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Mittheilungen.

Bitte wegen Lebensbildern aus der industriellen Welt.

In wie hohem Grade gut gezeichnete Lebensbilder auf die Berufsgenossen ebenso wie auf die noch nicht zur Standeswahl gelangte Jugend anregend und bestimmend wirken, ist unseren Lesern gegenüber wohl überflüssig zu erörtern. Wohl aber dürfen wir aufmerksam machen auf das, was in dieser Richtung bei uns geschieht oder vorbereitet wird, und gereicht es uns zur hohen Befriedigung, zu vernehmen, daß die „Desterr. Revue" im letzten Hefte des Jahrganges 1867 eine umständliche Monographie über Adalbert Lanna bringt. Wird diese Arbeit gleichwohl nach der Natur jenes trefflichen Sammelwerkes nicht in die Massen des Volkes dringen, so ist doch auch für ein größeres Publicum gesorgt, indem der von uns auf Seite 366 des vorigen Jahrgangs unserer Blätter angezeigte „Volks- und Wirthschafts-Kalender" in der „Ehrenhalle" drei umfassende Lebensbilder österreichischer Industrieller bringt, nämlich von Rudolph Haidinger, Adalbert Lanna und Thomas R. v. Moro, Auffäße, welche zugleich als Beiträge zur Geschichte der Industrie gelten können.

Wir kommen darauf zurück, weil wir unseren Lefern eine Bitte des Verfassers dieser Skizzen recht warm an's Herz legen möchten; selbe geht nämlich dahin: über im Jahre 1867 verstorbene Personen, welche im Gebiete der Industrie als Unternehmer oder Arbeiter durch Bildungsweg, Talente, Thatkraft oder Erfolge irgendwie aus der Menge herausragen, die bezüglichen Daten behufs Abfassung von Lebensskizzen, welche in die 1867er Ehrenhalle (Kalender für 1869) eingerückt werden sollen, einsenden zu wollen. Ganz besonderes Gewicht würde dabei auf Alles gelegt, was den persönlichen Charakter, Geist und Herz des Betreffenden zu kennzeichnen geeignet wäre, da es sich nicht um die trockene Ausfüllung einer Gedenktafel, sondern um die Herstellung lebenswarmer Porträts handelt.

Die Redaction dieser Blätter ist bereit, derlei Mittheilungen zu übernehmen und an den Verfasser der Ehrenhalle zu befördern, sowie das etwa nur gegen Rückschluß einlangende Material den Einsendern seinerzeit zurückzustellen. Schließlich wird gebeten, derlei Mittheilungen bis längstens Ende März d. 3. an uns gelangen lassen zu wollen. Die Redaction.

Der heutige Stand der Tapetenfabrication*).
Von Prof. W. W. F. Exner.

Die Verantwortlichkeit für das Thema, welches ich zu besprechen habe, lastet schwer auf mir. Gestatten Sie mir, meine Herren und Damen, daß ich die Wahl des Thema's: „Tapetenfabrication“ und damit mein Auftreten im k. k. Museum rechtfertige.

Beim Kunstgewerbe wirken, wie der Name schon sagt und wie vielfach erörtert wurde, zwei Factoren zusammen: die hohe heilige Kunst, die verschönende, des Menschen edelstes Schaffen, und das mühsame, rastlose Gewerbe, das erfindungsreiche, des Menschen Ernährer. Beim kunstgewerblichen Product gibt es einen Leib und eine Seele. Der erstere ist das, welches nüßt, dient und befriedigt. Er wird vom Gewerbe geschaffen. Die Kunst haucht die Seele ein, indem sie dem Dinge das gibt, was entzückt, begeistert oder doch anzieht.

Das f. f. österr. Museum erblickt seine erhabene Aufgabe in erster Linie darin, den erloschenen Kunstsinn im Gewerbe neu zu beleben, die Producte des Gewerbsmannes zu veredeln. Das Museum stellt im Haushalte des Gewerbes das Weib dar fügt zu dem Guten den Glanz und den Schimmer und ruhet nimmer“.

