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Jahren schrieb. Vielleicht theile ich einst den ganzen Brief mit. Es ist ein Mann, der sehr bekannt ist, und dessen Urtheil die Zunft der großen Schriftsteller und Philosophen, wenigstens derjenigen, die mit diesem Namen sich gern bezeichnet sehen, gewiß nicht verwerfen werden.

Man wird viele Fragen an mich thun; ich muß mich darauf gefaßt machen. Abèr Alles, was ich antworten kann, reduzirt sich ungefähr auf Folgendes: Das Werk, von dem ich eine Ueberseßung liefere, scheint ursprünglich griechisch geschrieben zu sein, obgleich meine Ueberseßung nur nach dem lateinischen Texte gemacht ist. Dieser war der einzige, den ich erhalten konnte. Ich kann nicht sagen, ob aus den Manuscripten der Orforder Bibliothek, oder aus dem Vatikan, oder aus der Verlassenschaft des seligen Askew, den ich kannte und dessen Manuscripte vor einiger Zeit in London verkauft worden find. Alles dieses benimmt dem Verdienste des Werks nichts und würde sehr wenig zur Genugthuung meiner Leser beitragen. Ich wage es also, fie zu bitten, meinem Geheimniß, wenigstens für einige Zeit, ihre Achtung nicht zu versagen. Ich würde es nicht thun, wenn das Werk, von dem die Rede ist, die Geschichte zum Vorwurf hätte.

Der Titel der lateinischen Uebersezung ist, so wie ich ihn gefunden habe, folgender: „Senis pythagorici, caeci, de natura ac phaenomenis rerum ad Theogenem filium, disputationes sex." Aber dieses ist nicht der Titel des ganzen Werks; es ist nur der von sechs Gesprächen oder Unterredungen, von denen ich heute die zwei ersten bekannt mache. Ich mußte also einen andern Titel unterschieben, und dieser war mir durch den ma

1 Der berühmte Mann, von dem hier die Rede ist, lebte noch damals, als dieses geschrieben wurde, im Jahr 1775. Seitdem ist er gestorben.

lerischen Standpunkk dargeboten, auf dem unser Philosoph sich befand, áls er seinem geliebten Schüler die Natur und den Urheber der Natur zeigte. Diesen Standpunkt beschreibt er selbst im Anfange seines ersten Gesprächs.

Ich habe durch das Wort: Unterhaltungen (Entretiens)" das lateinische Wort: Disputationes" überseßt. Dieses würde sich im Französischen sehr übel hier durch ein Wort verdolmetschen lassen, was nur im Geringsten ein Geruch von Controvers hätte, da das Werk, von dem die Rede ist, unendlich weit von allem dem entfernt ist, was Streit (disputes) genannt werden kann.

Ich habe mehr als einmal beim Fortgange meiner Ueberseßung, mehr noch, als beim Titel, wahrgenommen, und meine Leser werden es so gut, wie ich, wahrnehmen, sobald sie nur ein wenig ernsthaft über die Materie nachdenken wollen, daß es unmöglich ist, wörtlich zu übersehen, wenn man die Ideen eines Denkers von einer Sprache in die andere überträgt, besonders wenn die Sprachen so verschieden find, als die lateinische und französische, sowohl was den Genius der Sprache, als die Wendung der Phrasen betrifft. Dieses wird man noch besser in Beziehung auf unsern Schriftsteller einsehen, wenn ich einst den lateinischen Text publizire, wie es gar wohl möglich ist. Unterdessen kann das Publikum sich von diesem Terte eine Idee machen, sowohl durch den lateinischen Titel, den ich schon gegeben habe, als durch die ersten Zeilen und den Anfang des Werkes selbst: „Fili mi, iam desine querelarum; non omnis mihi voluptas cum hac usura lucis erepta est. Mundi incola etiamnunc, illum, qui late patet intueor. Quo me cunque ago, obviam habeo artificem illam mentem manumque, quae numquam cernenda oculis nusquam non occurrit, omnium rerum effectrix vel potius efficiens caussa." Ich habe dieses etwas weitläufig überseßt, wie man sehen wird, und ich habe dasselbe so mit allem Uebrigen gemacht. Bald habe ich paraphrafirt, bald abgekürzt, und wo der

