-house" schreibt, ist es allemal Button's. Als er heiratet, siedelt er sich in der Bury Street an, um all den geliebten Stätten möglichst nahe zu sein. Sein „Diener", schreibt er,,,shall find me at the coffee-house" (5. Mai 1709) usw.

Steele hat am Kaffeehausleben seiner Zeit den lebhaftesten Anteil genommen und allein ihre große Bedeutung erkannt, als er ihnen den Platz im ,,Tatler" einräumte. Er ist in allen zu Hause, beobachtet ungesehen mit scharfem Blick die Menschen und entwirft nach ihnen die Gestalten seiner Zeitschriften und Komödien. Eine Flugschrift erschien im Juni 1714, die sich mit seiner Tätigkeit befaßt: „A Town Eclogue, Or, a Poetical Contest between Toby and a Minor Poet of B-tt-n's Coffeehouse."

Folgende Kaffeehäuser, in denen er seinen Briefwechsel zu erledigen, an seine Frau zu schreiben und am meisten zu verkehren pflegt, nennt er am häufigsten: St. James's, Tennis Court, Grecian, Child's, Young Man's, Squire's, Bartram's, Saltero's, Dick's.

2. Ihr Freundeskreis.

Dem Witty Club bei Will's entsprach die Runde der Schöngeister bei Button's. Sie wurde teilweise durch die Gemein

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