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von den Stoifern behauptet. Also ist die christliche Lehre nicht widervernünftig. Im Gegentheile, alle Menschen, welche der Vernunft gemäß lebten, sind Christen gewesen, mögen sie unter Griechen, wie ein Sokrates und Heraklit, oder unter Barbaren (Orientalen) gelebt haben, wie Abraham, Ananias, Misael, Elias und viele Andere.

4. Die Schuldlosigkeit der Christen ergibt sich aus den Ursachen, um deren willen sie verfolgt werden. Lehre und Wandel der Christen bieten, wie gezeigt worden, keinen vernünftigen Grund zur Verfolgung und Befeindung derselben dar. Der Grund davon liegt tiefer; es ist Haß der göttlichen Wahrheit, und dieser Haß ist durch die Dämonen aufgestachelt. Die Dämonen wollen durch das. Mittel der Verfolgung die Christen zum Abfalle bewegen, die Heiden von der Lesung der heiligen Prophetenbücher abschrecken. Sie. veranlassen, daß den Christen die gröbsten Verbrechen aufgebürdet werden, damit das Christenthum ein Gegenstand des allgemeinen Abscheues werde. Merkwürdig genug trifft diese Verfolgung eben nur die rechtgläubigen Bekenner des Christenthums, und keineswegs jene Anderen, welche sich zwar auch Christen nennen, aber auf Anstiften der Dämonen die christliche Lehre fälschen und Gott låstern, wie Simon der Magier, Menander und Marcion. Simon, der sich selber für Gott ausgab, wurde von Kaiser und Senat ge ehrt, es ward ihm sogar eine Statue gesezt, wie den übrigen Göttern. Marcion läugnet, daß das göttliche Urwesen Schöpfer aller Dinge sei, und nimmt einen von demselben verschiedenen Schöpfer an, gleichwie auch einen von dem historischen Christus verschiedenen Sohn Gottes. Also gilt die heidnische Verfolgung dem Glauben an den Einen wahren Gott, und diese Ursache der Verfolgung ist die beste Rechtfertigung der Verfolgten.

medischer König gewesen sein, der vor dem trojanischen Kriege lebte. Nach Anderen wäre er ein Zeitgenosse des Zoroaster gewesen und hätte die Weisheit der Braminen erlernt, die sich in der Kaste der Magier fortgeerbt habe.

§. 33.

Justin's zweite Apologie, bedeutend kürzer, als die erste, ist nach Eusebius 1) dem Kaiser Marcus Aurelius überreicht worden (zwischen a. 161–167). Bald nach Übergabe derselben erlitt Justinus, vielleicht auf Betrieb seines rachesüchtigen Gegners, des Philosophen Crescens, den Martyrtod.

Der Anlaß ihrer Abfassung ist nach des Verfassers eigener Angabe folgender: Eine heidnische Frau in Rom, die zusammt ihrem Manne ein lasterhaftes Leben geführt, hatte bei näherem Bekanntwerden mit frommen Christen den Vorsaß gefaßt, sich und auch ihren Mann zu bessern. Da dieser davon nicht hören wollte, drang fie auf Trennung von ihrem Gatten. Nun gab sie derselbe als Christin an, und bei Verschiebung der Procedur gegen sie auch ihren Lehrer Ptolomäus. Ptolomäus bekennt offen und wird zum Tode verurtheilt. Der Christ Lucius, bei der gerichtlichen Verhandlung gegenwärtig, zeigt sich entrüstet über die Verurtheilung eines so tadellosen Mannes, wie Ptolomäus gewesen. Der Stadtpräfect Urbicus, Vorsigender des Gerichtes, schöpft Verdacht, daß auch Lucius ein Christ sei; Lucius bejaht es, und wird mit einem ungenannten Dritten gleichfalls zum Tode verurtheilt. Gleichzeitig famen Fälle vor, in welchen Frauen, Kindern und Sclaven Geständnisse gegen ihre christlichen Angehörigen durch Martern abgepreßt wurden. Hierüber empört, veröffentlicht Justin eine Schrift, in welcher er vor dem römischen Volke über die Schußlosigkeit der aller Willkür und Bosheit schlechter Angeber preisgegebenen Christen Beschwerde führt. Auch ihm möge Ähnliches von dem eitlen Cynifer Crescens bevorstehen, welchen er in öffentlichen Disputationen seiner Unwissenheit und groben Unkenntniß des Christenthums überführt habe. Es scheine, man wolle die Klage der Christen über ihre Rechtlosigkeit mit Hohn und schalem Wige ab fertigen. Justin will sich die Mühe nehmen, hierauf zu antworten. Man sagt, die Christen haben so großes Verlangen nach ihrem himmlischen Reiche; warum sie sich denn nicht gleich selber tödten? Darum nicht, weil ihnen der Wille des Schöpfers höchstes Gesez

