Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

welches von einem gewissen Bowman (Kutscher von Mr. Hodges, einem Levante-Kaufmann, der ihn dort einsetzte) in oder um das Jahr 1652 eingerichtet wurde.“

An dieser Jahreszahl ist nicht zu rütteln. Nach Houghton, Ellis, Moseley und Anderson (,,Chronological History of Commerce", Ausgabe von 1784) brachte der Kaufmann Daniel Edwards auf der Rückkehr von Smyrna einen griechischen Diener Pasqua Rosee (auch Rosea, Rossee geschrieben) aus Ragusa mit, der ihm jeden Morgen seinen Kaffee bereiten mußte. Diese Neuigkeit führte so viele Freunde voller Interesse zu ihm, „daß er die ganze erste Hälfte des Tages mit dem Unterhalten und Befriedigen der Neugier seiner Besucher zubrachte."

Um diesem zeitraubenden Spiel ein Ende zu machen, ließ er für seinen Diener einen öffentlichen Verkauf einrichten. Infolgedessen eröffnete Pasqua unter dem Protektorat von Edwards ein Kaffeehaus,,in the Church-yard in St. Michael's Alley, Cornhill." Seine Reklame pries,,the virtue of coffee-drink first publiquely made and sold in England by Pasqua Rosee, in St. Michael's Alley, Cornhill, at the sign of his own head."

Der Grieche hatte bald so ungeheuren Zulauf, daß die Bierhändler und Gasthausbesitzer der Nachbarschaft sich gezwungen sahen, eine Bittschrift gegen den lästigen Nebenbuhler,,as being no freeman" beim Bürgermeister einzubringen. Hodges, der Ratsherr dieses Bezirkes, setzte seinen Leibdiener Bowman, der englischer Staatsbürger war, als Mitteilhaber ein. Der übernahm nach kurzer Zeit das Kaffeehaus allein, nachdem Pasqua wegen,,some disdemeanour" gezwungen war, England zu verlassen. Für die Errichtung des neuen Gewerbes hatte er eine Abgabe von ,,1000 sixpences" zu entrichten.

Vier Jahre dauerte es, ehe Bowman ein Nebenbuhler in James Farr entstand. Sein,,Rainbowe Coffee-house in Fleet Street, between the two Temple Gates" besteht noch heute und ist eins von den wenigen, das vom großen Feuer 1666 verschont blieb. Von Beruf Barbier und Chirurg, wurde er von seinen Nachbarn, die sich wegen des Kaffeeröstens bei der Behörde beschwerten, vor den Richter gebracht. In den Gerichtsakten von 1656 wird folgendes über ihn ausgesagt (Robinson S. 222): ,,Disorders and Annoys. Item, we pr'sent James Ffarr, barber, for makinge and selling of a drink called coffee, wherby in

bis zur Jahrhundertwende.

7

making the same, he annoyeth his neighbrs. by evil smells and for keeping of ffier for the most pt. night und day, whereby his chimney and chambr. hath been sett on ffire, to the great danger and affrightment of his neighbrs.“

1657 eröffnete Thomas Garway,,,tobacconist and coffee-man", wie er sich selbst nennt, sein später durch den Südseeschwindel 1720 und den,,Tatler" so berühmt gewordenes Garraway's in der Change Alley Nr. 3.

Unter den frühsten wird auch das ,,Latin Coffee-house, the resort of doctors and scholars" genannt (Cambridge History 7, 389).

Die Entwicklung des londoner Kaffeehauses nahm nun einen schnellen Aufschwung. So primitiv auch die Ausstattung in ihrem Urzustande gewesen sein mag, verbreitete sich doch die neue Einrichtung in raschem Lauf. Die Wissenschaft bemächtigte sich seiner und half ihm den Boden bereiten. Hochgelahrte Männer wie Dr. Edward Pococke wirkten durch Flugschriften und Traktate (,,Nature of the Drink Cauhi or Coffee", 1659) aufklärend über Wesen und Wirkung des unbekannten Zaubertranks. Mitglieder der Royal Society wie Ray in seiner,,History of Plants", Sir Hans Sloane in den,,Philosophical Transactions" (Band 17) unterwarfen den,,nuciferous exotic tree" einer genauen wissenschaftlichen Prüfung. Sloane gelang es sogar, durch einen Reisenden ein Kaffeebäumchen aus Arabien sich mitbringen zu lassen, das viel bewundert wurde.

