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wurde der Tempel der Venus calva errichtet. Das römische Cultwesen ist eine Erfindung des Königs Numa, welcher durch dieses Mittel die Bande des Gehorsams seiner Unterthanen festigen wollte. Orpheus führte in Böotien den Bacchuscult ein, bei dessen Feier er selber umkam und in Stücke gerissen wurde. In Creta brachte zuerst der König Melissus den Göttern Opfer; seine Tochter Melissa bestimmte er zur Priesterin der Dea Magna, deren Priesterinnen fortan Melissen hießen. Da sie mit ihrer Schwester den Knaben Jupiter zu erziehen hatte, nährte sie ihn mit Milch und Honig, woher die Sage entstanden sein mag, die Bienen (uɛhooα) seien herbeigeflogen, um den Mund des Knaben mit Honig zu füllen. Über die heidnische Volksreligion haben bereits schon heidnische Dichter treffende Aussprüche gethan. Persius singt:

Nec pietas ulla est, velatum saepe videri

Vertier ad lapidem, atque omnes accedere ad aras
Nec procumbere humi prostratum et pandere palmas
Ante Deum delubra, nec aras sanguine multo
Spargere quadrupedum, nec votis nectere vota.

Horaz läßt spottend einen feldhütenden Priap sagen:
Olim truncus eram ficulnus, inutile lignum;

Cum faber incertus, scamnum faceretne Priapum,

Maluit esse Deum. Deus inde ergo, furum aviumque

Maxima formido.

Wenn einige heidnische Völker, und auch Philosophen wie die Stoiker, die Gestirne für Götter ausgeben, so hat abermals ein heidnischer Dichter (Ovid) weiter und tiefer gesehen:

Tot numero, talique Deus simulacra figura

Imposuit coelo, perque atras sparsa tenebras

Clara pruinosae jussit dare lumina nocti.

Und in der That, wer möchte die Sterne, die bestimmten Gesezen der Bewegung unterworfen sind, für Götter halten, da sie nicht einmal so frei, wie die lebendigen Erdwesen sind, welche sämmtlich wenigstens das Vermögen willkürlicher Selbstbewegung haben? So fann auch diese spiritualisirte Form des Heidenthums vor der Vernunft nicht bestehen. Um so weniger die Volksreligion. Man denke nur, daß die ersten Gründer und Beschlußfasser in römischen Religionssachen einfache, beschränkte Hirten waren, welche Romulus zu seinem Senat auserlesen hatte:

Curia praetexto, quae nunc nitet alta senatu,

Pellitos habuit, rustica corda, patres.

Wer wird solche Auctoritäten für bindende halten, und die Pietät gegen die Meinungen derselben für eine Pflicht des gebildeten Römers ausgeben wollen?

§. 66.

sagt Firmicus Ma

Das Wesen der heidnischen Superstition ternus in seinem an Constantin's Söhne gerichteten Werke 1) besteht darin, daß statt des Schöpfers die Elemente, d. i. die Principien der Geschöpfe, zum Gegenstande der Verehrung gemacht werden. Die Ägypter verehren das Wasser, die phrygischen Bewohner von Pessinus die Erde, womit ihr Cerescult zusammenhängt, die Assyrer und ein Theil der Africaner die Luft unter dem Bilde der Juno oder Venus, die Perser das Feuer, womit der naturalistische Mithrasdienst in Verbindung steht. Außerdem gibt es noch verschiedene andere Culte, deren geschichtlicher Entstehungsgrund ihre Verwerflichkeit zur Genüge zeigt. Die Bacchusmysterien haben die scandalöse Hausgeschichte des kretischen Königs Jupiter zu ihrer geschichtlichen Grundlage. Ein anderer Bacchus oder Liber war ein mit magischen Künsten umgehender wollüstiger Tyrann von Theben, welchen Lykurg vertrieb und tödtete; die alten sittenstrengen Römer wiesen das Unterfangen, die Bacchanalien bei ihnen einzuführen, mit Abscheu zurück. Der Raub der Proserpina hat zu seinem geschichtlichen Kerne eine Entführung; der Entführer, Pluto mit Namen, stürzte fich, von der Mutter und deren Helfern verfolgt, mit seiner Beute in den See Percus bei Enna. Serapis ist der ägyptische Joseph, der Urenkel der Sara: Zagus aлo, daher sein ägyptischer Name Sarapis oder Serapis. Das Wort Penaten ist herzuleiten von penus, womit man alles Eßbare bezeichnet; die Erfindung der Penatengötter ist somit eine Eingebung des nach Speise und Tranf begehrenden Menschen. Vesta ist eine vergötterte Personification des Feuers auf dem Küchenherde. Das Palladium ist aus den Gebeinen des unzüchtigen Pelops, an welchem ein beleidigter Vater die Schmach seiner Tochter mit dem Tode rächte, verfertiget. Die