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Das Museum vertritt vor Allem die Forderungen der Kunst und fragt das werdende Product: Wirst du edel geformt, wirst du schön?" Das Museum muß aber auch die Vollkommenheit des Gewerbes anstreben und daher fragen: „Wirst du dauerhaft und

*) Nach dem vom Hrn. Prof. Exner am 19. December 1867 im f. 1. ößterr. Museum für Kunst und Industrie gehaltenen Vortrage.

zweckmäßig sein, wirst du billig zu stehen kommen, wirst du bald fertig, kann ich dich in beliebiger Menge haben?" Es ist unleugbar, daß heute die Fragen der ersten Kategorie die opportuneren sind; denn unsere österreichischen Gewerbsproducte sind zumeist ohnehin gut, zweckmäßig und billig, aber sie sind nicht zumeist schön.

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Das t. I. österr. Museum stellt in seinem Titel für Kunst und Industrie“ die Kunst voran, aber es erklärt die Industrie für gleichberechtigt mit der Kunst durch das Wörtchen „und“. Ja, wenn unser Museum auch diese Gleichberechtigung von vorneherein nicht anerkannt hätte, es hätte sich dazu bequemen müssen, nicht blos ver Muse zu dienen, sondern auch dem schweißtriefenden Arbeiter die Hand zu reichen.

In den früheren Epochen des Kunstgewerbes, wo der Bronzegießer seine Werke selbst zeichnete, wo der Goldschmied im feinsten Verständnisse der Eigenthümlichkeiten des Materiales und durchdrungen von der Geschmacksrichtung seiner Zeit sich selbst die eble Form erfann für das Geräth; damals, wo Gedanke und Ausführung von einem 3ndividuum geschaffen wurde, Seele und Leib, damals konnte die einseitige Pflege der Kunst und des Gewerbes nicht schädlich werden. Heute aber, wo es keinen Kunstgewerbemann mehr gibt, sondern in der Regel einen Künstler und einen Gewerbsmann, die mit einander das Künstlergewerbe treiben, heute also wäre die Pflege des einen oder anderen Factors, Kunst oder Gewerbe, vom Uebel. Deßhalb darf, meine Herren und Damen, in einer Kunstgewerbeschule die Lehrkanzel für Technologie der Kunstgewerbe nicht fehlen, deßhalb darf ein Kunstindustrie-Museum die Fortschritte des Gewerbes nicht vornehm ignoriren.

Daher kommt es, daß die über den Vorwurf einer Unterlassungsfünde erhabene Direction unseres Museums z. B. eine Bausteinsammlung anlegt und u. a. in dem Programme der von ihr veranstalteten Vorträge auch solche aufnimmt, die sich mit dem Stande der Industrie befassen. Zu diesen gehört nun auch der meinige.

Nachdem ich mich der Hoffnung hingebe, dessen Berechtigung nachgewiesen zu haben, bitte ich Sie, meine Herren und Damen, nicht etwa als façon de parler, fondern aus voller Ueberzeugung von dem Bedürfnisse, um Nachsicht für mein Thema und für mich. Ich führe Sie nicht ein in den Tempel der Kunst, sondern ich zwinge Sie zu einem Besuche der rauch-, staub- und dunsterfüllten Werkstätte, in der Maschine und Mensch um die Wette arbeiten.

Nachdem Herr Custos Dr. Falke in seinem Vortrage über textile Kunst in wenigen Worten die bei der Tapetenerzeugung eingehaltene und zum Theile auch nicht eingehaltene Kunstrichtung zu charakterisiren verstand, werde ich die Ehre haben, Ihnen am heutigen Abend die Fabrication der Tapete zu schildern.

Der Hauptrohstoff für die moderne Tapete ist das Papier. Wir bekleiden die Wände unserer Wohnungen nicht mit kostbaren seidenen Geweben, wie alte Culturvölker; wir begnügen uns mit dem Bilde des Gewebes auf Papier, wir täuschen uns selbst. Daß dies aber so sehr möglich ist, verdanken wir der hohen Vollkommenheit des. Papieres.

