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verbreitet sich über die wunderbaren Harmonien des Weltsystems, die sich in den Grundverhältnissen und in der Gestaltung der Himmelskörper und ihrer Bahnen ausdrücken; sie handelt ferner von der Gravitationskraft, von der Verbreitung des Lichtes und der Wärme im Weltraum, und von den am Wirken dieser kosmischen Potenzen wahrnehmbaren teleologischen Beziehungen, und zieht schließlich die aus der teleologischen Zergliederung aller dieser kosmischen Phänomene sich ergebenden religiösen und moralischen Folgerungen. Die moralischen Folgerungen werden aus der Betrachtung der im Verhältniß zum kosmischen Ganzen fast zum Puncte zusammenschwindenden Kleinheit der Erde abgeleitet; es ist angesichts des erhabenen großen Weltschauspieles etwas Kleinliches und Niedriges, an der Erde, an ihren Freuden, Schäßen und Sorgen zu hängen, der sichtbare Sternhimmel zeigt uns das versinnlichte Bild des ewigen himmlischen Reiches, auf das wir hoffen und um das wir werben sollen.

An diese Ausführungen des physicotheologischen Beweises für Gottes Dasein reihen sich im Laufe des 18ten Jahrhunderts in beträchtlicher Anzahl Schriften verwandten Inhaltes an, welche sich den Nachweis der Naturteleologie in allen Gebieten der sichtbaren Schöpfung bis in's Speciellste und Kleinste zur Aufgabe seßten. Neben einer Astrotheologie und Physicotheologie kamen auch eine Hydrotheologie, Pyrotheologie, Lithotheologie, Testaceotheologie, Brontetheologie zu Stande, Reimarus argumentirte aus den Trieben der Thiere u. f. w. Die bekanntesten und berühmtesten aus den in das Gebiet der Physicotheologie einschlagenden Schriften find nach den bereits angeführten jene von dem Engländer Ray 1), von dem Holländer Nieuwentyt 2), von den Franzosen Fontenelle, Reau

l'existence et des attributs de Dieu, par l'examen et la description des cieux etc. Paris, 1729 (nach der 5. Originalausgabe).

1) Wisdom of God. London, 1721.

2) Le veritable usage de la contemplation de l'univers, pour la conviction des athées et des incredules (ursprünglich holländisch, Amsterdam, 1716, sodann aus einer englischen Überseßung in's Französische zurücküberseßt: Paris, 1725 u. 1740. Deutsch: Die Erkenntniß der Weisheit, Macht und Güte des göttl. Wesens u. s. w. Jena, 1747).

mur, Bullot 1), von dem Genfer Charles Bonnet, von den Deuts schen Fabricius 2), Leffer, Lambert, Bothe, Schulze, Geltke, Sturm u. s. w. Fontenelle, der geistreiche Akademiker 3), hält es in der physikalischen Kosmologie mit Cartesius, auf dem Gebiete der Erkenntnißlehre aber d. i. in Bezug auf die Frage über die Gewinnung unserer Erkenntnisse vom Übersinnlichen neigt er sich zu Locke hin, und bildet den Übergang zu den Sensisten, unter welchen als Phyficotheolog der französisch schreibende Bonnet am meisten hervor. ragt *). Bonnet's Naturbetrachtung baut sich über Buffon's Naturbeschreibung auf. Das philosophische Ergebniß der Betrachtung der organischen Körper ist für Bonnet die Entdeckung einer force productive in einem ursprünglichen Keime, in welchem durch eine unsichtbare Hand vom Anfange her schon die bewunderungswürdige Maschine des organisirten Körpers abgezeichnet ist. Das Vorhandensein eines solchen Keimes ist die nothwendige Vorausseßung und wirksame Ursache des Entstehens eines organischen Gebildes, dessen Werden auf dem Wege einer rein mechanischen Physik nicht erklärt werden kann, eben so wenig aber auch durch die von Buffon angenommenen organischen Partikeln, die durch das Wirken einer geheimnißvollen Kraft zu Pflanzen- oder Thierkörpern coalesciren sollen. Bonnet nimmt, auf Leibniz gestüßt, eine unzählige Menge präexistenter Keime an, aus deren Auswickelung er Entstehen und Vergehen der körperlichen Organismen erklärt; Bonnet läugnet die Erzeugung neuer Wesen durch Begattung, die leßtere ist nur Versegung des schon vorhandenen Keimes oder Wesens in die Stätte seiner Entwickelung. In dem jezigen Körper des Menschen ist bereits sein zukünftiger enthalten 5); der Keim desselben liegt im Ge

1) L'existence de Dieu demontrée par les merveilles de la Nature. Paris, 1768.