1) De errore profanarum religionum.

Etymologie der Götternamen gibt zu erkennen, aus welchen Vorstellungen ganz gewöhnlicher Dinge sie gebildet wurden. Sol heißt die Sonne, weil sie am Tage als einziges Gestirn am Himmel leuchtet. Luna ist so viel als Lucina (von lucere); Neptunus fommt von natare, Dis von Dives, weil die Erde dem Menschen ihre Schäße reichlich spendet; Proserpina von prodesse und serere, Mars oder Mavors von magna vertere, Minerva von minari u. s. w. Firmicus führt nun auch noch mehrere mystische Formen heidnischer Geheimdienste vor, und beleuchtet sie im Verhältnisse zu den ihnen entgegengeseßten Mysterien der christlichen Religion. So wird ihm das Reich der dämonischen Lüge und Bethörung die dunkle Folie des lichten Gottesreiches und seiner heiligen Geheimnisse und Riten; er vernimmt im Geiste die alttestamentlichen und apokalyptischen Prophetenstimmen, welche das Endgericht Gottes über die Gräuel des gößendienerischen Heidenthums weissagen, und fordert schließlich die kaiserlichen Söhne Constantin's auf, zur Ehre Christi im Bereiche ihrer Macht dem Unwesen des Heidenthums ein Ende zu machen.

Solchen Wünschen und Aufforderungen traten noch in des Theodofius Tagen Bitten und Wünsche von entgegengesetter Seite gegenüber, nachdem Gratian vom Siegesaltar das Bild der Göttin Victoria hatte wegnehmen lassen. Des Symmachus Intercession bei dem jugendlichen Valentinian II für Beibehaltung jenes altehrwürdigen Symboles der römischen Weltmacht wurde durch eine energische Gegenrede des heiligen Bischofes Ambrosius erwidert, welcher den jugendlichen Kaiser in Christi Namen und bei seiner Pietät gegen Vater und Bruder beschwor, das Begehren des Symmachus abzuweisen, welches fälschlich für eine Kundgebung des Senates der ewigen Stadt ausgegeben werde, während es nur die Wunschesäußerung einiger noch heidnisch genannter Senatoren wäre 1). Auf ähnliche Art, wie Ambrosius, beantwortete des Symmachus Wehklage über den Verfall der alten Religion der christliche Poet Aurelius Prudentius mit einer Dichtung in zwei

1) Die Relatio Symmachi und die beiden Schreiben des Ambrosius an Valentinian, das leztere derselben eine Widerlegung der Relatio Symmachi, finden sich in der Mauriner Ausgabe der Opp. S. Ambrosii, Tom. II, p. 824-842.

Gesängen 1), deren erster das heidnische Religionswesen im Allge= meinen schildert 2), der zweite speciell die von Symmachus geltend gemachten Gründe heidnisch-römischer Pietät zurückweist 3).

§. 67.

Auch in den Zeiten, in welchen bereits Augustinus als ein leuchtendes Gestirn die christliche Welt mit seinem Ruhme erfüllte, waren die Neigungen zu dem bereits durch kaiserliche Geseze abgethanen und verpönten Paganismus nicht erloschen. Die schweren Prüfungen des bereits sinkenden Reiches unter den rauhen Stürmen der Zeit, die Einfälle der Gothen unter Alarich, die Plünderung und Verheerung Roms sowie eines großen Theiles von Italien und andere Unglücksfälle galten den noch heidnisch Gesinnten als ein unverkennbares Zeichen des Zornes der alten Götter, und als Strafe des Abfalles von ihnen. Die Untreue der Christen, die dem Glauben ihrer Väter abtrünnig geworden, sei Ursache an dem Verfalle des Reiches; man müsse zu den alten Göttern wiederkehren, unter deren Herrschaft das Reich groß und mächtig geworden, an deren Verehrung seine Fortdauer und Wohlfahrt geknüpft sei, in

