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von den Dichtern erfundenen Rachegöttinnen. Einige Philosophen vergötterten verschiedene Affecte: Furcht, Liebe, Freude, Hoffnung. Einigen gefiel es, gewisse abstracte Begriffe zu vergöttern; so entstanden die atheniensischen Göttinnen: Gerechtigkeit, Klotho, Lachesis, Atropos, Auxo und Thallo. Homer und Hesiod trugen das Jhrige bei, die Götterzahl zu mehren und namentlich die kanonische Zahl der zwölf großen Götter zu fixiren. Wohlthaten der vorsehenden göttlichen Güte gaben dem bereits verblendeten Heidensinne Anlaß zur Erfindung neuer Götter; die Schiffer ehren den Kastor und Pollux, aus schweren Gefahren oder Krankheiten Gerettete den Herkules aλɛşixaxos oder Äskulap u. s. w. Geht man alle jene schmachvollen Dinge durch, welche die Hellenen von ihren Göttern erzählen, so muß man die Ägyptier noch loben, da die von ihnen angebeteten Thiere wenigstens solcher Dinge nicht fähig sind. Die Hellenen machen sich über den Thiercult lustig; aber haben nicht auch die Thebaner das Wiesel angebetet, und die Thessalier den Storch, ja sogar die Ameisen, weil Jupiter unter der Gestalt einer Ameise mit Eurymedusa den Myrmedon erzeugte? Die Bewohner der Landschaft Troas verehren eine gewisse Gattung Mäuse (oμivdos), weil durch dieselben einmal die Schilde der Feinde zernagt worden waren; von diesen Mäusen hat. Apoll den Namen Sminthius. Die Hellenen verehren die Dämonen, und glauben, an ihnen hilfreiche Schüßer zu haben. Aber die Dämonen find lustgierige und boshafte Wesen, welche nur nach dem Dampfe der Fettopfer und nach blutigen Megeleien unter ihren Anbetern gelüstet, wie die Scenen des trojanischen Krieges bezeugen. Aristomenes opferte dem Jupiter von Ithome 300 Lacedämonier auf einmal; die taurischen Völker schlachteten alle Fremden zu Ehren der Diana, die nebstbei auch von den Phocäensern durch ähnliche Opfer geehrt wurde; zu Pella in Thessalien war es üblich, dem Peleus und Chiron einen Argiver zu opfern; die Lyktier, eine kretensische Völkerschaft, brachten ihrem Jupiter jährlich Menschenopfer; Bacchus empfieng solche Opfer von den Lesbiern. Der Athener Erechtheus und der Römer Marius opferten ihre eigenen Töchter, der Eine der Persephone, Marius den Diis Averruncis. Solche Götter sind keine Schüßer und Freunde, sondern Hasser der Menschen; Apollo führte den Krösus, der ihm vertraute, durch zweideutige Orakel dem Untergange entgegen. Wie die Tempel und Statuen entstanden sind, läßt sich unschwer zeigen;

der Ursprung derselben zeigt gleichfalls das Sündhafte und Verkehrte des heidnischen Cultus. Der erste Gott, dem ein Heiligthum errichtet wurde, war Eros, ein schöner Jüngling, dessen Andenken sein Liebhaber Charmus verewigen wollte; ähnlich verhält es sich mit dem Venustempel auf Paphos. Die ersten Heidentempel waren also eigentlich Grabdenkmäler verstorbener Menschen. Ebenso läßt sich der geschichtliche Ursprung der Götterstatuen nachweisen. Man hatte anfangs keine Statuen; die Scythen verehrten ein Schwert, die Araber einen Stein, die Perser einen Fluß. Das erste Symbol der Diana war ein unbehauener Holzkloß; erst allmählig formte man die rohen Hölzer zu menschlichen Gestalten. Den Römern vertrat ursprünglich ein Spieß das Zeichen des Marsgottes. Man weiß die Namen der Künstler, welche später die berühmten Götterstatuen anfertigten. Der Gott Serapis ist eigentlich erst durch Verschmelzung von zwei Göttern (Osiris und Apis) zu Einem Götterbilde ein Gott geworden. Praxiteles bildete in der Knidischen Venus seine Freundin Kratina ab, Phryne diente allen Malern ihrer Zeit zum Modell für Venusbilder, Mercur wurde in der Gestalt des Alcibiades abgebildet. Mit der Anbetung lebloser Gößen finkt die Abgötterei auf die unterste Stufe der Stupidität herab. Zugleich ist diese Art von Göttern der entehrendsten Impietät und den schlimmsten Zufälligkeiten ausgeseßt. Die römische Felicitas, die Hauptgöttin des Reiches, mußte mit einem Plage in einer Kloake vorlieb nehmen. Der jüngere Dionys ließ einer Jupiterstatue den goldenen Mantel abnehmen, der im Sommer zu schwer, im Winter zu kalt sei. Die Vögel und anderes Ungeziefer häufen ungescheut Unrath auf die todten, regungslosen Statuen; ebenso schont das Feuer der Tempel und ihrer Götter nicht, wie verschiedene Brände in Ephesus, Alexandrien, Athen und auf dem römischen Capitol bezeugen. An die Stupidität der Anbetung lebloser Gegenstände reiht sich die maaßlose Hoffart der Selbstvergötterung. König Geyx und seine Gattin Alcyone titulirten sich gegenseitig Juno und Jupiter; Alexarchus gab sich für den Sonnengott aus; Demetrius Poliorcetes feierte in Athen sein Beilager mit Minerva, substituirte aber bei der Feier der leblosen Göttin des Tempels die Buhlerin Lamia. Pygmalion hingegen entbrannte in Liebe für eine elfenbeinerne Venusstatue; und er ist nicht der Einzige, der einer unzüchtigen Versündigung mit Venusstatuen bezüchtiget wird. Affen