und wenn er

Baum zu dicht war, ihn beschnitten, und überall habe ich mich so viel möglich Herr meines Gegenstandes zu machen gesucht. Sollte ich merken, daß diese freie Art nicht mißfällt, so werde ich dasselbe bei den folgenden Gesprächen thun. Ich werde dadurch mir eine gewisse Leichtigkeit verschaffen, in einer Sache, die sonst viel Schwierigs keiten hat, und die, besonders in den sechs ersten Gesprächen, die abstraktesten Materien behandelt, wo der Verfasser, (wie der Philosoph, den ich oben genannt habe, und der alle Fähigkeit hat, davon zu urtheilen, die Bemerkung machte,) eine Höhe erstiegen hat, die sonst schwer zu erreichen ist. Uebrigens hat Plato gesagt es auch nicht gesagt hätte so wäre es doch nicht weniger wahr: „Alles, was schön ist, hat fast immer seine Schwierigkeiten!" Ein besonderes Verdienst unsers Verfassers, ein Verdienst, welches nur den schönen Geistern des Alterthums eigen war, und welches nur sehr Wenige aus der neuern Zeit mit ihnen getheilt haben, ist dieses, daß er fast immer Empfindung mit Bildern verbindet, und ob er gleich in Prosa schreibt, doch sehr oft ein Poet ist. Es fehlt uns ein Fenelon, um ein solches, Werk zu überseßen. O Fenelon! o mein Meister! welcher Andere, als du, hat es so verstanden, diese Sanftheit und diese Majestät des Styls mit allem dem zu verbinden, was die Philosophie des Herzens nur Rührendes haben mag? Vermittelst einer solchen Feder hätte der ganze Reichthum der Materie, welche unser alte blinde, aber sehr hellsehende Philosoph zu behandeln unternommen hat, sich unter der Hand des Uebersezers völlig entwickelt. O Fenelon! wenn du von dem Size der Seligen herunter, wohin deine Tugend dich gewiß erhoben hat, mit einem deiner Blicke den Schriftsteller begünstigst, der dieses Tagwerk unternommen hat; wenn du ihn würdigest, seinen Geist zu leiten und seine Feder zu führen, dann kann er hoffen, das zu endigen, was er zum Nußen seiner Mitmenschen angefangen hat, um sie anzus feuern, Wahrheit zu suchen und der Tugend nachzujagen. In dies

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ser Rücksicht werde ich dich öfters im Geiste zu Rathe ziehen, werde öfters dich anrufen und mich unaufhörlich mit der Lektüre deiner unsterblichen Schriften nähren.1 Ich werde versuchen, dir nachzufolgen. Aber, ach! es wird der Fall sein, wie mit Askan bei Virgil: Non passibus aequis. Thut nichts! „Es ist auch noch schön sagte Cicero, dieser Mann, den man so gerne citirt, und den rechtschaffenen Mann und großen Philosophen lieber noch, als den Redner, den auch der Verfasser, welchen ich überseße, so gern citirt, weil er aus den Werken dieses berühmten Römers die Apophtegmen oder Motto's genommen hat, die er allezeit an den Anfang seiner Gespräche sezt: „Es ist auch noch schön, im zweiten oder dritten Range stehen zu bleiben, -wenn man alle seine Kräfte angewendt hat, um in den ersten zu kommen.“

Ich will die Vorrede damit endigen, daß ich die besondern Titel der Gespräche, deren Zahl bis auf dreißig sich erstreckt, hieher seße. Dabei wird man auch leicht beurtheilen können, ob ich Unrecht hatte, zu sagen, daß das Werk interessant sei, wenigstens durch seinen Gegenstand und Gang, den der Verfasser geht. Hier die Liste:

Von der erschaffenen Natur. Erstes Gespräch.
Folge. Zweites Gespräch.

Dieses sind die beiden Gespräche, die wir hier mittheilen und die wir den Malebranche. Clarke, Leibniz, Bonnet und allen Metaphysikern dieses Jahrhunderts in Europa dediciren.

1 Wirklich veranstaltet man davon eine complete Sammlung bei Didot zu Paris, wovon schon fünf Theile in Quart herausgekommen sind. (1787-92. 9 Vol.) Die Ausgabe ist prächtig oder vielmehr von der größten Schönheit, Simplicität, Niedlichkeit, wie Alles, was die Presse dieser Herren verläßt, die ihre Kunft auf den höchften Grad von Vollkommenheit gebracht haben, wovon ihre Ausgaben zum Gebrauch des Dauphins und andere mehr der beste Beweis find.

Das dritte, vierte, fünfte und sechste Gespräch handelt von derselben Materie.

Gott, diese große phyfische Wahrheit. Siebentes Gespräch.

Gott und die denkenden Wesen. Achtes Gespräch.
Gott und die Welten. Neuntes Gespräch.
Vorsehung. Zehntes Gespräch.

Gebet oder Unterredung mit Gott. Dieses der Inhalt des eilften und zwölften Gesprächs.

Von der Perfektibilität des Menschen. Dreizehntes Gespräch.

Philharmonika oder Idee und Liebe der Ordnung. Dieses ist die Moral, auf Einen Grundsaß zurückgeführt, und macht das vierzehnte, fünfzehnte und sechszehnte Gespräch aus.

Freuden und Ruhe der Seele. Siebzehntes Gespräch.
Vergnügen. Achtzehntes Gespräch.

Der Mensch unterrichtet durch Empfindung. Neunzehntes Gespräch.

Orpheus, oder der wahre Gebrauch der Dicht- und Singkunst. Zwanzigstes Gespräch..

Bom Tode. Einundzwanzigstes Gespräch.

Schwanengesang, oder Leben nach dem Tode und Unsterblichkeit. Zweiundzwanzigstes Gespräch.

Von der Weisheit der Alten. Dreiundzwanzigstes Gespräch.

Das Porträt und seine Copien, oder Bemerkungen über die Geschichte. Vierundzwanzigstes Gespräch.

Die großen Männer aus dem profanen Alterthum, oder Numa, Pythagoras, Zoroaster, Sokrates und Confucius. Fünfundzwanzigstes Gespräch.

Erfindungen und Künste. Sechsundzwanzigstes Ge

spräch.

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