1) Contra Aurelium Avianum Symmachum Urbis Praefectum. Libri duo. 2) Ähnlichen Inhaltes ist des Paulinus von Nola Poëma ad Antonium (Opp. ed. Muratori p. 693-716). Der Zweck des Gedichtes ist im Eingange ausgesprochen:

Discussi, fateor, sectas Antonius omnes,

Plurima quaesivi, per singula quaeque cucurri;
Sed nihil inveni melius quam credere Christo.
Haec ego disposui leni conscribere versu,
Et ne displiceat, quod talia carmina pando,
David ipse chelym modulata voce rogavit,
Quo nos exemplo pro magnis parva canemus,
Dicentes quae sunt fugienda, sequenda, colenda,
Cum tamen in cunctis et res et causa probetur.

3) Nach mehr als 100 Jahren nach dem erwähnten Vorgange hatte Papst Gelasius noch nöthig, zu beweisen, daß nicht die Unterlassung der abge= schafften Lupercalien, sondern die Begehung derselben den Römern viel Schlimmes gebracht habe. Vgl.: Tractatus adversus Andromachum Senalorem ceterosque Romanos qui Lupercalia secundum morem pristinum colenda constituebant. Abgedruckt in Mansi Coll. Conc., Tom. VIII, p. 95-101.

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dem die alte Religion des Reiches mit allen Institutionen desselben, mit der moralischen Größe und Stärke seiner Bürger auf's Engste und unzertrennlich verwachsen sei. Diese weitverbreitete Stimmung veranlaßte den heiligen Augustinus zur Abfassung seines unsterblichen Werkes De civitate Dei, auf dessen ersten Haupttheil, welcher polemischer Natur und vornehmlich gegen das römisch - heidnische Religionswesen gekehrt ist 1), hier näher eingegangen werden soll. Augustinus unterläßt nicht, gleich im Eingange seines Werkes hervorzuheben, daß die Römer bei Verheerung ihrer Stadt durch die Gothen es einzig deren Achtung vor den christlichen Heiligthümern und vor den Geboten des christlichen Erbarmens zu danken haben, daß dieselben nicht weit übler hausten. Nicht die alten Götter, sondern Christi Name war der Schuß der bedrängten und wehrlosen Stadt. Man will, daß die alten Götter wieder geehrt werden fährt Augustinus fort 2) und preist die Zeiten, in welchen sie die Verehrung der Römer ungetheilt besaßen. Aber was verdanken denn die Römer ihren Göttern? Etwa ihre Geseze? Diese haben sie aus Athen geholt. Oder die Erweckung zu edlen und ruhmreichen Thaten? Die Römer waren auch in alten Zeiten nicht jenes gerechte und tugendreiche Volk, als welches sie sich selbst rühmen. Die circensischen Spiele feiern und verewigen das Andenken eines groben Unrechtes, welches gleich anfangs bei Gründung des Staates durch den Raub der Sabinerinnen und den daraus entstandenen Krieg begangen worden. Sie begiengen hiemit an ihren Nachbarn ein Unrecht, das sie im eigenen Staate nicht duldeten und an ihrem lezten Könige Tarquinius züchtigten, dessen Sohn der Lucretia Schmach angethan; ja sogar den Gatten der Lucretia zwangen sie, Rom zu verlassen, bloß, weil er auch ein Tarquinier war. M. Camillus, der Eroberer von Veji, gieng freiwillig in die Verbannung, in welche ihm noch eine ungerechte Verurtheilung zum Schadenersaße nachfolgte. Von jeher übten, wie Sallust hervorhebt, die Begüterten und Vornehmen einen harten Druck auf die niederen Klassen; daher einmal die Auswanderung der Lehteren auf den Mons sacer. Von der Zerstörung Carthago's an nahmen die inneren Parteiungen immer mehr überhand, bis es zum Ausbruche des Bürgerkrieges kam. Welches Sittenverderb

1) Lib. IX.

2) Civ. Dei II, c. 17 ff.

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