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lumen mentium nannten, erklärt. Ebenso hoch steht Plato auf dem Gebiete der philosophia moralis; er erkennt es als Bestimmung des Menschen, Gott nachzuahmen, Gott zu lieben, Gott zu genießen er nennt Gott das wahrhafte und höchste Gut. Diese Erhabenheit der Platonischen Denkart hat von jeher aufgefordert, nachzudenken, ob Plato nicht vielleicht aus den heiligen Büchern der Juden ge= schöpft habe. Einige verfielen auf den Gedanken, er möge mit dem Propheten Jeremias zusammengetroffen sein, welcher mit den Stämmen Juda und Benjamin nach Ägypten abgeführt wurde. Aber Plato lebte doch viel später als Jeremias, und eine griechische Überseßung der heiligen Bücher der Juden wurde erst 60 Jahre nach Plato's Tode angefertiget, und nur der Befehl eines Königs war vermögend, ein solches Unternehmen in's Leben zu rufen. Gleichwol mag Plato bei seinen eminenten Geistesgaben im mündlichen Verkehr mit Juden in Ägypten sich Vieles aus ihrer heiligen Lehre angeeignet haben, vielleicht auch mit Hilfe eines Dollmetschers mit der heiligen Schrift bekannt geworden sein. Der Timäus des Plato erinnert in seiner Beschreibung der Weltbildung einigermaaßen an die Mosaische Schöpfungsgeschichte. Daß Plato unter allen Philosophen zuerst Gott den Unveränderlichen, in sich Beharrenden nennt, erinnert an das biblische: Sum qui sum (2 Mos. 3, 14), und dürfte eine der überraschendsten Ideen bei Plato sein. Gleichwol war auch Plato, und sind nach ihm die Platoniker, selbst die ausgezeichnetsten unter ihnen, ein Plotinus, Jamblichus, Porphyrius, Apulejus Afer, der Ansicht, daß man den vielen Untergöttern Opfer darbringen müsse. Wenn indeß Plato alle Götter für gute Wesen hält, so weist er eben hiemit schon die Meinung Jener zurück, welche meinen, daß man auch den bösen Gottheiten opfern soll. Bekannt ist, was er über das Verderbniß der Schaubühnen und über die Poeten dachte, welche die Volksreligion in Schauspielen darstellten. Wenn der Platoniker Apulejus den Dämon des Sofrates für ein von den Platonischen Göttern verschiedenes Wesen erklärt, so sezt er sich zu Plato in Widerspruch, oder Plato ist mit sich selbst in Widerspruch, indem er neben seinen guten Göttern auch noch anderen Wesen böser Art göttlichen Rang zuerkennt. Die Existenz solcher Wesen soll nicht in Abrede gestellt werden; widersinnig aber ist es, ihnen deßhalb, weil sie mit einem feineren Leibe, als der Menschenleib ist, bekleidet find, göttliche Ehren zuzuweisen. Gibt es nicht auch Thiere, welche

den Menschen durch gewisse Vorzüge des Scharfgesichtes, der Schnelligkeit, der sinnlichen Spürkraft u. s. w. übertreffen? Die Magie, deren böse Künste durch die Geseze des alten Rom verpönt sind, steht mit dem Dämonenculte in Verbindung. Apulejus selber wurde wegen solcher böser Künste vor Gericht belangt. Hat er sich etwa vor christlichen Richtern verantworten müssen? Diese bösen Geister zu Mittelwesen zwischen den Göttern und Menschen machen zu wollen, heißt der Gottheit und der Menschheit Schmach anthun. Was man von den Dämonen zu halten habe, läßt sich aus den Äußerungen des Hermes Trismegistos folgern, der, selber ein Verehrer der Dämonen, dennoch gesteht, daß sie durch Menschen zu Göttern gemacht worden seien. Die Menschen hätten, ihrer ursprünglichen Religiösität sich entschlagend, und von ihren hergebrachten Traditionen in ungläubiger Vergessenheit abgekommen, an ein Mittel gedacht, sich wieder Götter zu verschaffen. Sie erfanden eine Kunst, abgeschiedene Geister einst dagewesener Menschen in die Statuen und Götterbilder zu bannen. Also sind nach Hermes' Geständniß diese Dämonen nichts Besseres und Vornehmeres als die Menschen; und die Widersinnigkeit der ihnen angethanen Ehren ergibt sich unmittelbar aus den Geständnissen heidnischer Weisen selber. Zu einem Mittler zwischen Gott und Menschen eignet sich kein Wesen von solcher Beschaffenheit, wie man sich die Dämonen vorzustellen hat. Der Mittler soll die gottentfremdeten, in's Jrdische versenkten Menschen wieder zum gottähnlichen Sein und Leben erheben; er muß demnach selbst der himmlischen Gerechtigkeit voll, dem Leibe nach aber wie einer der sterblichen Menschen sein, damit er, selber Mensch, mit den Menschen auf menschliche und menschlichfaßbare Art verkehre. Bei jenen Dämonen verhält es sich gerade umgekehrt; man gibt ihnen einen ätherischen, unsichtbaren Leib, denkt sich aber in diesem Leibe eine böse, verdorbene Seele, die doch nur den Willen zu schaden und zu verderben haben kann.

