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schaftlichkeit beruflicher und politischer Interessen, teilweise durch die Persönlichkeit ihres Führers zusammengehalten. Addisons Wesen und Charakter eignete sich hervorragend zu solcher Stellung. Sein Takt, vor allem seine glänzende Unterhaltungsgabe, die zwischen und über den verschiedenen Mitgliedern stand, wird von seinen Zeitgenossen als das alle einigende Band gerühmt. So Steele in einem Brief an Congreve (Montgomery 1, 178): „Jene lächelnde Freude, jene feine Satire und anmutige Spöttelei bei Addison, wenn er sich frei inmitten seiner Busenfreunde gab ich sage, wenn er frei war von jener bemerkenswerten Schüchternheit... Er war allen Männern an jener Gabe überlegen, die wir Humor nennen, und besaß ihn in solcher Vollendung, daß ich oft nach einem mit ihm verbrachten Abend gedacht habe, ich hätte das Vergnügen gehabt, mit einem vertrauten Bekannten von Terenz und Catull mich zu unterhalten." Pope, obwohl manchmal von Addison mit Zurückhaltung behandelt, bemerkt (ebenda): ,,Seine Unterhaltung hatte etwas mehr Bezauberndes an sich, als ich bei irgendeinem andern Mann gefunden habe.“

Jene für sein Wesen charakteristische Schüchternheit wird von vielen, die ihn bei Button's näher kennen lernten, bezeugt. Er konnte dort drei, vier Stunden im trauten Freundeskreise sitzen, die unvermeidliche holländische Tonpfeife im Munde, ohne daß ein Wort über seine Lippen kam. Er tat einmal den Ausspruch, eine richtiggehende Unterhaltung könne stets nur zwischen zweien zustande kommen. Chesterfield äußert sich über diese Zurückgezogenheit (Addisoniana 1, 90): „Er war der schüchternste und unbeholfenste Mensch, den ich je sah."

Dabei war er, wenn man von Swift absieht, über alle andern Mitglieder der unbedingte geistige Führer. Alle diese Männer waren ihm an Fähigkeit weit unterlegen, und einige von ihnen hatten sehr ernstliche Fehler", sagt Macaulay. Wenn er so schweigsam hinter seinem Täßchen Mokka saß, scheinbar geistesabwesend und unberührt, beobachtete er aufs schärfste die ihn umgebenden Erscheinungen. Nicht umsonst haben. seine Gestalten im Spectator", die Sir Roger de Coverley, Will Honeycomb und Sir Andrew Freeport, jenen unvergänglichen Wert, weil sie unmittelbar nach dem Leben geschaffen sind und wirkliche Menschen von Fleisch und Blut wie die Shakespeares darstellen.

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Aus welcher Zeit Swifts Beziehungen zu Addison stammen, ist unbekannt und wird verschieden dargestellt. Vielleicht haben sich die beiden Großen schon bei Will's kennen gelernt, vielleicht aber auch hat Sir William Temple ihre Bekanntschaft vermittelt.

Die bekannte, von vielen Biographen wiedergegebene Anekdote von Swifts erstem Auftreten, so gut sie auch zu Button's passen würde, gehört in ein andres Kaffeehaus. Er erschien 1701 zum ersten Male vor dem Forum der literarischen Welt mit einem politischen Pamphlet, 1704 mit seinem „,Tale of a Tub". Während dieser Zeit aber reiste Addison auf dem Kontinent und setzte erst 1712 seinen Diener Daniel Button ein: so kann unmöglich Addison und seine Schar den,,mad parson" dort beobachtet haben. Die köstliche Szene hat sich vielmehr im St. James's abgespielt, das Swift von allen Kaffeehäusern am meisten durch seinen Besuch auszeichnete.

