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III. J. Payne Collier

ist am 17. September 1883, 94 Jahr alt, gestorben.

Der Psalmist sagt vom irdischen Leben:

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. . und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen!" Auf Wenige besser, als auf den Dahingegangenen, läßt sich dieses Wort anwenden — er hat ernst und hart gearbeitet, und ihm ist mehr Mühe als Anerkennung geworden; aber die Zukunft wird dankbarer sein, als die Gegenwart es war, und wird ihm den hohen Platz anweisen, den er sich ehrlich erworben hat.

Im I. Bande des Jahrbuches habe ich (pag. 205-210) ein so ausführliches Bild seiner wissenschaftlichen Persönlichkeit und Bedeutung gegeben, daß eine Hinweisung darauf jedes weitere Wort an dieser Stelle entbehrlich macht.

IV. Dr. L. Riechelmann,

Direktor des Realprogymnasiums zu Thann im Elsaß, der Herausgeber verschiedener Shakespeare-Stücke, hauptsächlich für den Lehrgebrauch, sowie auch des Werkes 'Lamb's Tales from Shakespeare', ist am 13. Juli 1883 gestorben.

Die Shakespeare-Gemeinde ist nicht reich genug an tüchtigen Kräften, um die Arbeitsleistung einer so bewährten Hand ohne Klage verlieren zu können. Der Verstorbene war Mitglied unserer Gesellschaft, und so trauern wir auch um den Kollegen.

V. Miss Jeane Rochfort Smith,

eine tüchtige Shakespearianerin, welche für die „New Shakspere Society" an einem Four-Text Hamlet arbeitete, ist beklagenswerther Weise im Alter von 22 Jahren an den Folgen von Brandwunden gestorben, die sie selbst sich durch Wegwerfen eines brennenden Streichholzes, das ihre Kleider in Brand setzte, zugefügt hatte.

VI. Arthur Hager.

Der Verstorbene war einige Jahre Mitglied unserer Gesellschaft. Er hat gewiß geglaubt, eine Pflicht zu erfüllen, als er einen Familien - Shakespeare, in katholischem Sinne bearbeitet, herausgab.1) Hager (geboren 21. April 1835 zu Altenburg) war jedoch kein geborener Katholik, sondern wurde erst 1873 katholisch, nachdem er vorher Gymnasiallehrer in Hildesheim und in Schwerin (1862-71) und Pastor in Rambow in Mecklenburg (1871-73) gewesen war. Er starb am 6. August 1883 zu Breslau, wo er 1873 die Leitung der katholischen „Schlesischen Volkszeitung" übernommen hatte.

1) Shakespeare's Werke. Für Haus und Schule deutsch mit Einleitungen und Noten bearbeitet von A. Hager. Bd. 1-6. Freiburg im Breisgau 1877-78. 8o.

Miscellen.

I. Shakespeare's Gebeine.

„Der Vorschlag sie auszugraben, betrachtet in seiner möglichen Beziehung zu seinen Abbildungen. Illustrirt durch Beispiele von Besuchen der Lebenden bei Todten. Von C. M. Ingleby, L. L. D., V. P. R. S. L., Ehrenmitglied der Deutschen Shakespeare - Gesellschaft und Life-Trustee von Shakespeare's Geburtsort, Museum und New Place at Stratford-upon-Avon. London, Trübner & Co. 57-59 Ludgate Hill. 1883.“1)

Der Gegenstand ist zu häufig behandelt, und hier durch einen zu hervorragenden Namen vertreten, als daß es nicht redaktionelle Pflicht wäre, dem deutschen Publikum Kenntniß davon zu geben. Mr. Ingleby hat mir seine Genehmigung zur Uebersetzung ertheilt.

Das Gefühl, welches die Ueberlebenden bei der Bestattung ihrer Todten leitet, und welches sich in einer Beziehung auf einen Aberglauben gründet, ist andererseits ein lobenswerther Ausfluß allgemeiner Menschlichkeit. Nämlich das Verlangen, das Gedächtniß an vergangenes Verdienst zu ehren und die „geheiligten Reste" durch die Errichtung eines Grabmals zu schützen, damit es ein sichtbares Zeichen der Achtung vor dem Todten sei und jenen Pilgern zum Sammelplatz diene, welche kommen, ihm ihre Ehrfurcht zu bezeugen dieses Gefühl errichtet Gedenktafeln auf unsern Kirchhöfen, und ruhmreiche Bildwerke, die noch heute so viele Begräbnißplätze vor Entweihung und unsere alten Gräber vor Belästigung gedankenloser, neugieriger und gewinnsüchtiger Leute bewahren.