Die moderne Tapete hat daher auch keine Geschichte, die in das graue Alterthum reicht. Die Geschichte der Papiertapete beginnt mit der Erfindung der Papiermaschine. Zur Zeit der Erfindung der Papiermaschine, eben damals, als auch die Chlorbleiche reformirend, ja man könnte sagen, revolutionirend quf das Geschäft des Papiermachens Einfluß nahm, war in England und Frankreich das Bemalen von Papierbogen aus freier Hand oder mittelst Schablonen zum Behufe der Wanddecoration allerdings in Betrieb und dienten, wie behauptet wird, zum Theile chinesische Buntpapiere als Vorbild. Von der Erfindung der Papiermaschine bis heute, diese lette Periode in der Geschichte des Papieres könnte man dessen neue Zeit nennen, und nur mit dieser werden wir uns zu befassen haben. In dieselbe Periode fällt Alterthum, Mittelalter und Neuzeit der Papiertapete, wenn wir von den Leistungen China's absehen wollen.

Bevor ich die Erfindung der Papiermaschine, mit der das Papier erst das wurde, was es heute ist, und vor der nur Versuche und Anfänge in der Tapetenerzeugung vorkamen, bespreche, erlauben Sie mir, Ihnen, hochverehrte Versammlung, folgende Frage zu beantworten:

Wie macht man das Papier?

Am besten eignen sich zur Erzeugung von Papier die Flachs- und Hanffasern, besonders dann, wenn sie vorerst als Leinwand versponnen oder verwebt oder als Seilers waare gesponnen und gedreht in Verwendung standen.

Da die Erzeugung dieses Rohstoffes, der Hadern, aber eine begrenzte ist und die Steigerung des Papierbedarfes eine immense (heute werden 600 Millionen Pfund Papier erzeugt), so vertheuert sich derselbe immer mehr, und die Frage wegen Ersatzes der Leinen, Hanf und Baumwollfafern war von hoher Wichtigkeit. Schon vor 100 Jahren wurde dieselbe, trotz des damals noch verhältnißmäßigen Ueberflusses an Hadern, in Betracht gezogen, das Pflanzenreich wurde zu dem Ende bis in den äußersten Winkel durchstöbert und heute ist die Surrogatfrage dahin beantwortet, daß Holz, Stroh, und zwar ersteres von der Espe und Fichte, die besten Hadernfurrogate liefern.

Das Espartogras, von dem England im Jahre 1860 800 Tonnen, 1865 aber 50.000 Tonnen verbrauchte, wird als Hadernsurrogat eine große Rolle spielen.

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Die erste Aufgabe der Papierbereitung ist nun die Herstellung eines dünnflüssigen Breies aus Wasser und der betreffenden Pflanzenfaser, welchen man Zeug" nennt. Bei den Hadern geschieht dies durch eine Reihe von mechanischen und chemischen Vorgängen, bei welchen besonders jene Maschine, die Holländer heißt, die Hauptrolle spielt.

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Beim Holz besorgt fast die ganze Arbeit die Holzzeugbereitungs-Maschine", deren jeßige Vollkommenheit vornehmlich der Ausdauer und Genialität der deutschen Papiermacherfamilie Völter zu danken ist.

Auf der Pariser Ausstellung functionirte in einem Annex der sächsischen Section diese wundervolle Maschine und verarbeitete vor dem erstaunten Zuseher Holzklöße in jenen Brei, den Papierzeug.

Zu Tapetenpapier eignen sich aber vollständig Holz- und Strehmasse, welcher Umstand uns von der Gefahr befreit, durch die Krisis des Hadernmangels jenes wichtige Decorationsmittel zu sehr vertheuert zu sehen.

Die zweite Aufgabe der Papierfabrication ist die Formgebung des Papierzenges unter gleichzeitiger oder vorangehender Reinigung, Bleichung, Leimung und eventuellen Färbung.

