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Unterscheidung von dem Inhalt einer gewöhnlichen vereiterten Cyste vollkommen unmöglich wird. Jedenfalls sollte man in einem derartigen Fall die Untersuchung auf Bernsteinsäure nicht vernachlässigen. Im Ganzen wird man bei einem Tumor der Schilddrüse, der die Diagnose auf Cyste stellen lässt, dann an einen Echinococcus denken, wenn eine auffällige Betheiligung der Nachbarorgane statthat, speciell die Cyste mit den umgebenden Muskeln und der Haut verlöthet ist; Probepunction kann dann geeigneten Falls den Sachverhalt klarstellen. Eventuell kann auch die Anamnese, der innige Verkehr mit Hunden zur Diagnose führen.

Ganz anders liegen die Verhältnisse, wenn in anderen Organen des betr. Patienten Echinokokken nachgewiesen sind. Man wird dann viel cher auf die Vermuthung kommen, dass ein gleichzeitig bestehender cystischer Tumor der Schilddrüse auch ein Echinococcus sei.

Nun ist es, sobald man gegen die Cysten unter allen Umständen operativ vorgeht, im Ganzen gleichgültig, ob dieselbe aus einer gewöhnlichen Strumacyste oder einem Echinococcus besteht, da, wie wir sehen werden, die für gewöhnliche Cysten in Anwendung kommenden Operationsregeln auch für den Echinococcus befolgt werden können. Anders liegt es aber, wenn man von operarativen Eingriffen absicht. Der Schwerpunkt der Sache liegt darin, dass der Echinococcus, wenn er nicht operirt wird, eine sehr viel schlechtere Prognose giebt, als die Kropfeyste. Von 18 beobachteten Fällen sind 4 ihrem Leiden zum Opfer gefallen; was speciell die in die Luftröhre perforirten Echinokokken betrifft, so hatten dieselben nicht einmal eine besondere Grösse erreicht. Sie waren hühnerei- resp. orangengross und haben also zu einer Zeit zum Tode geführt, wo eine gewöhnliche Cyste das Leben wohl noch nicht ernstlich gefährdet hätte.

Dem gegenüber ist aber auch eine Spontanheilung, oder wenigstens eine theilweise Rückbildung und ein Stehenbleiben des Processes auf einem erträglichen Stadium möglich, wie der in einem Fall (8) aufgefundene, abgestorbene und verkalkte Echinococcus beweist.

Wird der Echinococcus zur rechten Zeit operirt, dann ist die Prognose eine durchaus günstige; auch die Fälle, welche vor der

Operation äusserst bedrohliche Symptome verursachten, haben zu einer vollkommenen Restitutio ad integrum geführt.

Die Wege, auf denen dies letztere erreicht werden kann, sind, wie wir aus den mitgetheilten Krankengeschichten ersehen können, verschiedenartige. Dass nur ein operativer Eingriff in Frage kommen kann, ist selbstverständlich. Unter den verschiedenen hier möglichen müssen wir aber den wählen, der in möglichst ungefährlicher Weise die Aufgabe sicher und in möglichst kurzer Zeit erfüllt.

Was die einfache Punction anlangt, so kann durch einen dicken Trocart, resp. die von ihm gebohrte Oeffnung, wie Fall 16 beweist, der Echinococcus entleert werden, doch hat die Heilung in diesem Falle unter 10 Tagen anhaltendem Entleeren von Blasen einen Monat in Anspruch genommen; bei grösseren derben Blasen ist ein Herausschaffen derselben aus der engen Punctionsöffnung überhaupt unmöglich. In einem Fall (6) musste der Punctionsöffnung später noch eine Incision hinzugefügt werden.