§. 71.

Wir gehen nunmehr über auf die abschließenden Erklärungen der christlichen Literatoren über Ursprung und Wesen des Heidenthums und über die geschichtlich erweisbaren Quellen der heidnischen 20

Werner, apol. u. pol. Lit., I.

Theologie. Das Heidenthum sagt Eusebius 1) nahm aus dem Sterndienst seinen Ursprung 2). Unfähig, zum Geistigen sich zu erheben, und geblendet von dem prachtvollen Glanze des ges stirnten Himmels hielt man die Sterne für Götter. Nur die wenigen Gerechten aus alter Zeit, die in den heiligen Schriften der Hebräer genannt sind, bewahrten den Glauben an den Einen wahren Gott. An die Astralreligion schloßen sich weiter die theogonischen und kosmogonischen Mythen an, welche von den Ägyptern und Phöniziern durch Orpheus, des Hyagrus Sohn, und durch Kadmus zu den Griechen gebracht wurden; Tempel und Götterbilder aber kannte man in jenen alten Zeiten nicht, wie aus den Berichten der heidnischen Historiker sattsam hervorgeht, die uns überhaupt über das älteste Religionswesen des Heidenthums bündigen Aufschluß geben. So erklärt uns Diodor von Sicilien des Näheren die Anfänge der ägyptischen Astralreligion; die Götter Osiris und Isis bedeuten Sonne und Mond, worauf selbst schon die Etymologie der beiden Götternamen hinweist. Denn Osiris heißt vieläugig, und will als Hindeutung auf die vielen lichtaussendenden Strahlen der Sonne verstanden sein. Einige griechische Mythologen, wie Orpheus und sein Schüler Eumolpus, identificirten den Osiris mit dem Bacchus, daher Lezterer auch Sirius genannt wird, was ähnlich wie Osiris klingt, gleichwie auch die griechische Wurzel oɛigiáo, leuchten, brennen (von der Sonne ausgesagt), auf die mit dem ägyptischen Osiris verwandte Bedeutung des Bacchus hinweist. Darum hat Bacchus ein glühendes Gesicht, darum wird er Phanes (von qaivo) oder Dionysos genannt (výrτw = stoßen, stechen). Das gefleckte Pantherfell des Dionysos soll nach Einigen den sternbesäten Himmel ausdrücken. Isis heißt im Ägyptischen: Antiqua, wegen des urältesten Phōnomens des Mondaufganges; ihr gehörntes Gesicht deutet auf die Mondeshörner. Gleicherweise verehrten uranfänglich die Phönizier die Gestirne und nebstdem auch die Elemente als Götter. Auch die Griechen verehrten wie Plato bemerkt anfänglich nur die Gestirne, den Himmel und die Erde; von dem beständigen Laufe (Deiv) der Gestirne wurden die Götter 9ɛó genannt. Daraus geht

(vúttw

1) Praep. evang., Lib. I et II.

2) Vgl. oben in §. 47. die von Athanasius in dieser Beziehung gegebenen Ausführungen.

zugleich hervor, daß man in ältesten Zeiten vom Cultus der menschenähnlichen Götter des Olymps, von Heroencult u. s. w. Nichts wußte. Ähnliches gilt nach dem Zeugnisse des Dionys von Halis karnaß von der ältesten römischen Religion; Romulus wollte von dem mythischen Götterwesen Nichts wissen. Der älteste Cult bestand in Darbringung von Feldfrüchten, und wurde, wie Porphyrius nach Theophrast bemerkt, zuerst durch Nilus, den ersten Colonisator Ägyptens und ältesten Religionsstifter eingeführt. Man opferte die Feldfrüchte, indem man sie verbrannte, in Rauch aufgehen ließ (avaθυμιάσις), moraus fic bίε 2lubrüde θυμιατήρια, θύειν, θυσίσαι gebildet haben. Daraus geht hervor, daß das Wort dvoia nur fälschlich und mißbräuchlich auf Thieropfer (Thierschlachtung) angewendet wird. Die ersten Opferer hielten so strenge auf ihre ur sprünglichen Bräuche, daß sie im Voraus jedem künftigen Neuerer fluchten (ngάoavto), und die Rauchopfer selber ágáμata (von ágáοuai) nannten.