wärter sagen, daß selbst die geilen Affen durch eine mit Mädchenkleidern angethane Statue sich nicht locken lassen. So sinkt also der dämonisch bethörte Mensch unter den geilen Affen herab, um die Schmach der entehrten Menschheit zur höchsten Stufe zu steigern! Nichts zu sagen von den üppigen Venusbildern, von den lasciven Satyrbildern voll hündischer Schamlosigkeit u. s. w., die man aller Orten in Gemächern über Ruhebetten aufgehangen findet, und anderen Gemälden und Darstellungen ähnlicher Art; so daß eigentlich das ganze Heidenthum in den Geist der Unzucht versenkt erscheint, daher es auch mit grimmigem Hasse gegen das heilige und Reine, was von Oben ist, sich kehrt.

Die hellenischen Philosophen haben sich den allerrohesten Jrrthümern der heidnischen Volksreligion allerdings entzogen, großentheils aber nicht den ihr zu Grunde liegenden verkehrten Vorstellungen. Wenn Wasser, Erde oder Feuer als das göttliche Urelement erklärt wurden, so ist dieß nur ein anderer Ausdruck für die Gottheiten Neptun, Mars (Erde, Eisen), Vulkan, und eine aus dem Naturdienste der Perser, Sauromaten, Magier u. s. w. entlehnte Vorstellung. Anaximander, Anaxagoras und Archelaus kannten neben der Materie wenigstens noch ein geistiges Princip; Aristoteles hält Gott für die Weltseele, die Stoiker lassen alles Materielle, auch das Niederste und Gemeinste, von Gott durchdrungen sein. Indeß, es hat weise Philosophen, auch unter den Hellenen, gegeben, welche den einzig wahren Gott dachten, und als unaussprechlichen Höchsten erkannten. So Plato 1), welcher das ewige Wort die Sonne der Seele nennt, und die Erkenntniß Gottes aus der Erleuchtung durch Gott ableitet. Xenophon vergleicht Gott mit der Sonne, in deren Glanz kein Auge schauen könne 2). Antisthenes sagt, daß mit Gott

1, Die oben im Terte berührten Stellen aus griechischen Philosophen und Dichtern find größtentheils solche, welche auch von anderen Apologeten als Zeugnisse für die christliche Wahrheit benüßt werden. Die von Clemens angezogene Platonische Stelle: „daß es schwer sei, den Werkmeister und Vater des Alls zu finden; und wenn man ihn gefunden hätte, schwer, ihn auszusprechen“, wird citirt von Justinus M. (Apol. II, p. 27), Athenagoras (Legat. II, p. 25), Tertullianus (Apol., c. 46), Cyrillus Alex. (Contra Julian., I, p. 31), Minucius Felix (Octav., p. 155). 2) Dieses Citat aus Xenophon Memorabil., IV, p. 802, wird wiederholt von Werner, apol. u. pol. Lit., I. 11

Nichts zu vergleichen sei. Kleanthes spricht von den Eigenschaften des wahren Guten, worunter er, da er es substanziell versteht, nichts Anderes als Gott meint'). Die Pythagoräer nennen Gott den Vater und Fürsorger aller Dinge, in dessen Kraft und Wirksamkeit sich fortwährend die Harmonie des Alls vermittelt 2). Auch bei den Dichtern Aratus, Hesiod, Euripides 3), Sophokles *), Orpheus 5),

Eusebius (Praep. evang., XIII, p. 678), Cyrillus (Contra Julian.,
I, p. 32).

1) Vgl. Eusebius, Praep. evang., XIII.

2) Vgl. dasselbe Citat bei Justinus M. (Cohort. ad Graec., p. 84. 85), Cyrillus (Contra Julian., I, p. 30), Minucius (Octav., p. 151), Lactantius (Inst. div. I, c. 5).

*) Die betreffenden Verse des Euripides werden vollständiger bei Athena goras (Legat. c. 5) citirt, und lauten:

Du siehst den hohen, gränzenlosen Äther dort,
Der um die Erde rings die feuchten Arme schlingt;
Daß dieser Zeus sei, glaube, halte ihn für Gott.