Auf der gleichen Stufe wie die Punction stehen die zu kleinen Incisionen, wie sie im Fall 5, 9, 12 ausgeführt sind. Durch die Fisteln haben sich tage- oder monatelang noch Blasen entleert. Man wird diese Verfahren daher verwerfen, um so mehr, als sie mit und ohne nachfolgende Injectionen von Jod, Alcohol etc. auch den gewöhnlichen Strumacysten gegenüber von zweifelhaftem Nutzen sind. Derartige Injectionen sind auch (16) dem Echinococcus gegenüber zur Anwendung gekommen. Sie sind entbehrlich, wenn man als Therapie von vorne herein eine breite Incision ausführt, die einen vollkommenen Ueberblick der Innenfläche der Cyste erlaubt und demnach ein sofortiges ausgiebiges Entfernen sämmtlicher Fremdkörper möglich macht. Nach diesem Princip sind die Fälle 11, 13, 14, 15, 17 und 18 operirt. Sofortige oder Secundärnaht kann dann einen Theil der Wunde wieder verschliessen. Was die Nachbehandlung anlangt, so ist eine Drainage erwünscht, doch ist es gleichgültig, ob diese durch Einlegen eines Drains, oder von Jodoformgaze, oder durch Vernähen der Cystenränder mit der umgebenden Haut oder durch Letzteres und Drain (5, 18) erfolgt. Die kleinere Drainöffnung bei Anwendung eines Gummidrains scheint mir mehr für dieses, wie für die eine grössere Nahtlücke erfordernde Jodoformgaze zu sprechen.

Das Drain bleibt 2-4 Tage liegen,

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Dr. A. Henle, Ueber den Echinococcus der Schilddrüse.

wird dann, wenn die Wunde aseptisch ist, entfernt und nach 8 bis 10 Tagen ist die Heilung erfolgt.

Bisweilen ist die Wundhöhle eine sehr grosse und die Starrheit der Wunde hindert ein Zusammenfallen derselben. In diesen Fällen empfiehlt sich die Excision eines Theiles des Echinococcussackes, so wie sie in den Fällen wie sie in den Fällen 14 und 15 vorgenommen

worden ist.

Die Enucleation des ganzen Sackes ist, wie wir gesehen haben, schwierig wegen der entzündlichen Verwachsungen mit der Umgebung; sie ist complicirter, führt nicht sicherer und auch nicht schneller zum Ziel, als die Incision oder Excision. Speciell ist eine Schonung des N. recurrens, wenn derselbe in die Sackwand einbegriffen ist, kaum möglich, wie derselbe ja auch im Fall 1, dem einzigen Fall vollständiger Enucleation, bei der Operation wohl lädirt ist. In diesem Fall war in der Voraussetzung einer Cyste die Enucleation bei Entdeckung des Echinococcus schon so weit gediehen, dass ein Abbrechen der Operation zwecklos erscheinen musste.

Da die Hoffnung auf frühzeitige Erkenntniss eines Echinococcus der Schilddrüse auch in Zukunft eine geringe ist, wird man füglich in allen Fällen von Struma cystica, in denen die Operation nicht indicirt ist oder aber vom Kranken abgelehnt wird, wenigstens durch Probepunction klar zu stellen suchen, ob man es nicht etwa mit einem Echinococcus zu thun hat; in diesem Falle wird die Operation als dringend ausgeführt werden müssen.

XXXVII.

(Aus der Königl. chirurgischen Klinik zu Breslau.)
Beitrag zur Resection des Pharynx.

Von

Dr. Curt Braem,

früherem Assistenzarzt der Klinik.

Als auf dem 8. Chirurgencongeess vor nunmehr 16 Jahren. B. von Langenbeck1) seine Methode der seitlichen Pharyngotomie publicirte, konnte er noch auf kein glückliches Resultat seiner Operation hinweisen. Drei Patienten, bei denen sie zur Ausführung gekommen war, waren sämmtlich den Folgen der Operation erlegen. Auch in der sich anschliessenden Discussion wurden nur vereinzelte Fälle mitgetheilt, bei denen ähnliche Eingriffe mit besserem Erfolge vorgenommen waren.