1) Hist. Eccles., VI, 16.

ist; sie wollen die Zwecke des göttlichen Willens nicht eigenmächtig durch Selbstmord vereiteln. Dagegen nehmen sie nicht Anstand, für das Bekenntniß der Wahrheit ihr Leben einzusehen. Man fragt weiters, warum der so mächtige Christengott seine Verehrer nicht zu schüßen vermöge? Darauf die Antwort: Die Macht des christlichen Gottes über die Dämonen, die allen heidnischen Beschwörungskünsten trogen, ist ein Beweis der Macht des Christengottes. Gott straft die Christenverfolger nicht augenblicklich, weil er noch vielen zu Bekehrenden Zeit zur Sinnesänderung geben will; er läßt die Verfolger gewähren, weil er die Menschen mit Freiheit begabt, und dieser die irdische Zeit als Spielraum zur Entfaltung ange= wiesen hat. Aber eben um dieser Freiheit willen rechtfertiget sich der Glaube an eine dereinstige Verantwortung und an ein ewiges Gericht. Diesem ist nach Gottes weisem Plane, dem alles irdische Geschehen untergeordnet ist, die leßte endgiltige Vergeltung an Gute und Böse vorbehalten. Der Haß der Dämonen gegen die Christen ist ein ehrendstes Zeugniß für deren gute Sache. Schon Sokrates, Heraklit, Musonius u. A. wurden Opfer dieses dämonischen Hasses; um so mehr müssen ihm die Christen ausgesezt sein, welche nicht bloß nach der partiellen Vernunft, die ein Strahl der allgemeinen Vernunft ist, sondern in Gemäßheit der Erkenntniß und Lehre Dessen, der die ganze ungetheilte Vernunft ist, d. i. Christi, Leben und Wandel einrichten. Aber auch dieser Haß der Dämonen wird einst mit ewigen Feuerqualen bestraft werden; werden sie doch schon jezt von frommen Christen in Kraft des Namens Christi überwunden. Das tadellose Verhalten der Christen bezeugt sich durch die Freudigkeit, mit welcher sie dem Tode entgegengehen. Lüftlinge, Schlemmer u. s. w. zagen vor dem Tode, jede irdisch gesinnte Leidenschaft klammert sich an den Gegenstand ihrer Neigungen; nicht so die Christen. Der Irrthum der Heiden über die Sitten der Christen ist strafbar; sie müssen selber das Ungerechte ihrer Klagen fühlen, und könnten auch dann, wenn ihre Beschuldigungen gerecht wären, den Christen nicht Das strafen, was sie an ihren Göttern ehren.

$. 34.

an

Melito führt in seiner an Marc Aurel gerichteten Schußschrift (c. a. 170) in würdevoller Weise Beschwerde über den auf's Äußerste