Ein andres Bild, genau nach dem Leben gezeichnet, gehört hierher, das vor allem den Zeitumständen nach sich gut einfügt. Bischof Dr. Kennet gibt es in seinem Tagebuch unter dem 2. November 1713 wieder (Carruthers S. 103): „Dr. Swift kam ins Kaffeehaus und grüßte jeden durch eine Verbeugung, mich ausgenommen. Als ich in das Vorzimmer kam, war er der Mittelpunkt aller Gespräche und war lebhaft tätig wie einer, der Gesuche anbringt. Er bat den Grafen von Arran dringend, mit seinem Bruder zu sprechen . . . Er hielt Herrn F. Gwynne an... Er sprach zum Sohn von Dr. Davenant und zog sein Taschenbuch heraus und schrieb Verschiedenes nieder, als müsse er es sich merken. Er wandte sich dem Kamin zu und holte seine goldene Uhr hervor, teilte ihm die Tageszeit mit und klagte, daß sie sehr spät gehe. Ein Herr meinte, er habe es zu eilig. Was kann ich daran machen", erwiderte Dr. Swift, wenn die Hofleute mir eine Uhr schenken, die nicht richtig gehen will?" Dann belehrte er einen jungen Herrn, daß der beste Dichter in England, Pope, ein Papist sei der mit einer Übertragung Homers in englisches Versmaß begonnen habe."

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1705 war Swift mit Addison bereits eng befreundet, denn letzterer schenkte ihm ein Exemplar seiner „Travels in Italy" mit folgender Widmung: „Jonathan Swift, the most agreable companion, the truest friend, and the greatest genius of his

age, this work is presented." Swift war häufig bei ihm mit Steele zusammen zu Gast und besuchte mit ihm abends die Kaffeehäuser. Ihre Beziehungen, die bei der großen Verschiedenheit ihres Temperaments und der politischen Überzeugung kaum sehr herzlich gewesen sein können, erkalteten Anfang 1711 wieder, als der Verfasser des Tagebuchs an Stella dort bemerkt: „All our friendship and dearness are off.“

Nach Timbs ist Swift erst seit 1714 ein Freund und Besucher von Buttons Kaffeehaus. Bei seiner kurzen Blütezeit kann es sich nur um einige Male handeln und verdient kaum erwähnt zu werden.

Eine Anekdote knüpft sich an seinen Aufenthalt bei Button's, von Sheridan wiedergegeben (1, 66). Dr. Arbuthnot ist dabei, in großer Hast einen Brief voller Tintenflecken zu beenden. In seiner Eile findet er die Streusandbüchse nicht und wendet sich an den neben ihm sitzenden Swift: „Pray, sir, have you any sand upon you ?" "No, but I have the gravel, and if you will give me the letter, I'll p-ss upon it." Durch solch seltsame Einleitung wurde die Bekanntschaft dieser beiden bedeutenden Geister geknüpft.

Pope kann wenigstens für eine Zeitlang zu den regelmäßigen Besuchern bei Button's gerechnet werden. Sein Verhalten dort ist durch ewige Eifersüchteleien und Händel mit den andern Dichtern charakterisiert. Er wurde 1711 mit Addison und Steele zu gleicher Zeit näher bekannt, als er an diesen wegen seiner freundlichen Stellungnahme zum „Essay on Criticism“ schrieb. Aber nicht Steele war der wirkliche Verfasser des ,,Tatler"-Artikels, sondern Addison,,,with whom I will make you acquainted", wie er ihm als Antwort zurückschreibt. So näherte sich Pope dem Führer der Wits bei Button's. Leider ließ er sich später dazu verleiten, seinen Briefwechsel mit Addison vollständig zu verstümmeln, so daß sich aus ihm sehr wenige Anhaltspunkte über seine Besuche in jenem Kreise bieten. Daß die Beziehungen zwischen beiden eng waren, erhellt aus der Tatsache, daß Pope zum „Cato“ den Prolog verfaßte. Solange die Freundschaft anhielt, wird er gerne bei Button's verkehrt haben. Nach Carruthers (S. 57) „trafen sich gegen Ende des Jahres 1712 und ganz 1713 hindurch Pope

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und Addison häufig in diesem berühmten Sammelpunkt der Schöngeister."

Trotzdem fragt es sich, ob er sich dort durch seine Temperamentsausbrüche viel Zuneigung erworben hat. Er gesteht selbst (Malone S. 494), daß er,,for about a year" in diesem Kreise verkehrt habe,,,but found it too much for me, it hurt my health and so I quitted it." Popes Freundschaften waren nie von langer Dauer: selbst die mit Addison war großen Schwankungen unterworfen. Im Sommer 1714 richtete Dennis auf letzteren wegen des „Cato" heftige Angriffe. Er selbst gab zu,,,that Pope indirectly instigated this attack through the bookseller Lintot" (Stephen S. 53). Addison war,,in his majestic way" gleich bereit, durch Steeles Hand zu vermitteln: am 20. August fand eine Unterredung beider statt, und die Wiederaussöhnung erfolgte.