Die Formgebung bestand aus den Vorgängen des „Schöpfens“, das ist das Herausfassen von Papierzeug mit einem rechteckigen ebenen Sieb, des „Gautschens“, das ist das Ablegen des nun noch sehr lockeren, nassen Papierbogens, des „Pressens" zwischen Filz, des abermaligen „Pressens", des „Trocknens" und des „Beschneidens“. Alle diese Vorgänge, zu denen ein Arbeiterpersonal von 9-10 Köpfen pr. Bütte, das ist der Trog, aus dem geschöpft wird, nothwendig ist, können durch eine einzige Maschine besorgt werden, welche aber in derselben Zeit mindestens 10mal so viel erzeugt, und diese werthvolle Maschine, welche viele Menschen von einer ihre Intelligenz nicht sehr in Anspruch nehmenden Arbeit dispensirt und per Jahr 3 Millionen Pfund Pa= pier zu liefern im Stande ist, das ist die Papiermaschine, deren Grundidee ein genialer Arbeiter, Louis Robert, in der Didot'schen Fabrik von Essonne im Jahre 1799 faßte und sich damit unvergänglichen Ruhm erwarb. Um die Einführung der Maschine, die erst durch manche Verbesserung sich Bahn brach, machten sich die Engländer und namentlich John Gamble, Henri Fourdrinier, Bryan Donkin und John Didinson verdient. Erst in den 20iger Jahren fand die Maschine am Continent allgemeinen Eingang.

Der wesentliche Unterschied zwischen Maschinen- und Schöpfpapiererzeugung, welcher auch auf die Tapetenfabrication von eminentem Einfluß war, ist der, daß bei ersterem Papier von beträchtlicher Breite und unbegrenzter Länge hervorgebracht werden kann, indem das Drahtsieb, auf dem sich das Papier aus dem Zeug bildet, immer fortbewegt wird. Auf der Ausstellung in London im Jahre 1862 sah man Maschinenpapier von Meile Länge ausgestellt.

Das Maschinenpapier wird in England am vollkommensten dargestellt; es wird aber auch in Amerika, Frankreich, Deutschland und Desterreich und in den übrigen hoch= cultivirten Ländern von vorzüglicher Beschaffenheit erzeugt.

Dieses Rohmaterial der Tapetenfabrication ist also allenthalben zu befchaffen, wo Tapeten gebraucht werden.

Ebenso wesentlich als das Papier ist an der Tapete die Farbe.

Durch diese wird die Zeichnung, der Dessin, hervorgebracht, diese aber macht das Papier zur Tapete.

Die Farbe der Tapete soll uns in unserem Wohnraume die herrliche Farbenharmonie der Natur ersetzen. Von ihr soll man mit Rückert sagen können:

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Sie freut sich ihres Spiels, und ihr zum Spiel zu dienen freut sich die Welt, und wir mit ihnen."

Die Tapetenfabrication hat aus allen drei Reichen der Natur die Kinder des Lichtes, die Farben, gesammelt und sich dienstbar gemacht; die Chemie hat selbst aus den Abfällen, aus dem schmutzigen Theer die herrlichsten, prangenden Tinten gewonnen und den in den Naturkörpern bereits fertig gebildeten Farben beigesellt, so daß wir heute über eine immense Zahl der schönsten Farben für unsere Zwecke verfügen.

Die Kunst der Farben und mit ihr die Farbenbereitung reicht bis in das graueste Alterthum hinauf, ist so alt wie das Menschengeschlecht und hat sich bis auf unsere Tage stetig entwickelt.

Ein völliges Verkennen des Wesens der Tapete und eine schlechte Geschmacksrichtung haben vorübergehend die Tapete gezwungen, uns mit matten, verschwommenen, blassen Farbtönen zu langweilen. Diese Hypersentimentalität ist nun, Gott sei Dank, fast zu Ende und unsere Tapeten prangen wieder, wie in den Blüthezeiten der Kunst, in der Pracht der Pigmente und benützen so den hohen Stand der Farbenchemie.