Aus dem Gesagten erhellt hinlänglich, daß man es den Christen nicht verübeln darf, wenn sie einen Tult und eine Lehre aufgegeben haben, welche den Heiden selber in den älteren Zeiten unbekannt waren, mithin augenscheinlich neuere Erfindung sind. Es könnte nunmehr gefragt werden, warum die Christen, wenn sie die spätere heidnische Religion und Götterverehrung für eine Entstellung der früheren halten, nicht auf diese zurückgegangen find, statt sich gänzlich von der ererbten Religion loszusagen? Zu dem Ende mögen die ältesten Lehren der bedeutendsten Völker und ursprünglichen Träger der heidnischen Religion durchgegangen werden. Aus der Beleuchtung ihres Inhaltes wird sich die Antwort auf die an die Christen gestellte Frage von selbst ergeben.

Über die älteste phönizische Theologie gibt Sanchuniathon Aufschluß, dessen Werke Philo von Biblus in's Griechische überseßte. Nach Porphyrius war Sanchuniathon ein Zeitgenosse der Semiramis, und trug sein Werk aus den Urkunden der phönizischen Städte und Tempelarchive zusammen; je höher ihn Porphyrius in die Zeiten des Alterthums hinaufrückt, desto unverdächtiger sind seine Angaben über die älteste Fassung der religiösen Lehren der Phönizier. Er schöpfte, wie Philo angibt, aus den Schriftdenkmalen des Schrifterfinders Taut, den die Ägypter Thoyth, die Alexandriner Thoth nennen, aus welchem die Hellenen ihren Hermes her

ausgedeutet haben. Taut wollte die ganze Urgeschichte des phönizischen Volkes und der Menschen überhaupt schreiben, und so griff er demnach bis auf die Entstehung der Welt und der Menschen zurück, und erklärt, wie die historischen Personen der ältesten phönizischen Geschichte allmählig Götter geworden sind. Anfangs war das Chaos, welches durch ein in ihm sich regendes geistiges Princip in Gährung und Begier verseßt, den Moth '), d. i. die Materie erzeugte; diese seßte feimträchtig alles Übrige aus sich heraus. Darunter waren lebendige, jedoch empfindungslose Wesen, aus welchen geistbegabte Wesen entsprungen sind, Zophasemin, d. i. Himmelsbeschauer genannt 2), und dem Himmel ähnlich (kugelförmig) gebildet. Dieß sind die Astralgötter der Phönizier. Das Leuchten der Luft regte gewaltige Elementarprocesse an, und das Krachen der Donner weckte in den noch empfindungslosen Wesen plößlich Empfindung und Bewußtsein. So entstand alles Lebendige, was auf Erden und im Wasser lebt. Die Menschen läßt Sanchuniathon von den beiden Winden Kolpia und Baan abstammen 3); Baan, das Weib des Kolpia, ist die griechische vý§. Sie gebar den Alov und die Пlowτóyovos, die ersten Menschen. Äon entdeckte, daß die Baumfrüchte genießbar seien. Von diesem ersten Paare stammten Tévos und Teven, welche Phönizien zum Wohnsiz nahmen. Diese erhoben bei einer sengenden Hiße zum erstenmale betend ihre Hände zur Sonne, die sie Beelsamen, d. i. Herrn des Himmels *) nannten, woraus der griechische Ais (Zevs) entstanden. Die Nachkommen des Genos kamen durch Reibung von Hölzern auf die Erzeugung des Feuers, und trugen die Namen pos, não̟, qλók, welche Namen

1) Moth oder Muth heißt nach Plutarch in der ägyptischen Sprache Mutter (μήτηρ, mater).

2) Man erklärte diesen Ausdruck aus den beiden hebräischen Worten

contemplari

.coeli שָׁמַים

3) In diesen beiden Namen Kopia und Baan findet Hugo Grotius Anzeichen von Benüßung der Mosaischen Kosmogonie durch Sanchuniathon. Colpia vox oris Domini, baan oder boan = H□ 1 Mos. 1, 2.

=

,קל־פִּי־יָה

Das bereits bewegte Dinn ist nip', woraus das phönizische uwr und das griechische uódos.

4) Beel ober Baal = Dominus; samen, semen, semes = hebr. schemeseh,

Sonne.

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