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auszuschliessen. In der Literatur ist von einer Anwendung der Narkose bei dieser Operation nichts zu finden, höchstens die ausdrückliche Erwähnung, dass man sie nicht vorgenommen habe. Die Rücksicht auf die bei der Diphtheritis gefährdeten Nieren darf uns vor einer vorsichtigen Anwendung des Chloroforms nicht zurückschrecken lassen, benutzt man doch das Chloroform trotz bestehender Gefahr der Schwangerschaftsniere bei Eklampsie und, was noch näher liegt, bei der Tracheotomie wegen Diphtheritis. Und hier handelt es sich ja nur darum, ein einziges Mal, durch wenige Tropfen Chloroform eine Narkose zu erzielen, um in ihr den Weg kennen zu lernen, auf welchem man bei dem später erfolgenden Tubenwechsel mühelos ohne Chloroform zu manipuliren im Stande ist.

Denn die Erlernung der Intubation mag zwar nach Carstens (Jahrb. f. Kinderheilkunde, Bd. XXXVIII, Heft 2 u. 3) durch Vorübungen am Heubner'schen Phantom bedeutend erleichtert werden, aber, wie auch dieser Autor sagt, die Einführung der Tube bietet eben am Lebenden mehr Schwierigkeiten, als am Phantom, besonders durch die Unruhe der Kinder. Diese wird durch unser Verfahren ausgeschaltet. Die dreissig Mark, welche die Instrumentenmacher für das Phantom fordern, sind so gut wie weggeworfen. Den hohen Preis des O'Dwyer'schen Bestecks setzt man um 20 Mark herab, wenn man das schwer zu handhabende und leicht. Verletzungen schaffende Extubationsinstrument weglässt und durch den liegenbleibenden Faden ersetzt. - Uebungen an der Leiche aber sind keine Uebungen am Lebenden, besonders dort, wo sich um die verschiedene Elasticität der Gewebe handelt; wie beim Katheterismus der Harnröhre, so auch bei dem der Luftwege. Das Intubationsbesteck ist auch schwer aseptisch zu erhalten. Ich wenigstens würde mich hüten, ein an der Leiche gebrauchtes Exemplar beim Lebenden zu verwenden, trotz allen Auskochens.

Die fortgesetzte Betäubung durch Chloralhydrat, von dem ich nirgends gefunden habe, dass es einen deletären Einfluss auf die Niere ausübt, ist gleichfalls von grösstem Vortheil für das Zustandekommen eines Erfolges. Sie erleichtert dem Arzte wie dem Patienten die unvermeidliche Vornahme der intermittirenden Intubation" (Ganghofner, Bericht der Naturforscherversammlung 1889 im Centralblatt für Chirurgie 1890, No. 3), d. i. des öfteren Herausnehmens und Wiedereinlegens der Tube, um an

Archiv f. klin. Chirurgie. XLIX. 4.

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gesammelten Schleim unter der Tube zu entleeren und um Decubitus zu vermeiden. Ich möchte behaupten, dass die fortgesetzte Betäubung durch Chloralhydrat den ganzen Zustand für das Kind erst erträglich macht. Wenn Scheier (Verhandl. der Berl. laryngol. Gesellsch., Bd. 3, II, S. 62) vorschlägt, die Hände des (nicht betäubten) Kindes zu binden, so werden sich in der Praxis wohl wenige Mütter finden lassen, die dies zugeben. Auch giebt es (Wackerle, Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. XXXVIII, S. 162) Kinder, welche geschickt durch Wendung des Kopfes die mit dem Faden belassene Tube zum Herausschlüpfen bringen, oder den Faden ohne Weiteres abbeissen. Dagegen verhindert das Chloralhydrat den kleinen Patienten, ohne dass seine Anwendung auf die Umgebung einen unästhetischen Eindruck macht oder das leicht erregbare Mitgefühl in Anspruch nimmt, durch irgendwelche Manipulationen am Faden die Tube zu dislociren. Das Chloralhydrat ermöglicht somit das Liegenbleiben des Fadens und vereinfacht die Extubation, während die Anwendung des Extubators nicht ganz ungefährlich ist (Rosenberg, Verhandl. der Berl. laryngol. Gesellsch., Bd. 3). Der Faden liegt am besten zur Seite, nicht auf der reizbaren Epiglottis.

Die Vornahme der Intubation hat am besten in horizontaler Lage des Kindes zu erfolgen, der Kopf des Kindes soll auf einer festen Unterlage ruhen und ist so am ehesten zu fixiren.

Das Herausschleudern der Tube ebenso wie das Herabsinken derselben in die Bronchien ist zu vermeiden durch die Wahl eines genügend starken Instrumentes, wie ich gezeigt habe. Ich möchte constatiren, dass dasselbe auch entschieden energischer zerstörend auf die Granulome einzuwirken im Stande ist. Handelt es sich um einen Fall wie den vorliegenden und nicht um frische Diphtheritis, so befürchte ich keineswegs, durch das festere Anliegen einer stärkeren Tubennummer dem Entstehen eines Decubitus Vorschub geleistet zu haben.