Der Kaffeegenuß wurde ärztlicherseits als gesundheitsfördernd,,,to cure minor ailments", empfohlen. Bereits Bacon (,,Sylva Sylvarum", 1624) behauptete (Robinson S. 56): Kaffee ,,comforteth the Brain and Heart and helpeth Digestion." Man meinte, dies fremdartige Getränk sei ein Mittel gegen,,HeadMelancholy, consumptions, coughs, king's evil, drops, gout" oder,,good against smallpox, though to drink it with milk is an error and such as may bring in danger of leprosy" (ebenda). Der berühmteste Arzt jener Zeit, Dr. Radcliffe, der über die größte Praxis in London verfügte, saß täglich im Garraway's mit Chirurgen und Apothekern zusammen an seinem Stammtisch.

Eine ganz andre Wirkung glaubt Rumsey in seinem,,Organon Salutis" nachweisen zu können, daß nämlich,,this coffa

drink" eine allgemeine Mäßigkeit und Enthaltsamkeit von alkoholischen Getränken hervorgerufen habe. Tatsächlich scheint die Verbreitung des Kaffees mildernd auf die furchtbaren Trinksitten der Restaurationszeit gewirkt zu haben. Pamphlete ungenannter Verfasser beschäftigten sich mit dem,,Character of a Coffee-house", von denen einer behauptet, daß,,to cure Drunkards it has got a great fame" (Ellis S. 11).

Bis 1666, dem Jahre des ,,Great Fire", war die Zahl der neuen Einrichtungen vielleicht noch nicht sehr hoch gestiegen. Dieses Jahr bedeutet einen wichtigen Abschnitt der Zeitgeschichte. Das Feuer, das den größten Teil der Altstadt in Asche legte, vernichtete auch eine ganze Reihe von Kaffeehäusern, die gerade in den Stadtteilen lagen, in welchen das entfesselte Element am heftigsten wütete.

Mit dem Wiederaufbau wurde rasch begonnen. 1667 wird als eins der besuchtesten das schon oben erwähnte Garraway's genannt. Nach Ellis taucht in London Pascal, dem in Paris das Glück wenig gelächelt hatte, wieder auf und beteiligte sich an der Neuaufrichtung, „aber aus Mangel an Geschäftstüchtigkeit nicht mit großem Erfolg" (Ellis ebenda).

Vom Jahre des denkwürdigen großen Feuers an dürfen wir eine stetige, überaus rasche Entwicklung des londoner Kaffeehauses annehmen. Der Londoner der damaligen Zeit war weniger häuslich als heutzutage. Das Ideal der Puritanerzeit, ein,,home" mit der Gemütlichkeit des molligen Kamins, war langsam am Erblassen. Der Engländer von damals stand noch immer unter dem Alpdruck des unfrohen Puritanertums. Er war mehr großer Geselligkeit bedürftig, und wo konnte er seine Tage, besonders die Abende, billiger und angenehmer als im Kaffeehaus verbringen? Überall fand er mühelos ihm zusagende Gesellschaft. Covent Garden und die angrenzenden Straßen war damals die Gegend der meisten Vergnügungsstätten, des feinen Lebensgenusses, vor allem der Nachtlokale. Hier siedelten sich auch die Kaffeehäuser an. In der Russel Street, zwischen Covent Garden und dem Drury Lane Theatre öffneten Will's, Button's und Tom's, drei der berühmtesten, ihre Pforten.

Gegen 6 Uhr abends füllten sich die Räume. Man kam weniger zum Genuß des ,,black and bitter drank called coffee"

bis zur Jahrhundertwende.

[ocr errors]

als zum Klatsch, zum Besprechen wichtiger Tagesereignisse, zur Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten vor allem aber, um über die politische Lage sich zu unterhalten. Denn „wer“, fragt Defoe, „wird ins Kaffeehaus gehen, wenn es dort keine Neuigkeiten gibt?" Die Wogen der Erregung gingen damals hoch, genährt durch den Kampf der Reaktion gegen das Puritanertum. Es ist selbstverständlich, daß auch das Kaffeehaus durch seine enge Berührung mit dem praktischen Leben und seine verschiedenartige Besucherschaft von diesem Streite widerhallte.