Die Hauptfarben sind Gelb, Blau und Roth, welche durch die Summe aller Farben: Weiß und durch die Negation der Farben: Schwarz, eine wohlthätige Begrenzung und Unterbrechung finden.

Die wichtigsten Farben mineralischen Ursprungs haben einen erdigen Charakter; jene pflanzlichen und thierischen Ursprunges, die diese Beschaffenheit nicht haben, erhalten denselben durch Zusäße. Nur sogenannte deckende Farben finden bei der Tapeten= erzeugung Anwendung.

Erlauben Sie, meine Herren und Damen, daß ich über einige der wichtigsten Farben wenige Worte spreche.

Zu ten wichtigen weißen Farbstoffen gehört die Kreide und Thonerde. Sie nehmen keinen Glanz an. Trotzdem hat man letztere in Frankreich in großen Mengen unter der Bezeichnung „Blanc Bougival" zu billigen Tapeten verwendet. Tausende von Centnern der Erde von Bougival exploitirt jetzt die Industrie. Gefährlich für die Gesundheit find die arseniksäurehaltigen grünen Farben.

Werden diese grünen Farben nicht sehr gut am Papier befestigt, so sind sie von großer Schädlichkeit für den menschlichen Organismus. Die Verwendung dieser giftigen Farben hat bei den Tapeten mehr nachgelassen als bei Ballkleidern und künstlichen Blumen, aber leider noch nicht ganz aufgehört. Dem Chemiker*) ist es leicht, dieselben nachzuweisen.

Die Anilinfarben, jene herrlichen, tausendfältig nuancirten Farben, welche deutsche Chemiker, unter ihnen namentlich Hoffmann, aus dem Steinkohlentheer darzustellen lehrten, wurden, nachdem sie allgemein bekaunt geworden waren, excessiv verwendet. Unvermengt und intensiv aufgetragen sind sie aber zu grell und schreiend. Nur eine Zeit lang ließ man es sich gefallen, die ganze Farbenharmonie der Wohnräume so empfindlich gestört, die Toiletten, ja die Schönheit der Damen se wesentlich beeinträchtigt zu sehen.

Die Mode ist verschwunden und jetzt wird man maßhaltend diese Farbemittel als eine unschätzbare Bereicherung unserer bisherigen Farbstoffe ansehen können. Gewisse Farben werden von keinem Volkein solcher Schönheit gewonnen, als von den Deutschen. Ich nenne Ihnen nur das Ultramarin.

Aber mit der Farbe allein begnügt sich die Tapete nicht. Sie will auch durch Glanz anziehen und deßhalb gehören das Gold, das Silber, die Firnisse auch zu den Materialien der Tapetenfabrication. Befriedigung wird es Ihnen gewähren, zu vernehmen, daß auch das zur Tapetenfabrication verwendete Gold (falsches Blatt- und

*) Die Firma Zuber in Nirheim hat in dem Guignet-Grün einen Ersatz für das Scheel'. che und Schweinfurter Grün gewonnen.

Pulvergold) in Deutschland und zwar in Baiern in unerreichter Qualität erzeugt wird *).

Nachdem ich nun auseinandergefeßt, daß wir die Hauptrohstoffe für die Tapete, das ist Papier und Farben, in größter Vollkommenheit besigen, werde ich zur Erzeugung der Tapeten übergehen und Sie, meine Herren und Damen, mit dem Hauptrüstzeug dieses Kunstgewerbes in historischer Anordnung vertraut zu machen bestrebt sein.

Die Erzeugung des Dessins auf der Tapete ist ein Druckverfahren. Vor demselben war das Auflegen der Farben mit Schablonen in Schwung. Dies war aber nur ein Vorbereitungsstadium, das Alterthum der Tapetenerzeugung. Es währte bis in die ersten Jahre unseres Jahrhunderts, wo die Druckerei mit dem Model beginnt.