Die von Jacquet empfohlene Anwendung der Nährklystiere ist besonders in der ersten Hälfte der Behandlungszeit zu bevorzugen. Man mischt am besten die einzelnen Ingredienzien in der Kälte. Ich erwärme die in die Spritze aufgesogene Mischung am Cylinder der brennenden Lampe. Bei dem Zusatz von Chloralhydratlösungen ist darauf zu achten, dass das möglichst lange, für

den After bestimmte Rohr der Spritze gut abgewaschen werde, bevor man es wohl geölt einführt, da die Chlorallösungen stark ätzen. Man versäume schliesslich nicht, den Mund des Kindes häufig mit reinen Flüssigkeiten anzufeuchten.

Die gleichzeitige Einlegung einer kurzen Kanüle in die Trachealfistel ist eine Neuerung, deren Vortheil in die Augen springt, gegenüber der Möglichkeit, immer wieder zum Messer greifen zu müssen, wenn bei schon stark verengter Fistel Athmungsinsufficienz durch Schleimanhäufung etc. eintritt, oder aber, wenn die etwa herausgeschleuderte Tube in Folge von Verletzungen oder bei bestehendem Decubitus nicht wieder reponirt werden könnte. Diese Gefahr hat bisher den Operateur genöthigt, das Tracheotomiebesteck fortwährend bereit zu halten, sie war es, welche die peinlichste Ueberwachung, die „ärztliche Sitzwache" (Thiersch) zur Pflicht machte und Arzt wie Umgebung in fortwährender Aufregung erhielt.

Es empfiehlt sich vielleicht, diese kurze Canüle so einzurichten, dass die am Schild befindlichen Oesen breiter gehalten werden, dann ist es möglich, ein so breites Band anzuwenden, dass der Hals auch bei dem festen Anliegen der Kanüle nicht eingeschnürt wird.

Ich vermag diese Zeilen nicht abzuschliessen, ohne nochmals auf die bedeutende Erleichterung für den Patienten, auf die praktisch nicht werthlosen Vortheile hinzuweisen, welche mein Verfahren darbietet: Die Intubation, vorgenommen in Chloroformnarkose; die fortgesetzte Betäubung durch Chloralklysmen; die gleichzeitige Anwendung einer kurzen Trachealfistelkanüle als Sicherheitsventil. Möge es bald einer wohlwollenden Nachprüfung unterzogen werden!

Dresden, im December 1894.

XL.

Mittheilungen aus der chirurgischen
Casuistik

und

kleinere Mittheilungen.

(Aus der Klinik des Prof. L. L. v. Lewschin.) 1. Leistenbruch des schwangeren Uterus; natürliche Frühgeburt. Radikaloperation des Bruches. Genesung.

Von

Dr. W. W. Rosanoff.

(Mit einer Figur.)

Da der Bruch des schwangeren Uterus äusserst selten ist, so dürfte nicht unwillkommen sein, einen solchen Fall, der in der chirurgischen Hospitalklinik der Kaiserl. Moskauer Universität beobachtet wurde, zu veröffentlichen.

Die Kranke A. S., eine Bäuerin des Moskauer Gouvernements, 45 Jahre alt und von gutem Körperbau, leidet ihrer Aussage nach schon 5 Jahre an linksseitigem Leistenbruch, welcher früher leicht reponirt werden konnte und wobei stets ein Gurren vernehmbar war. Diese Manipulation bewerkstelligte die Kranke selbst, reponirte oft ihren Bruch und empfand jedesmal dabei im Bruchsack das Vorhandensein eines harten Körpers, welcher bei Drücken schmerzte. Eine schmerzhafte Anschwellung zur Zeit der Menses, die man beim Eierstockbruch beobachtet, bemerkte die Kranke niemals. Anfangs Februar vorigen Jahres war der Bruch nicht mehr zu reponiren und Ende Juni, als die letzte Periode war, vergrösserte er sich rasch. Die Geschwulst verursachte der Kranken keine besondere Störung, aber in der letzten Zeit war es der Kranken schwer, sich zu bewegen und sie lag gern im Bette. Bei ihren Eltern und nächsten Verwandten war ein Bruch ihrer Aussage nach nicht vorhanden. Die Periode kam mit dem 15. Lebensjahre, regelmässig alle vier Wochen, 6tägig, ohne Schmerzen. Nach ihrer Verheirathung im 20. Lebensjahre war die Periode wie früher 6tägig, aber schon immer nach 3 Wochen. Sie gebar 12 mal; die 3 letzten Geburten vollzogen sich schon bei Vorhandensein des Bruches, gingen jedoch regelmässig vor sich.

Die Geschwulst kommt aus der linken Leistengegend und hängt bei aufrechter Haltung der Kranken gerade nach unten, ungefähr auf 6 Ctm. das Knie

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nicht erreichend. Die Richtung derselben ist eine etwas schräge, von oben links nach unten rechts. Die unteren und mittleren Theile der Geschwulst gehen über die Mittellinie und vertheilen sich auf der Vorderseite der Hüfte,

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