Ein anderes Gefühl aber, dem vorigen verwandt, kann uns bei passender Gelegenheit auch anreizen, die Gebeine großer Männer wieder auszugraben, um ihnen eine passendere und ehrenvollere Ruhestätte zu gewähren. Das Hôtel des Invalides in Paris und die Basilika von San Lorenzo fuori le mura in Rom verdankt solchem Gefühle den Besitz von Reliquien, welche diese Gebäude zum natürlichen Sammelplatz für Pilger und Touristen machen. Es hieße überflüssige Worte machen, wollten wir weitere Beispiele anführen, um zu beweisen, daß die einfache Thatsache der Ausgrabung und Wiedereinsargung von Gebeinen großer Menschen in bestimmten Fällen allgemein als ein zu rechtfertigendes Verfahren gilt, nicht als eine Entweihung jenes ehrenhaften menschlichen Gefühls, welches die Grabstätten hütet und heiligt. Auch jüngst war es nicht die Sorge, heilige Gefühle zu verletzen, welche die Ueberführung von William Penn's Leiche nach Pennsylvanien hinderte; es unterblieb einfach, weil man fand, daß sie in seinem Heimathlande passend bestattet sei.

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1) Welchen Staub sit venia verbo Verzeichniß:

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diese Angelegenheit aufgerührt hat, beweist folgendes

Stratford-upon-Avon Herald 7. 9. 1883: The proposed Exhumation of Shakespeare's Remains. Opinions of the London Press; zwei Notizen resp. Proteste in Daily News; ferner Aufsätze aus dem Daily Telegraph; Daily Chronicle; Briefe von Halliwell, vom Herausgeber der Shakespeariana und mehreren Anderen.

Demnächst Abhandlungen aus Morning Post, Standard, Daily Telegraph, Birmingham Daily Gazette, Birmingham Weekly Post etc.

Auch hiervon befindet sich eine Sammlung in der Weimarer Sh.-Bibliothek.

Noch ein anderes an sich ehrenhaftes Motiv kann im selben Falle maßgebend werden und widerstreitet dem Ebengesagten nicht, kann aber nur bedingungsweise mit ihm in Einklang gebracht werden: nämlich der Wunsch, durch Ausgrabung eine vernünftige oder wichtige Streitfrage, die begrabene Person während ihres Lebens betreffend, zu lösen. Deshalb wird es als berechtigt anerkannt, eine vor Kurzem beerdigte Leiche zu exhumiren, sei es, um die Todesursache zu erkennen, oder um die bestrittene Identität festzustellen. Bei einem längst Verstorbenen gilt es gewöhnlich auch als erlaubt, die Leiche auszugraben, um Merkzeichen zu entdecken, die die Zeit nicht ganz vernichtet hat. Diese betreffen seine persönliche Erscheinung, die Größe und Form seines Kopfes und die charakteristischen Züge seines Gesichts.

Gegen Dieses als gegen einen Eingriff in die Grabesruhe oder als Beeinträchtigung der Rechte des Todten oder aus verwandtschaftlichen Gefühlen zu protestiren, dürfte selbst für den Pietätvollsten und Skrupulösesten kaum zulässig sein. Wenn Jemand seit langen Jahren im Grabe ruht, so werden durch die Ausgrabung wohl in den seltensten Fällen verwandtschaftliche Gefühle verletzt, und was seine Rechte betrifft, wenn von solchen überhaupt die Rede sein kann, so dürfen wir sicherlich das Recht dazu zählen, den Verdacht, unangenehme persönliche Defekte gehabt zu haben, die ihm durch Bosheit von Kritikern, oder durch Unfähigkeit von Malern und Bildhauern imputirt sind, zurückzuweisen, wenn seine Reste noch genügend erhalten sind. Mit einem Worte: wir schulden den Todten mehr als nur eine ungestörte Grabesruhe bis zu dem Zeitpunkte, wo seine Gebeine nicht mehr von der Erde, in der sie bestattet sind, unterschieden werden können; und diese Schuld zu zahlen soll uns keine sogenannte Heiligkeit des Grabes hindern.1)

