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schick dem Einflusse eines Gestirnes unter? Ein nach Belehrung aufrichtig verlangender Gegner wird sich vielleicht überzeugen lassen, daß nach dem Eindruck der Erzählung auf ein unbefangenes Gemüth nicht Christus dem Sterne unterthan erscheint, sondern um gefehrt der Stern Christo diene, und ihm die Huldigung der Weisen zuführe. Ein der Verständigung unzugänglicher Manichäer hingegen kann nur durch ein argumentum ad hominem zurückgewiesen werden; man wird antworten, gerade nach manichäischer Auffassung unterliege Christus dem drückendsten Fatum, indem er ihr zufolge nicht bloß an alle Sterne, sondern an alles Irdische und Sinnliche gebunden ist, und statt Erlöser der Menschen zu sein, durch die Menschen erlöst werden muß ').

§. 165.

Unter den Einwendungen, welche Faustus gegen das kanonische Matthäusevangelium vorzubringen hat, findet sich auch diese, daß in demselben Christo die Rede unterlegt werde, er sei gekommen, das Geseß nicht aufzuheben, sondern zu erfüllen. Dieser Vorwurf müßte consequenter Weise auch eine Beargwohnung oder Zurückweisung des Johannesevangeliums nach sich ziehen, da Joh. 5, 46 eine ähnliche Rede Christi zu lesen ist 2). Eigentlich liegt dem Vör wurfe des Faustus der Gedanke zu Grunde, daß das Christenthum eine halbe, unentschiedene Stellung zum Judenthum einnehme, indem es theils auf dasselbe fuße, theils aber wieder dasselbe zurückweise. Er wäre seinerseits geneigt, den aus Matthäus citirten Ausspruch Christi als echt gelten zu lassen, nur sollte derselbe keine Billigung des A. T. in sich schließen. Denn darum handelt es sich für ihn zuleßt, die in den Religionsbüchern der Juden enthaltene monotheistische antidualistische Grundlage des christlichen Bekenntnisses bei Seite zu schaffen. Er meint, wenn der fragliche Ausspruch Christi echt sein soll, so müsse unter dem Geseße, das Christus nicht aufheben wollte, das natürliche Gesez verstanden werden, nach welchem die Gerechten der Urzeit vor Abraham, ein Seth und Henoch lebten. Mit Recht fragt Augustinus 3), ob dieses Gesez einer Erfüllung be

1) O. c., Lib. IV.

2) O. c., Lib. XVII.

3) O. c., Lib. XIX,

durft habe, wie das alttestamentliche Geseß, welches Ehescheidung, rächende Vergeltung des Unrechtes gestattete, und an der legalen Observanz sich genügen ließ? Mithin kann der beregte Ausspruch Christi, dessen Echtheit Faustus schließlich doch nicht abzuläugnen wagt, nur auf das alttestamentliche Gesez bezogen werden. Da wirst aber Faustus sofort die Frage auf, warum die Christen sich nicht beschneiden lassen, die jüdischen Feste feiern u. s. w.? Sie bedürfen der Beschneidung nicht, weil Dasjenige, was durch die Beschneidung prophetisch angedeutet wurde, die exspoliatio carnalis generationis, an dem auferstandenen Christus sich erfüllt hat. Ebenso bedürfen wir nicht weiter des jüdischen Sabbats, weil Christus selber laut seinen eigenen Worten Matth. 11, 28 unser Sabbat geworden ist. Gleicher Weise ist die durch das Speiseverbot präfigurirte Reinigkeit und Heilighaltung von Leib und Seele in Christus vollkommenst erfüllt worden. Das Opfer Christi ist die thatsächliche Erfüllung des gesammten alttestamentlichen Gottesdienstes. Ähnliches ist von den jüdischen Festen zu sagen, deren vorbedeutender Charakter in den Mysterien des N. B. sich erfüllt hat. Faustus will nicht zugeben, daß das A. T. eine Beziehung auf Christus habe und Moses von Christus geschrieben habe; der Ausspruch Christi bei Joh. 5, 46 müsse unterschoben sein. Eine solche Willkür des Vermuthens würde leztlich die Glaubwürdigkeit der gesammten Schrift in Frage stellen; denn mit demselben Grunde, als Faustus Joh. 5, 46 für unecht erklärt, könnte man jedwede andere beliebige Stelle der Schrift für unterschoben ausgeben. Faustus behauptet, der angebliche Messianismus des A. T. lasse sich nicht auf eine überzeugende Art darthun, so daß auch der Ungläubige ihn anzu erkennen gezwungen wäre. Dieß kann man zugeben, wol aber muß man sich wundern, daß Faustus, der doch ein Christ sein will, Beweise solcher Art verlangt, wie sie ein ungläubiger Heide oder Jude fordert.