Diese Stelle beweist nun freilich nicht, was sie beweisen soll; eher eine an=
dere Euripideische, welche Clemens Alex., Cohort., p. 45, citirt:

Τον πάνθ' ὁρῶντα κ' αὐτὸν οὐχ ὁρώμενον.

*) Die angeblich von Sophokles herrührenden Verse werden auch von Justinus (Cohort. ad Graec., p. 83, De monarch., p. 155), Eusebius (Praep. evang., XIII, p. 680), Cyrillus (Contra Julian., I), Theo= doret (De curandis Graecorum affectibus, VII, p. 590) citirt, und lauten Εἷς ταῖς αληθείαισιν, εἷς ἐστὶν Θεὸς, ὃς οὐρανόν τ' ἔτευξε, καὶ γαῖαν μακρὴν, Πόντου τε χαροπὸν οἶδμα, κ' ανέμων βίας· Θνητοι δὲ, πουλυκερδίᾳ πλανώμενοι, Ιδρυσάμεθα πημάτων παραψυχὴν,

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Θεῶν αγάλματ' ἐκ λιθίνων, ἢ ξύλων, ἢ χαλκέων,

Ἢ χρυσοτεύκτων, ἢ ελεφαντίνων, τύπους·
Θυσίας τε τούτοις καὶ κενὰς πανηγύρεις

Νέμοντες, οὕτως εὐσεβεῖν νομίζομεν.

Wem es gebührt, dem töne mein Wort, verschließet die Thüren
Ungeweihten; du Sohn der leuchtenden Luna, Mufäus,
Hör', ich verkündige dir, was wahr ist; und nimmer beraube,

Was in der Brust du früher geschaut, dich des theueren Lebens.

Schau' auf das göttliche Wort, beschäftige eifrig mit ihm dich,

Lenkend den Sinn, und sein Reich, das Herz; auf dem Pfade, der rechts führt,

Schreite einher, und richte den Blick auf den Herrscher der Welt nur.

Einer ist, selber sich schuf er; geschaffen von Einem ist Alles;

Menander 1) brechen solche Äußerungen durch, und selbst Homer läßt stellenweise durchblicken, daß ihm seine Götter tief unter der Idee eines wahrhaften Gottes stehen 2). An diese Zeugnisse reihen sich die Aussprüche der Sibylle 3) und der prophetischen Bücher des Alten Testamentes. Gott bezeugt durch den Mund des Propheten Jeremias *), daß er keiner Creatur ferne, sondern jederzeit und überall nahe ist. „Glaubte der Mensch Etwas ungesehen thun zu können, ich sehe ihn dennoch. Erfülle ich nicht Himmel und Erde?" „Wer umspannt gleich mir den Himmel mit der Hand, und wägt

Fort in dem All auch waltet er stets; der Sterblichen Keiner
Schauet ihn an, er selber jedoch sieht Alle sie wandeln.

Diese Verse werden häufig citirt; so bei Justin (Cohort. p. 77), Tatian
(p. 34), Eusebius (Praep. evang., XIII, c. 12), Theodoret (Cur
Graec. affect., I, p. 475), Cyrillus (Contra Julian., I).

1) Menander sagt von den Bettelpriestern der Cybele:

Οὐδείς μ' ἀρέσκει, φησί, περιπατῶν ἔξω Θεὸς

Μετὰ γραός, οὐδ' εἰς οἰκίας περειδιών

Ἐπὶ τοῦ σανιδίου μητραγύρτης.

2) Eine ähnliche Stelle hebt Clemens aus Euripides' Jon V. 442 ff. aus welche auch bei Justin de monarchia angeführt ist:

Πῶς οὖν δίκαιον, τοὺς νόμους ὑμᾶς βροτοῖς
Γράψαντας, αὐτοὺς ἀδικίας όφλισκάνειν ;

Εἰ δ', οὐ γὰρ ἔσται, τῷ λόγῳ δὲ χρήσομαι·

Δίκας βιαίων δώσετ ̓ ἀνθρώποις γάμων,

Σὺ, καὶ Ποσειδῶν, Ζεύς 9' ὃς οὐρανοῦ κρατεῖς,

Ναοὺς τίνοντες ἀδικίᾳ κενώσετε.

3) Auch Theophilus (Ad Autolycum, II, vers. fin.) citirt die von Clemens angezogene Stelle:

Was irret ihr? Thörichte Menschen,

Höret doch auf, in lichtloser Nacht, in finst'rer, zu irren,

und verlasset das Dunkel der Nacht; folgt treulich dem Lichte;
Sehet, es strahlt euch Allen ja hell, und führet nicht irre.
Kommet herbei und folget nicht stets dem nächtlichen Dunkel;
Herrlich strahlet mit lieblichem Licht, o sehet, die Sonne.
Laffet der Weisheit Raum in euerer Brust und erkennet;
Einen Gott nur gibt es; er sendet das Leben der Erde,
Regen und Wind und Bliße und Pest und Hunger und Sorgen,
Schneegestöber und Eis. Doch warum erwähne ich Jedes?
Er gebietet dem Himmel, und Erde und Orcus beherrscht er.

*) Jerem. 23, 23. 24.

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