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Vorträge.

Bericht der Abtheilung für Manufacturzeichnung über Bleichversuche.

Bon

Herrn Michael Spoerlin,

k. E. priv. Papier - Tapeten - Fabrikanten.

(Vorgetragen in der Monatsverlammlung am 2. November 1841.) (Siehe 4. Heft, Seite 195.)

In dem allgemeinen Berichte über die Thätigkeit der Abtheilung für Manufacturzeichnung, welcher Ihnen in der leßten General - Versammlung erstattet wurde, ist bereits erwähnt worden, daß diese Abtheilung sich die Aufgabe gestellt hatte, auf die Verbesserung, der in Oesterreich im Allgemeinen noch sehr empirisch und mangelhaft betriebenen Weißbleiche der Baumwollenstoffe, einzuwirken. Heute wird mir nun der ehrenvolle Auftrag zu Theil, Ihnen im Namen eben dieser Abtheilung die Resultate mitzutheilen, welche bis jeßt in dieser Hinsicht erhalten worden sind.

Um die Trägheit eines Körpers zu überwinden, den man in Bewegung sehen will, gehört bekanntlich eine bedeutend gröBere Kraftanstrengung dazu, als jene, welche erforderlich ist, die Bewegung zu erhalten. Dieses Geseß der Mechanik findet aber auch anderwärts seine volle Anwendung, und besonders dann, wenn es sich darum handelt, den Alltags Karren irgend eines technischen Gewerbes auf eine neue Bahn zu leiten, da dieser gar häufig in dem Schlamme des Halbwissens und in dem Geleise Verh. d. n.ö. Gew. Ver. 6. Heft.

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des Schlendrians versunken ist; können wir Ihnen daher heute noch nicht sagen, daß wir einen allgemeinen Sieg errungen haben, fo gereicht es uns doch zur großen Befriedigung, Ihnen die Versicherung geben zu können, daß das Moment der Trägheit in der Bleicherei glücklich überwunden ist, daß wenigstens ein Bleicherwagen mit dem gelungensten Erfolge auf der neuen Bahn in Bewegung ist, und noch glänzendere Resultate liefern wird, wenn der begonnene Fortschritt durch die geeigneten Mittel unterhalten wird.

Durch die Verhandlungen der Société industrielle in Mühlhausen wurden wir mit einem Bleichverfahren bekannt, welches seit mehreren Jahren schon mit dem vollständigsten Erfolge in jener Gegend in Anwendung ist, und welches wesentlich darauf beruht, die Waare vorerst von allem Fett und andern fremden Theilen so vollständig zu reinigen, damit durch die nachherige Einwirkung des Chlors der Faden nicht nur auf der Oberfläche, sondern in seiner innersten Tertur vollkommen weiß erscheine.

Genaue und wissenschaftlich durchgeführte Versuche, welche im Schooße obiger Gesellschaft unternommen wurden, haben bis zur Evidenz erwiesen, daß die vollständigste Beseitigung der Fettflecke nur durch das Sechteln mit Kalkmilch zu erreichen sey, unter der Bedingung jedoch, daß nach der Behandlung mit Kalf eine Lauge von kohlensaurem Kali oder Natron angewendet werde.

Nun ist aber das Sechteln mit Kalk in Oesterreich nicht unbekannt, und wurde in mehreren Bleichanstalten angewendet. Allein das Resultat konnte nie befriedigend ausfallen, weil man stets von der Voraussetzung ausging, daß die auf dem Stoffe gebildete Kalkfeife nur durch kaustische Lauge aufzulösen und zu beseitigen sey. Daher wurde auch dieses Verfahren größtentheils wieder aufgegeben. Unter diesen Umständen mußte die Section ihr Hauptaugenmerk darauf richten, sich die Ueberzeugung zu verschaffen, daß die Anwendung von kohlenfaurer Lauge, anstatt der bisher üblichen kaustischen, nach dem Sechteln mit Kalk, wirklich jene wesentlich verschiedenen und so außerordentlich vortheilhaften Resultate gewähre.