Wir übergehen die von Augustinus umständlich gegen Faustus auseinandergeseßten christologischen Beziehungen des A. T., und wenden uns einem anderen Werke zu, in welchem er die angeblichen Widersprüche zwischen A. T. und N. T. zu beseitigen sucht.

§. 166.

Dieses Werk ist Augustin's Schrift gegen den Manichäer Adimantus. Adimantus stellte eine Reihe von Aussprüchen des A. T. und N. T. einander gegenüber, um die vermeintliche Unvereinbarkeit der Lehren und Aussagen beider Testamente darzulegen. In 1 Mos. 1, 1 stehe geschrieben, daß Gott Himmel und Erde geschaffen habe; bei Joh. 1, 10 hingegen heiße es, durch Christus sei die Welt hervorgebracht worden. Aber sagt nicht auch Moses, daß Gott durch sein Wort die Dinge geschaffen habe? In 1 Mos. 2, 2 werde gesagt, daß Gott am siebenten Tage zu schaffen aufgehört habe; bei Joh. 5, 1 heiße es, daß der göttliche Vater immerfort wirke. Dieß wäre nur dann ein Widerspruch, wenn die schöpferische Thätigkeit Gottes seine einzige Thätigkeit wäre. In 1 Mos. 2, 18 sagt Gott, daß der Mensch Vater und Mutter verlasse, um seiner Gattin anzugehören; bei Matth. 19, 29 wird gefordert, nicht bloß Vater und Mutter, sondern auch Gattin, Kind und Geschwister zu verlassen, um Christo anzugehören. Damit ist jedoch nicht die von Gott ursprünglich eingesezte Ehe aufgehoben, sondern nur jene eheliche und verwandtschaftliche Liebe getadelt, welche ein Hinderniß des Strebens nach christlicher Vollkommenheit ist. Ähnliches ist über die Zusammenstellung von 2 Mos. 20, 12 mit Matth. 8, 22 zu sagen. In 1 Mos. 4, 10 spricht Gott den Fluch über die Erde, und verdammt fie zur Unfruchtbarkeit, Alles müsse ihr durch saure Arbeit abgerungen werden; bei Matth. 6, 34 heißt es, daß man sich nicht kümmern soll, wovon man am folgenden Tage zu leben haben werde. Adimantus übersieht, daß der Fluch eine über Kain verhängte Strafe ausspricht, und nur so viel sagt, daß die Erde für Kain unfruchtbar sein werde. Im A. T. heiße es, der Mensch sei nach Gottes Ebenbild geschaffen; Christus hingegen sage (Joh. 8, 44), daß die Juden den Teufel zum Vater haben. Die Ähnlichkeit mit dem Teufel ist jedoch keine angeborne oder anerschaffene, sondern eine durch Nachahmung des Teufels erzeugte Ähnlichkeit, durch welche die Wesensähnlichkeit mit Gott nicht aufgehoben wird. In 2 Mos. 20, 5 heißt es, daß Gott die Sünden der Väter an den Nachkommen bis in's dritte und vierte Glied räche. Dieß weiß Adimantus nicht zu vereinen mit dem Ausspruche Christi Matth. 5, 45, daß Gott seine