bedrängten und völlig rechtlosen Zustand der Christen; die kaiserlichen Befehle dienen frechen Menschen zum Vorwande, die Christen ungestraft zu plündern und zu mißhandeln. Habe der Kaiser es so befohlen, so werden es die Christen zu tragen wissen, da ein gerechter Herrscher nichts Ungerechtes befehlen könne. Ist das Geschehene nicht sein Wille, so möge er die Christen schüßen oder wenigstens untersuchen lassen, ob das Verhalten der Christen wirklich strafwürdig sei, oder im Gegentheile Rücksicht und Achtung verdiene. Die Christen müssen im Namen der Wahrheit an ihren Überzeugungen festhalten; zur Vergötterung der Creatur können sie sich nimmermehr verstehen. Ja Diejenigen, die am Gößendienste festhalten, sind jezt, wo die Lehre von dem wahren Einen Gotte in aller Welt verkündet worden, nicht mehr zu entschuldigen. Man kann den Christen nicht zumuthen, dem heidnischen Irrthume deßhalb, weil er allgemein verbreitet ist, nachgeben zu sollen; denn die Allgemeinheit eines Irrthums ist eben das größte Unheil, welches am allermeisten verhütet werden muß. Ebenso wenig kann man die Pietät gegen den Glauben der Vorfahren zu Gunsten der heidnischen Religion geltend machen; daraus, daß die Väter blind und elend waren, folgt nicht, daß auch die Kinder es sein sollen; es ist kein Gesetz der Natur, daß von blinden Eltern blinde Kinder abstammen müssen. Es ist nicht erlaubt, zu fragen: warum hat mich die Gottheit nicht als Christ geboren werden lassen? Genug, daß Gott den Menschen befähiget hat, ihn zu finden und zu erkennen. Um den wahren Gott zu erkennen, muß der Mensch in sich gehen, und das Wesen und die Kraft seiner Seele erkennen; wie diese als unsichtbare Macht den Körper bewegt, so darf man auch von Gott nicht geringer denken, und muß ihn für eine unsichtbare, das ganze Weltall bewegende Macht halten. Gott ist nothwendig die Wahrheit; die Wahrheit ist nothwendig nichts Gemachtes oder Geschaffenes, sondern etwas Ewiges und Ungeschaffenes, was durch sich selbst ist. Wie kann man also einem vernünftigen Menschen zumuthen, ein von Menschenhänden gemachtes Gögenbild als Gott heit zu verehren? Wenn man Götterbilder aus kostbaren Stoffen macht, so zeigt man hiedurch nicht, daß man den Gott, sondern daß man den Stoff schäßt; würde der Künstler vom Stoffe etwas für sich behalten, man wäre gewiß mit dem verfertigten Gotte nicht zufrieden. Die Gözenbilder haben die Gestalten von Menschen und 7

Werner, apol. u. pol. Lit., 1.

Thieren; warum betet man nicht lieber diese an, statt ihrer Copien? Wenn man ein solches Götterbild wegen seiner Schönheit lobt, um wie viel mehr muß man Denjenigen loben, welcher die lebendigen Vorbilder dieser todten Abbilder, die Dinge des Universums ge= schaffen hat? Man weiß, wie der Götterglaube entstanden ist; die griechischen und syrischen Götter sind lauter geschichtliche Personen, Heroen, Könige, Königinnen, Magier. Serapis ist kein Anderer, als der ägyptische Joseph, Dionysus ein urältester König der Gegend von Athen, der daselbst die ersten Reben pflanzte; Athene eine Tochter des Kretenser Königs Jupiter, welche die atheniensische Burg baute, und auf derselben ihren mit ihrem Vetter, dem Schmiede Hephaistos im Ehebruche erzeugten Sohn Archetyp zum Könige einsezte; Venus war eine cyprische Königin, die von den Mesopotamiern verehrte Kuteba eine Hebräerin, welche Bakru, den König von Edessa, von seinen Feinden befreite u. s. w. Es ist eine persönlichste Angelegenheit des Herrschers, die Verehrung des wahren Gottes zu schüßen und zu fördern; der Bestand des Reiches hängt daran. Der Volksmeinung nachzugeben, wäre unwürdige Schwäche. Das Heidenthum wird und muß untergehen; es droht ihm das göttliche Gericht, das leßte Diluvium. Melito unterscheidet ein

dreifaches Diluvium. Zuerst kam das Diluvium venti, welches einige Menschen tödtete, der Gerechten aber schonte; sodann das Diluvium aquae, welches alle Menschen und Thiere verschlang, mit Ausnahme jener, die in der Arche waren. Zulegt wird das Diluvium ignis fommen, welches die ganze Erde mit ihren Bergen und Inseln, Gößen und Gößendienern vertilgen wird. Dieses bedenkend wird der Täsar in sich gehen und seine Seele und sein Haus retten vor dem Gerichte, das aller Welt bevorsteht.

§. 35.

Die Apologie des Athenagoras 1) ist an den Kaiser Marcus Aurelius Antoninus und dessen Sohn Lucius Aurelius Commodus gerichtet. Sie kann nicht vor dem Jahre 177 eingereicht worden sein; denn Commodus wird als Augustus begrüßt, eine Würde, die ihm erst in dem genannten Jahre zu Theil geworden ist.

1) Πρεσβεία περὶ Χριστιανῶν (Legatio pro Christianis).

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