Dies Band war so wieder geknüpft: aber sollte es wirklich von Bestand gewesen sein? Popes maßlose Eitelkeit und nimmermüde Eifersucht wachte über den Erfolgen seiner Freunde und Nebenbuhler, die, oft nur mühsam zurückgedämmt, doch eines Tages emporquoll und alle noch so erprobten Bande zerriß. Seine ätzende Satire schreckte vor niemand zurück. Pope selbst gesteht in einem Briefe an Craggs (Aitken 2, 115): ,,I fear no arbitrary highflying proceeding from the small courtfaction at Button's." Cibber hält ihm in einem Brief, in dem er auf Popes Verhältnis zu den andern Schöngeistern zurückkommt, vor: „Selten war da ein Herr, über den Euer unvorsichtiges Temperament nicht mit irgendeinem beißenden Epigramm hergefallen wäre, unter denen sich auch ein Tartar, der gleichfalls Hirtengedichte verfaßte, befand."

Dieser Tartar war Ambrose Philips. Sein Streit mit Pope ist nur ein Symptom und die elektrische Entladung der Spannung, in die sein,,satirical itch of provokation" die Tafelrunde versetzt hatte. Der Schauplatz dieser heißen Fehde ist Button's. Philips verkehrte hier als Schöngeist und überzeugter Whig seit dem Verlassen der Universität Cambridge.

Noch im St. James's College war er mit,,Six Pastorals" an die Öffentlichkeit getreten, denen im,,Guardian" hohes Lob gespendet wurde. Pope kannte Philips sehr gut und versichert in einem Brief vom 8. Juni 1714, daß er bei Button's ,,almost every night in the same room with him" weilte. Die

günstige Kritik ließ seine Eifersucht erwachen, als er las, diese Hirtengedichte sollten zu den besten seit Spencer gehören. Er selbst wurde mit keiner Silbe erwähnt, obwohl seine eigenen im gleichen Bande erschienen waren.

Flugs schrieb er einen ironisch gehaltenen Aufsatz über diese Dichtungsart, in dem er seine eigenen mit denen von Philips verglich, und ging darin so weit, zu leugnen, daß seine eigenen überhaupt Anspruch erhöben, Hirtengedichte genannt zu werden. Er schließt (Addisoniana 1, 110):,, Though they were by no means Pastorals, yet they were something better."

Steele druckte diese Zuschrift an den,, Guardian" ahnungslos ab. Die Schöngeister bei Button's hielten den Aufsatz für eine Kritik des Herausgebers an einem unbekannten Dichter; Addison allein durchschaute die ganze Entwicklung. Philips war aufs höchste empört: racheschnaubend hing er eine Birkenrute über Popes Stammsitz bei Button's und verschwor sich, ihn damit wie einen Schulbuben durchzuprügeln, sobald er seiner dort habhaft würde. Addisons Großmut suchte zu vermitteln vergebens. Pope ahnte wohl, daß der Gereizte Wort halten würde: er verließ Button's und fing an seine Beziehungen zu Will's wieder aufzunehmen. Im dritten Buch der,,Dunciad" nahm er später nochmal Gelegenheit, Philips den Eselstritt zu versetzen.

Ein andres Mal wurde Pope selbst das Opfer der Wut, die seine galligen Epigramme entfesselt hatten. Cibber und Lord Warwick gelang es 1714 einmal unter dem Vorwande, eine junge Schöne sei begierig, seine Bekanntschaft zu machen, Pope in ein Haus am Hay Market zu locken. Der Dichter trat da,,in the character of a gallant" auf, bis er merkte, daß er hereingefallen war. Obwohl er Spence gegenüber das mißlungene Liebesabenteuer als ,,an absolute lie" energisch in Abrede stellte, hatten doch die andern Dichter die Lacher auf ihrer Seite.

Für den völligen Bruch Popes mit Addison und den andern Wits liegt ein Zeugnis vom Juni des folgenden Jahres vor. Fast zur selben Zeit erschienen Tickells Übersetzung der Ilias und der erste Band von Popes Homer. Addison hatte jene vor der Drucklegung durchgesehen. Pope wurde vorher eingeweiht und war durchaus einverstanden, so daß es „für einen vernünftigen Menschen unmöglich erscheint, irgend etwas zu

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