Der Model ist eine aus Birnbaumholz angefertigte Platte, welche auf der einen Seite die Handhabe, auf der andern Seite den betreffenden Dessin erhaben ausgeschnitten trägt. Der Model wird zuerst mit einem mit Farbe getränktem Tuche in Berührung gebracht, wodurch die erhabenen Stellen mit Farben versehen werden, worauf durch Aufpreffen des Models auf das Papier dieselbe wieder abgegeben wird.

Dieses Druckverfahren ist der Zeugdruckerei entnommen. Ueberhaupt ist die Tapeten druckerei eine Tochter der Zeugdruckerei, und wir werden noch einmal Gelegenheit haben, dies bei der wichtigsten Verbesserung im Tapetendruck wahrzunehmen, d. i. bei Besprechung des Walzendruckes.

Der Modeldruck blieb lange Zeit hindurch privilegirt und ist heute noch für feinere Producte allein herrschend.

Vor dem Bedrucken wird auf die Tapete eine Grundfarbe aufgetragen. Dies geschah bis in die neueste Zeit aus freier Hand durch mehrere Arbeiter. Nach dem Grundiren und nach jedesmaligem Druck wurde die Tapete getrocknet; dies geschah dadurch, daß fie ein Arbeiter in einem geheizten Locale aufhängte. Das Fertigmachen der Tapete, z. B. das Satiniren, geschah dann ebenfalls durch Handarbeit.

Sie sehen, meine verehrten Herren und Damen, die Tapetenerzeugung war auch nach dem Verwerfen der Schablone, also während der ausschließlichen Herrschaft des Models welche Periode man das Mittelalter der Papier-Tapeten nennen könnte nur Manufactur im engsten Sinne des Wortes.

Heute ist die Tapetenerzeugung Fabrication geworden. Alle Arbeiten fast, abge= sehen von der Erfindung und ersten Verkörperung des Dessins, machen Maschinen und dieselben gehören zu den scharfsinnigst erdachten und zu denjenigen, deren Spiel zu beobach= ten höchst anziehend ist. An Stelle des Models trat sowie in der Zeugdruckerei die Walze, die zuerst ein Arbeiter handhabte, indem er sie mit Farbe versah und dann dieselbe über den Stoff dirigirte. Später ließ man dies Zeug, die Tapete, über die Walze laufen, welche durch eine mechanische Vorrichtung mit Farbe versehen wurde. Ein deutscher Industrieller, der deutsche Kattundrucker Oberkampf in Jouy in Frankreich, combinirte nun mehrere Druckwalzen sammt ihren Farbenzubringern zu einer Maschine, welche überdies das Zeug über die Walzen zu führen, und nach jedesmaliger Farbenaufnahme zu trocknen hatte. Das ist die Kattundruckmaschine **). Etwas modificirt wird diese seit 20-25 Jahren für den Tapetendruck angewendet, und um die Ehre, diese Idee durchgeführt zu haben, streiten sich mehrere englische Fabrikanten. Die Franzosen, naments lich Leroy und Gillon, und die Deutschen, unter ihnen Flammersheim in Köln, abmten jene Engländer Polter, Heywood u. m. a. nach und verbesserten den Mecha uismus derart, daß er heute bereits eine großartige Verbreitung gefunden hat. Ich sah . in der Fabrik von Gillon fils & Thorailler eine Maschine mit 14 Walzen arbeiten, die seit Kurzem aufgestellt ist. Man könnte mit ihr einen Dessin in 42 Farben drucken, wenn man je einen Farbtrog in drei Abtheilungen theilte, und würde in diesent Falle durch die Maschine die Arbeit von 120 Menschen verrichten lassen. Die Maschine selbst bedarf blos 2-3 Arbeiter zu ihrer Ueberwachung, wenn sie einmal montirt ist. Diese Maschine verhält sich zum Model ähnlich wie die Papiermaschine zur Bütte; denn

*) Der Nürnberger 3. Hautsch († 1670) erfand das Streugold, das an Stelle des Glimmers verwendet wurde. **) Die Engländer bebaupten, sie sei schon im J. 1785 in England erfunden worden. Die Franzosen reclamiren sie für sich.

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