2) Seine theologia aquae in französischer Übersetzung abgedruckt bei Migne, Tom. IX, 713-879.

3) Aus seinen zahlreichen Schriften vermischten Inhaltes ist hier zu nennen: Sur l'existence de Dieu.

4) Considerations sur les corps organisés. Amsterdam u. Paris, 1762. 1776; 2 Voll. Contemplation de la Nature. Amsterdam, 1764;

2 Voll.

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5) La Palingenesie philosophique ou idées sur l'état passé et sur l'état futur des etres vivans. Genf, 1770; 2 Voll.

hirne, und ist von den schwieligen Körpern (corps calleux) desselben umhüllt. Dieser ätherhafte Keim ist schon gegenwärtig das unmittelbare Organ der Seelenthätigkeit und der Mittler zwischen der Seele und der Gehirnmaffe. Die Incorrectheit der Bonnet'schen Anschauungen bedarf keiner ausführlichen Darlegung; indeß ist der religiöse Eifer des Naturforschers, der mit Wärme das Recht der christlichen Überzeugung vertritt, immerhin ehrender Anerkennung werth. Unter den physicotheologischen Schriftstellern französischer Zunge sind neben Bonnet noch zu nennen der von Bonnet und Cuvier mit Auszeichnung genannte Lyonet'), und Trembley, der Bonnet's Lehre im Auszuge wiedergab. Unter den Deutschen trat Reimarus in seinem Buche über die natürliche Religion gegen die antireligiöse und atheistische Philosophie seines Zeitalters auf, von Spinoza angefangen bis auf Maupertuis herab, und vertheidigte gegen Buffon und d'Alembert die rationelle und philosophische Geltung der Finalursachen der sichtbaren Schöpfung (vgl. Unten §. 815).

§. 808.

Einer der berühmtesten Preisredner der Boyle'schen Stiftung war Samuel Clarke, dessen Reden über Gottes Dasein und Eigenschaften 2), so wie seinen weiter daran sich schließenden Beweisführungen für die Wahrheit der natürlichen und geoffenbarten Religion der von dem Franzosen Jakob Abbadie 3) befolgte Plan zu Grunde liegt. Der Gang Clarke's in seiner Beweisführung für Gottes Dasein ist dieser, daß er zuerst die Nothwendigkeit eines von Ewigkeit her existirenden Wesens aufzeigt, und sodann zu zeigen sucht, daß nicht die sichtbare Welt dieses Wesen sein könne, indem weder ihre Form, noch auch, wie Toland meinte, ihre Bewegung eine nothwendige, d. i. selbsteigene sei. Wenn in der Existenz der

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1) Traitè anatomique de la chenille qui ronge les bois de saule etc. A la Haye, 1762.

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2) Discourse concerning the being and attributes of God. London, 1706. In demselben Buche sind weiter noch zwei folgende Abhandlungen enthalten, auf die wir weiter unten (vgl. §§. 817. 827) zurückkommen werden: The obligations of natural religion The truth of the christian revelation.

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3) Traité de la vérité de la.religion chretienne. Rotterdam, 1684; 2 Voll.