Unserem verehrten Mitgliede, Herrn Johann Fichtner,

dessen regen Eifer für die Beförderung der Zwecke des Vereins wir schon so oft Gelegenheit hattten zu erproben, verdanken wir auch dießmal wieder die schäßbarsten Mittheilungen darüber, welche er mit einer Anzahl sehr zweckmäßig geordneter Tabellen begleitete, um die Manipulationen recht anschaulich zu machen. Seine erhaltenen Resultate stimmten so vollkommen mit jenen überein, welche von Mühlhausen aus angezeigt waren, und wurden überdieß noch von unserm schäßbaren Mitgliede und erfahrnen Fabrikanten, Herrn Glorin, bestätigt, so daß man nun mit aller Zuversicht diese Bleichmethode in unsere Verhandlungen hätte aufnehmen können, um unsere Bleicher damit bekannt zu machen. Allein mit Recht mußten wir bezweifeln, ob auf diesem Wege der eigentliche Zweck, diese Bleichmethode in Oesterreich ins Leben zu rufen, auch wirklich erreicht werden würde? Es ist nicht genug, daß ein Verfahren geschrieben und gedruckt sey, es muß auch gelesen, und zuleßt auch noch verstanden werden. Ueberdieß kam es hier ganz besonders darauf an, das Vorurtheil zu bekämpfen, als wirke der siedende Kalk zerstörend auf die Baumwollfaser; denn leider ist dieses Vorurtheil durch unvorsichtig angestellte Versuche noch genährt und immer mehr befestigt

worden.

Die Section glaubte daher mehr thun zu müssen, und nichts unversucht zu lassen, um durch mündliches Zureden und persönliche Einwirkung einen Bleicher zu vermögen, diese Bleichmethode im Großen auszuführen. Zu diesem Zwecke haben wir mehrere Bleicher zu einer besonderen Sizung eingeladen, und waren so glücklich, unter ihnen einen Mann zu finden, der mit dem lebendigen Willen, fein Gewerbe zu vervollkommnen, auch die nöthigen wissenschaftlichen Kenntnisse besigt, um die bei einem neuen Verfahren im Großen sich stets ergebenden Hindernisse siegreich bekämpfen zu können. Mit Vergnügen nennen wir Ihnen den Namen dieses achtungswerthen Industriellen, es ist Herr von Burian, Inhaber der ausgedehnten Bleichanstalt in Unter Waltersdorf. Er erklärte uns, daß er selbst schon Versuche mit Kalkfechteln gemacht habe, aber leider durch großen Schaden genöthigt worden sey, diese Methode wieder aufzugeben.

Daß aber auf die erhaltenen Erklärungen hin, und besonders auf die praktischen Erfahrungen des Herrn Fichtner bauend, er bereit sey, diese neue Bleichmethode im Großen anzuwenden, in der Voraussetzung, daß er für die vermehrten ManipulationsKosten durch einen höhern Bleicherlohn entschädigt zu werden hoffen dürfe.

Unser verehrtes Mitglied, Herr Höpfinger, der in seiner ausgedehnten Appretur und Färb - Anstalt täglich im Falle ist, die traurige Erfahrung zu machen, daß unter hundert Stück gebleichter Waare oft kaum die Hälfte davon zu schöner, reiner und heller Farbe anwendbar sey, verstand sich sogleich zu einem höhern Bleicherlohne, wenn die Waare wirklich vollkommener ausfallen würde, und versprach Herrn von Burian sogleich einige hundert Stück zu einem Versuche zu übergeben.