Die folgenden Jahrzehnte haben die Erfüllung des Wunsches gebracht, den Langenbeck damals aussprach. Die Exstirpation der malignen Tumoren des Schlundkopfes hat sich längst das Bürgerrecht in der chirurgischen Praxis erworben. Die ausserordentliche Vervollkommnung der Wundbehandlung und der operativen Technik, die die antiseptische Aera hervorrief, die fortschreitende Erkenntniss der Ursachen für die Entstehung der so deletären Lungenaffektionen nach Operationen in Mund- und Rachenhöhle haben die anfangs erschreckend hohe Mortalität dieser Operationen auf ein erträgliches Maass reducirt. Wenn auch die Zahl der in späterer Zeit mitgetheilten Pharyngotomieen bei der Seltenheit der malignen Geschwülste des Pharynx und der Tonsillen naturgemäss keine grosse ist, die Resultate vielleicht auch je nach

1) Verhandl. der Deutschen Gesellschaft f. Chirurgie. 1879. II. S. 115.

der angewandten Operationsmethode variiren, so lässt sich doch schon ein ungefähres Urtheil über den Procentsatz der Mortalität gewinnen. Kocher1) hat von 5 Fällen einen verloren, Mikulicz2) einen von 4 Operirten, Küster3) einen von 2, Krönlein) 3 von 12. Obalinski) berichtet über einen geheilten Fall. Das giebt eine durchschnittliche Mortalität von 25 pCt. Das ist immerhin ein, wenn auch nicht gerade glänzender, so doch im Vergleich zu früherer Zeit befriedigender Erfolg.

Viel weniger günstig sind die Resultate bezüglich der dauernden Heilung.

Von den 18 Fällen, die die Operation überlebten, liegen allerdings nur bei 7 Nachrichten über den späteren Verlauf vor und zwar bei den Fällen von Kocher und Mikulicz. Bei diesen handelte es sich 6 mal um Carcinom, einmal (Fall 2 von Mikulicz) um ein Sarkom. Diesen will ich, um die Gleichartigkeit des Materials nicht zu beeinträchtigen, bei Seite lassen (der Patient starb 3 Monate nach der Operation an unbekannter Ursache). Von den 6 Carcinomen ist nur 1 Fall (Kocher) dauernd geheilt geblieben (3 Jahre) wenn man eine dreijährige Beobachtungszeit hinsichtlich der dauernden Heilung als ausreichend gelten lassen darf 3 bekamen wenige Wochen nach der Operation Recidive (ein Fall wurde nicht radical operirt), 2 wurden später recidiv (einer nach 2 Jahren, der andere starb 2 Jahre nach der Operation). Bei dem Küster'schen Patienten musste 6 Monate nach der Operation ein Drüsenrecidiv entfernt werden; lokal war kein Recidiv vorhanden. Spätere Nachrichten fehlen.

Wenn nun auch von den Patienten, über die keine weiteren Angaben vorliegen, vielleicht einer oder der andere gesund geblieben sein mag, so hat man trotzdem keinen Grund auf die erzielten Erfolge besonders stolz zu sein. Allerdings muss berück

1) Ueber Radicalheilung des Krebses. Bd. XIII. 1880. S. 134.

Deutsche Zeitschrift für Chirurgie.

2) Die seitliche Pharyngotomie behufs Exstirpation maligner Geschwülste der Tonsillargegend. Deutsche med. Wochenschr. No. 10 und 11. 1886.

3) Zur Behandlung der Carcinome der Wangenschleimhaut und der Seitenwand des Pharynx. Deutsche med. Wochenschr. No. 50. 1885.

4) Ueber Exstirpation des Pharynx-, Larynx- und Lungencarcinoms resp. Sarkoms. Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte. 1887. No. 20. S. 623.

5) Zur Technik der seitlichen Pharyngotomie behufs Entfernung der Tonsillengeschwülste. Centralblatt f. Chirurgie. 1887. No. 28. S. 532.

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