angeblich seit ewig existirenden Materie die Gravitationskraft mit inbegriffen sein soll, so muß ein leerer Raum als Fassung der Materie vorausgesezt werden; existirt aber das Leere, so kann die Materie nicht nothwendig existiren. Denn wenn sie eine absolute Nothwendigkeit wäre, so müßte sie allüberall sein, und es könnte somit nirgends eine Leere sein. Das System des Spinoza, in dessen Sinne die Dinge nothwendig existiren und nothwendig das sind, was sie sind, wird mit allen jenen Gründen widerlegt, welche gegen die angebliche Ewigkeit und Nothwendigkeit der Welt unwiderleglich sprechen, ist sonach ein unwahres und absurdes System. Wahr ist, was Spinoza sagt, daß das absolute Wesen nur Eines sein könne; eben daraus hätte er aber folgern sollen, daß der Compler jener differenten und veränderlichen Dinge, den man Welt nennt, mit dem absoluten Wesen nicht identisch sein könne, somit etwas von demselben Verschiedenes sein müsse. Das vor aller Welt existirende nothwendige Wesen ist nothwendig ein intelligentes Wesen, von welchem alle Intelligenz, die unter den Weltwesen sich findet, abzuleiten ist. Ist Gott nicht intelligent, so gibt es auch in der Welt kein intelligentes Wesen, oder die Intelligenz haftet der Materie etwa wie eine Zusammenseßung aus Gestalt und Bewegung an. Hobbes, der das Widersinnige dieser lezteren Annahme fühlt und Vorstellen und Denken aus Figur und Bewegung des Stoffes abzuleiten für unmöglich erkennt, meint, Gott habe durch einen souveränen Act seiner Allmacht einigen Theilen der Materie das Erkennen und Denken verliehen! Mit der Intelligenz Gottes hängt nothwendig seine Freiheit zusammen; Vernunft und freier Wille sind von einander unabtrennbare Correlate. Die göttliche Wahlfreiheit läugnen, hieße die Contingenz der Dinge läugnen; zudem müßte Gott, wenn er mit blinder Nothwendigkeit handelte, in jedem seiner Acte etwas Unendliches sezen, weil er unvermögend wäre, seine Kraft auf eine bestimmte besondere Wirkung zu restringiren. Von der Freiheit Gottes kommt Clarke zur Allmacht Gottes; Gott hat das Vermögen zu schaffen, und nicht bloß stoffliche Dinge, sondern auch geistige Wesen hervorzubringen. Hier beschäftiget ihn vornehmlich die Erhärtung der Immaterialität der menschlichen Seele und ihrer Willensfreiheit gegen Hobbes, zum Theile auch gegen Spinoza. Den Schluß der Abhandlung bilden die sogenann

Werner, apol. u. pol. Lit., V.

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ten moralischen Eigenschaften Gottes und die Lehre von der göttlichen Providenz.

Clarke bekannte sich auf dem Gebiete der physikalischen Kosmologie zu den sogenannten mathematischen Principien der Philosophie, von welchen er behauptete, daß sie die einzigen wären, durch welche die Materialisten mit Erfolg bekämpft, und nachgewiesen werden könnte, daß die Materie der kleinste und mindest bedeutende Theil des Universums wäre. Die sogenannten mathematischen Principien der Philosophie waren nichts anderes, als die kosmo-physischen Principien Newton's, welchem Clarke mit Begeisterung anhieng, und welche er in seinem bekannten Streite mit Leibniz vertheidigte 1). Leibniz meinte freilich, daß die sogenannten mathematischen Principien der Philosophie jenen der Materialisten nicht entgegengeseßt, vielmehr eben jene der Materialisten seien, indem ja Demokrit, Epikur, Hobbes, welche sich ausdrücklich auf mathematische Principien beschränken, nichts Anderes, als Körper anerkennen und gelten lassen. Mit bloßen mathematischen Principien ist in der Philosophie nicht fortzukommen. Alle mathematischen Principien reduciren sich schließlich auf den Saß des Widerspruches; auf dem Gebiete der Physik braucht man aber, wenn man das wirkliche Sein und Geschehen erklären soll, noch ein anderes Grundprincip, jenes des zureichenden Grundes. Nur mit Hilfe dieses Principes läßt sich erklären, warum die Dinge so und nicht anders sind; nur mit Hilfe dieses Principes läßt sich Gottes Dasein und alles Übrige, was der Metaphysik und natürlichen Theologie angehört, erweisen. Clarke meint, mit Hilfe der Newton'schen Lehre lasse sich erweisen, daß die Materie den kleinsten, und mindest bedeutenden Theil des Universum's ausmache, und in der Unendlichkeit des leeren Weltraumes gewissermaßen verschwinde. Auch Demokrit und Epikur ließen die Materie vom leeren Raume umschlossen sein, und unterschieden sich von Newton nur dadurch, daß sie eine größere Quantität Materie in das Leere seßten, als Newton. Dafür könnte man sie aber nur loben; denn je mehr Materie vorhanden ist, desto mehr Gelegenheit ist für Gott vorhanden, seine Macht und Weisheit zu zeigen.

1) Recueil de lettres entre Leibniz et Clarke sur Dieu, l'âme, l'espace, la durée etc. Abgedr. in Leibnitii Opp. (ed. Erdmann) S. 746-788.

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