Der andere Fall von Exhumation und feierlicher Wiederbestattung, welchen ich für genügend wichtig halte, um hier von ihm zu berichten, betrifft den großen Raphael. Bei ihm war der Grund nicht, wie bei Schiller, nämlich seine Gebeine einer würdigeren Ruhestätte zu übergeben, auch nicht, wie bei vielen anderen Fällen, einer krankhaften Neugierde zu genügen, sondern es mußte die Frage der bestrittenen Identität zum Austrage kommen. Dadurch hat der Fall Raphael eine besondere Beziehung zu dem hier Berührten. Ich ziehe das Folgende aus Mrs. James' „Lives of Italian Painters" ed. 1874 p. 258 aus.

„Im Jahre 1833 entstand unter den römischen Alterthumsforschern ein heftiger Streit in Betreff eines menschlichen Schädels, welcher, ohne sich auf irgend eine Autorität zu stützen, eine von Alters her angenommene Ueberlieferung ausgenommen, in der Akademie von St. Lukas als Raphael's Schädel bewahrt und ausgestellt wurde. Einige äußerten sogar Zweifel hinsichtlich des Orts seines Grabes, ob- gleich das Zeugniß von Zeitgenossen diesen Punkt festzustellen scheint. Die päpstliche Regierung und das Kapitel der Kirche della Rotonda (i. e. des Pantheon) erlaubten einige Nachforschungen, um die Angelegenheit feststellen zu können, und am 14. Sept. desselben Jahres wurden, nachdem fünf Tage damit zugebracht, die Pflasterung an verschiedenen Stellen zu entfernen, die Gebeine Raphaels in einem Gewölbe hinter dem Hochaltar entdeckt und als die seinigen durch unbestreitbare Belege anerkannt. Nachdem sie untersucht worden und von dem Schädel und der rechten Hand ein Abguß genommen war, wurde das Skelett öffentlich in einem Glaskasten ausgestellt, und Tausende strömten in die Kirche, um es anzusehen. Am 18. Oktober 1833 fand eine zweite feierliche Beisetzung statt. Die Gebeine wurden in einen Sarg von Fichtenholz gelegt, dieser dann in einen marmornen Sarkophag gethan, den Papst Gregor XVI. geschenkt, und im Beisein von mehr als dreitausend Zuschauern, unter denen alle Künstler, die Offiziere der Garnison und andere hochgestellte Personen aus Rom sich befanden, ehrfurchtsvoll in die frühere Gruft gesenkt."

Dieses Vorkommniß, wie wir im Folgenden zeigen werden, ist unser bester Beweis, daß eine sentimentale Achtung vor verstorbener Größe uns nicht abzuhalten braucht, eines großen Mannes Reste respektvoll zu untersuchen, wo

1) Es folgt hier eine sehr ausführliche Schilderung in Bezug auf Schiller's Gebeine; wir lassen sie natürlich, als allgemein bekannt, fort.

immer eine solche Untersuchung geeignet ist, eine Frage zu entscheiden, welche der allgemeinen Geschichte nicht gleichgiltig ist.