Doch vor eingehender Beschäftigung mit diesem Punkte sei auf den Kampf mit einem eigenartigen Feinde hingewiesen: es sind die londoner Frauen. Ganz im Gegensatz zur pariser Damenwelt standen sie dieser Neuerung im gesellschaftlichen Leben der Hauptstadt wenig sympathisch gegenüber. Wie es scheint, bestanden die Besucher anfangs nur aus Männern. Die so Abend für Abend verlassenen Hausfrauen setzten 1674 einen geharnischten Protest gegen diese Miẞachtung auf. Sie veröffentlichten ein Pamphlet:,,The Women's Petition against Coffee, representing to Publick Consideration the Grand Inconveniences accruing to their Sex from the Excessive use of that Drying, Enfeebling Liquor."

Der Inhalt, den die Überschrift mit herzhafter Offenheit ankündigt, läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Sie klagen, daß der Kaffee,,made men as unfruitful as deserts whence that unhappy berry is said to be brought: that the offspring of our mighty ancestors would dwindle into a succession of apes and pigmies.“

Noch im gleichen Jahre setzten die Männer ihre Erwiderung auf, die,,Men's answer to the Women's Petition against Coffee : Vindicating their own Performances, and the Virtues of their Liquor, from the Undeserved Aspersions lately cast upon them, in their Scandalous Pamphlet."

Der Klageruf der verlassenen Hausfrauen verhalte ungehört. Weit auffallender ist die Tatsache, daß keinerlei Proteste der Wirtshausbesitzer erfolgten. Der Grund liegt wohl darin, daß viele es vorzogen, einfach ins feindliche Lager überzulaufen und ihre Kneipe in ein Kaffeehaus zu verwandeln, wie es zum Beispiel mit Will's, dem berühmtesten aus der

Restaurationszeit, geschah. Dagegen erhoben sich andre Kassandra-Rufe, von denen einige im,,Harleian Miscellany" sich finden.

Ein Pamphlet bringt folgende Gründe vor (8, 561): „Die Kaffeehäuser sind große Feinde der Sorgfalt und des Fleißes und sind der Verderb manches ernsten und hoffnungsvollen Herrn und Kaufmanns gewesen, die vor dem Besuch dieser Plätze fleißige Studenten oder Ladeninhaber waren. Wenn sie Freunde treffen, haben sie da 3 oder 4 Stunden gesessen. Dann, wenn ein neuer Bekannter erscheint, und so einer nach dem andern den ganzen Tag über, haben sie häufig 5 oder 6 Stunden zusammen in einem einzigen Kaffeehaus zugebracht."

In einem ebenda (8, 559) abgedruckten Vorschlag äußert ein Volkswirtschaftler seine Bedenken, die das Problem von einer ganz andern Seite beleuchten: „Die Kaffeehäuser hindern vielfach den Absatz von Gerste, Malz und Weizen, die Erzeugnisse unsres Landes, und dadurch drücken sie die Preise dieser Getreidesorten, folglich den Pachtzins des Landes; und das zum Ruin der Pächter, die ihr Korn, wenn sie es haben, nicht verkaufen können. Das ist zum Verderb der Gutsbesitzer, deren Pachtinhaber nicht imstande sind zu zahlen, weil sie keinen Absatz für die Erzeugnisse ihrer Meierhöfe haben."

Ein drittes Flugblatt endlich (Bourne 1, 54) aus etwas späterer Zeit rührt soziale Saiten: der Verfasser schimpft über die Gier der großen Menge nach Tagesklatsch, den „wütenden Kitzel nach etwas Neuem". „Es ist seitdem immer wie eine wahre Seuche gewesen, daß es sich als verhängnisvoll für manche Familien erwiesen hat, indem die gewöhnlichsten Kleinkaufleute und Handwerker ganze Tage in Kaffeehäusern verbringen, um Neuigkeiten zu hören und über Politik zu schwatzen, während ihre Frauen und Kinder zu Hause nach Brot verlangen, und da ihr Geschäft vernachlässigt wird, werden sie selbst ins Gefängnis geworfen oder gezwungen, zum Soldatenhandwerk zu greifen.“

Alle diese Warnungen und Klagerufe haben den Lauf nach freier Entwicklung nicht hemmen können. Eine viel ernstere Gefahr wuchs dem Kaffeehaus in seinen eigenen Reihen durch die zunehmende Umwandlung in politische Klubs. Ebenso wie Kaufleute es liebten, dort ihre Geschäfte abzuschließen,

« VorigeDoorgaan »