Sonne über Gute und Böse aufgehen lasse. Verfährt etwa der Gebieter des manichäischen Lichtreiches gegen seine Widersacher milder, oder nimmt er Anstand, selbst seine eigenen Glieder zusammt dem Volke der Bösen zu züchtigen? Übrigens hat man unter der Bestrafung bis in's dritte und vierte Glied nicht vier Menschengenerationen, sondern die vier Epochen des jüdischen Volkes von Abraham bis David, von David bis zur babylonischen Gefangenschaft, von da bis zur Ankunft des Herrn, und von Christus bis an's Ende der Zeit zu verstehen. Die Vorschrift in 2 Mos. 21, 24: Auge um Auge, Zahn um Zahn, ist als Beschränkung des erbitterten Rachegefühles auf das Maaß der gerechten Vergeltung eine Vorbereitung zur Empfänglichkeit für das Matth. 5, 38 gegebene Gebot der langmüthigen Duldung von Kränkungen. Somit stehen sich auch in diesem Puncte A. T. und N. T. nicht unvereinbar gegenüber. Die Theophanieen des A. T. stehen nicht im Widerspruche mit Joh. 1, 18, weil sie in der That nur durch die Wirksamkeit des Sohnes oder Wortes Gottes vermittelt waren. Daß Gott in der Stiftshütte wohnen will, soll nach Adimantus gegen Matth. 5, 34. 35 verstoßen. Aber steht bei Jesai. 66, 1. 2 nicht etwas ähnliches wie in Matth. 5, 34? Und nennt nicht andererseits auch Christus das Bethaus, aus dem er Käufer und Verkäufer austrieb, das Haus seines Vaters? In 5 Mos. 12, 23 wird der Genuß des Blutes verboten, weil das Blut die Seele des Fleisches sei; bei Matth. 10, 28 hingegen wird die Seele als etwas Unzerstörbares hingestellt. Möchten die Manichäer, welche des mosaischen Verbotes spotten, sich erinnern, welche Schmach sie den Seelen aufnöthigen, die nach manichäischer Lehre in alle Thierleiber verwiesen werden können? Die Rüge des in 5 Mos. 4, 23 enthaltenen Verbotes geschnigter Bilder ist einfach eine Schmeichelei gegen den Paganismus. Darin wird wol auch der Anstoß an dem alttestamentlichen Gebote, be stimmte abgöttische Völker auszurotten (2 Mos. 23, 22), gegründet sein. Die Erlaubniß, Fleisch nach Gefallen zu genießen, nur nicht mit dem Blute (5 Mos. 12, 15), soll im Widerspruche stehen mit Luf. 21, 34; Röm. 14, 21 und 1 Kor. 10, 21. Dieser Widerspruch hätte dann statt, wenn in 5 Mos. 12, 15 die Erlaubniß zur Unmäßigkeit und rohen Gaumenlust ertheilt wäre. Das manichäische Fleischverbot hingegen ist mit Röm. 14, 1 ff. schlechthin nicht zu vereinbaren. Gegen die alttestamentlichen Speiseverbote 3 Mos. 11

ruft Adimantus das Wort Christi Mark. 7, 15 auf. Dieses zeugt aber eben nur gegen das manichäische Verbot von Fleisch und Wein. Daß das alttestamentliche Gesez Jenen, die es treu bewahren, irdische Glückseligkeit verheißt, während das neutestamentliche Gesez auf den himmlischen Lohn verweist und den Gerechten zeitliche Verfolgung in Aussicht stellt, ist wol richtig, aber auch der successiv sich entwickelnden Heilsökonomie Gottes angemessen, der sein Volk erst für den höheren Geistdienst des Evangeliums vorbereiten mußte. Indeß bietet das A. T. der Stellen genug, in welchen jene höhere, im Besize Gottes sich genügende Frömmigkeit des Herzens ihren Ausdruck findet. Den so häufig wiederkehrenden Hindeutungen auf die grausame Strenge des alttestamentlichen Gottes hält Augustinus beständig die neutestamentliche Lehre von der ewigen Verwerfung der Gottlosen entgegen 1).

§. 167.

In der Schrift De Genesi contra Manichaeos fommt Augustinus auf die Ur- und Grundschrift des jüdischen Monotheismus, auf die mosaische Schöpfungsgeschichte und Urgeschichte des Menschen zurück, um sie gegen die manichäischen Anfechtungen und Bemängelungen zu vertheidigen. In 1 Mos. 1. 1 heißt es: In principio creavit Deus coelum et terram. Die manichäischen Gegner fanden den Ausdruck in principio, anstößig; fie fragten, was für ein Anfang gemeint sei, und was Gott vor dem Anfange gethan habe. Augustinus antwortet, daß principium keine Zeitbestimmung ausdrücke, sondern Christum, das ewige Wort des Vaters bezeichne, durch welches Alles geschaffen worden sei. Aus 1 Mos. 1, 2: Tenebrae erant super faciem abyssi wollen die Manichäer herauslesen, daß Gott im Finsteren gewesen sei, ehe er das Licht schuf; als ob er nicht selbst das freilich nur geistig wahrnehmbare Urlicht wäre. Spiritus Dei ferebatur super aquam. Diesen Worten zufolge soll es den Anschein haben, als ob der Geist vom Wasser eingegränzt gewesen wäre. Das klingt gerade so, als wenn Jemand sagte, die Sonne sei von jenen Räumen eingeschlossen, in welche sie

1) So namentlich auch in der Schrift Contra adversarium legis et prophe

tarum.

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