Dank diesem verständigen und uneigennütigen Entgegen= kommen dieses achtungsvollen Fabrikanten, hat Herr Kaufmann Ballehner und Herr Höpfinger seit dieser Zeit schon mehr als 800 Stück nach dieser neuen Methode gebleichte baumwollene Stoffe von Herrn von Burian erhalten, die in Hinsicht ihrer vollkommenen Reinheit und blendenden Weiße nichts mehr zu wünschen übrig lassen. Und wenn bis jezt unter 100 Stücken zuweilen 4 bis 5 zu finden sind, welche noch nicht ganz fehlerfrei sind, so dürfte dieß nur dem Umstande beizumessen feyn, daß die Einrichtung des Herrn von Burian für das Kalkfechteln noch nicht vollständig hergestellt ist, und jedes neue Verfahren überdieß eine längere praktische Uebung erfordert.

Allein die Bahn ist nun gebrochen, der Beweis ist herge= stellt, und das Mittel vorhanden, um eine weiße Waare zu erhalten, die auf dem Lager nicht mehr gelb wird, die zu einer jeden zarten und lebhaften Farbe vollkommen verwendbar ist, und die in der Appretur schön und gleichförmig ausfällt. Jezt ist die Möglichkeit vorhanden, eben so schöne und haltbare Waare zu erzeugen, wie jene, welche uns aus England, Frankreich oder der Schweiz als das höchste Vorbild vollkommener Bleiche aufgestellet wird.

Wenn man nun bedenket, mit welchen Schwierigkeiten,

Geld und Zeitverlust es verknüpft ist, um in einem großen geregelten Geschäfte eine wesentliche Veränderung in den Gang gewohnter Manipulation (einzuführen, so müssen wir es dankbar anerkennen, daß Herr von Burian sich wesentliche Verdienste um die österreichische Industrie erworben hat, indem er sich dieser Verbesserung mit so viel Eifer und Liebe angenommen hat. Es bleibt jezt nur zu wünschen und zu hoffen übrig, daß dieses lobenswerthe Beispiel recht viele Nachahmer finden werde, und daß die Vorzüge dieser vortrefflichen Bleichmethode auch allgemein anerkannt werden möchten, damit der höhere Bleicherlohn, den Herr von Burian jezt noch genöthigt ist, zu fordern, aus dem richtigen Gesichtspunkte der wahren Oekonomie betrach tet werde.

Denn, wenn man weiß, daß bis jezt das Gelingen der Bleicher ein bloßer Zufall war, daß man in der Regel 25, háufig aber 30, 40 und 50 % Ausschuß - Waare erhielt, die nur zu dunkler oder ordinärer Farbe verwendbar war, oder die, wenn sie als weiße Waare auf dem Lager ihren Lustre verloren hatte, zum zweiten Mal wieder gebleicht werden mußte, so erscheint wahrlich eine Erhöhung des Bleicherlohns um 1 kr. W. W. pr. Elle, höchst unbedeutend, und es dürfte gewiß im Interesse der Herren Kaufleute selbst liegen, ernstlich darauf zu dringen, daß alle ihre Waaren in Zukunft nach dieser Methode gebleicht werden. Sie werden sich aber einen weitern Vortheil dadurch sichern, daß die nach dieser neuen Methode gebleichte Waare viel dauerhafter, und viel weniger von der Bleiche angegriffen seyn wird.

Denn eine von Fett und Unreinigkeit vollkommen befreite Waare bedarf verhältnißmäßig weit weniger Chlor, um weiß zu werden, als jene, welche vorher weniger gut gereiniget war. Wie häufig geschieht es nicht, daß der Bleicher zu einem Uebermaße von Chlor seine Zuflucht nimmt, in der Meinung, das früher Versäumte dadurch zu erseßen, während er nur die Faser schwächt und mürbe macht, und dennoch nur eine unvollkom= mene, eine oberflächliche gebleichte Waare erhält.

Herr von Burian sagt in seinem Berichte an die Section, daß, nachdem er die Vorzüglichkeit dieser neuen Bleichmethode

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