Toland erzählt, daß Milton's Leiche am 12. Nov. 1674 „nach der Kirche von St. Giles bei Cripplegate übergeführt worden ist, wo er in dem Chor begraben liegt, und wo die Pietät seiner Bewunderer binnen Kurzem ein Monument aufführen lassen wird, das seiner Größe und der Beförderung der schönen Wissenschaften unter König Wilhelm's Regierung entspricht."1) Es scheint, daß man seine Leiche neben die seines Vaters legte. Eine einfache Steinplatte deckte deckte das Grab. Diese wurde (wenn Aubrey's Bericht glaubwürdig ist) 1679 entfernt, als man die beiden Stufen, die zum Altar führen, aufbaute; die Ueberreste blieben jedoch sechszehn Jahre ungestört. In einem kleinen Buch von Philipp Neve Esqre (zwei Auflagen desselben wurden in einem Jahre veröffentlicht) wird berichtet, daß am 4. Aug. 1790 Milton's Sarg herausgenommen und seine Gebeine am 4. und 5. desselben Monats ausgestellt worden seien. Der große Herausgeber von Shakespeare, Mr. George Steevens, der gerechterweise die beabsichtigte, nicht ausgeführte Schmach brandmarkte, welche royalistische Marodeurs dem großen Puritaner-Dichter anthun wollten, überzeugte sich, daß die Leiche die einer Frau, und um mehrere Jahre jünger sei als Milton's. So war es die Vorsehung oder gutes Glück, welches den Haupttheil des ruchlosen Vorhabens vereitelte. Steevens' Versicherung gestattet anzunehmen, daß Mr. Philipp Neve's empörte Verwahrung nicht der einzelnen Frage, sondern mehr dem Allgemeinen gilt, und daß Milton's "heilige Reste noch ungestört in ihrem friedlichen Schreine ruhen." Ich habe dieses Beispiel angeführt, um zu zeigen, welcher Art die Handlung sein müßte, die ich verdammen und ebenso kräftig zurückweisen würde, wie Mr. Philipp Neve oder George Steevens. Eines Mannes Gebeine nach irgend welchem Zeitverlaufe ausstellen, in der Absicht, sein Andenken zu verunglimpfen, oder aus öffentlicher Schaustellung seines Staubes Gewinn ziehen, verdient ungemessenen und absoluten Tadel, und jede vernünftige Maßregel müßte ergriffen werden, Dergleichen unmöglich zu machen.

Noch ein Beispiel, wie tadelnswerth der Gebrauch ist, das Grab eines großen Feindes zu plündern. Oliver Cromwell wurde nach Aussagen völlig glaubwürdiger Augenzeugen auf dem Schauplatz seines großen Sieges beigesetzt, auf dem Felde von Naseby. Wie es heißt, stahl irgend ein royalistischer,,Philister" den einbalsamirten Kopf des großen Protektors. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts fand er seinen Weg nach London und wurde Nr. 5 Mead Court, Old Bond Street, ausgestellt.) Sir Joshua Reynolds soll ihn im Sept. 1786 an sich gebracht haben, und jetzt oder vor Kurzem bildete er einen Theil der Sammlung von Mr. W. A. Wilkinson von Beckenham. In einem der „Additional Manuscripts" im British Museum heißt es unter dem Datum vom 21. April 1813, es sei „heute morgen angeboten worden, den Schädel nach Soho Square zu bringen, um ihn Sir Joseph Banks zu zeigen. Dieser bat, man möchte ihn mit dem Anblick der Ueberreste des alten infamen Republikaners verschonen; schon die bloße Nennung seines Namens bringe sein Blut in Wallung." Vor vierzig Jahren wurde das Anerbieten wiederholt mit demselben Erfolg. Welch ein entzückendes Beispiel des Genus Tory war doch Banks." Schließlich ist es beruhigend zu wissen, daß er bei dieser Gelegenheit doch Recht hatte; denn wenn dieser Kopf auch zweifellos den Protektor in Tyburn vertrat und später auf die Spitze von Westminster Hall gesteckt wurde, so ist es doch fast feststehend, daß es nicht der von Oliver Cromwell gewesen. Seine Gebeine modern wahrscheinlich friedlich in dem unbekannten Grabe auf Naseby's Feld.")

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Noch ein Beispiel von Raub am Grabe eines berühmten Mannes, durch den Aberglauben von Vielen und das Gelüst eines Einzelnen veranlaßt, will ich anführen. Swedenborg war in der Gruft der schwedischen Kirche in Prince's Street am 5. April 1772 begraben worden. Um den Streit zu beendigen, ob Swedenborg wirklich todt und begraben sei, wurde der hölzerne Sarg 1790 geöffnet und der bleierne über der Brust angesägt. Einige Tage darauf besuchte eine Gesellschaft

1) The Life of Milton, London 1699 p. 149.

2) Morning Chronicle, March 18, 1799.

8) S. Notes and Queries, 1. S. XI 496 und XII 75.

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