Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

gegangen, beziehungsweise in den schon mehrfach erwähnten, mit Abscessen durchsetzten schwieligen Tumor aufgegangen zu sein, in den die Kothfisteln mündeten. Bis in denselben Tumor war das einmündende Ileum, welches bei der ersten Operation für das Cöcum gehalten wurde, hineingezogen. Die starke Erweiterung dieses Dünndarmstücks erklärt sich ohne Weiteres durch chronische Kothstauung in demselben. Die seitliche Einmündung eines Dünndarms wird durch eine Verwachsung mit einer benachbarten Darmschlinge, die Tänie durch eine narbige Verdickung der Wand vorgetäuscht sein.

Wieviel Darm durch die Operation ausgeschaltet ist, ist völlig unbekannt; in ihrer Ernährung hat die Patientin bisher nicht gelitten.

Ich hoffe, dass es gelingen wird, den Anus präternaturalis noch zum völligen Verschluss zu bringen und doch noch das gewünschte Ziel, Verschluss der Kothfisteln und Entleerung allen Kothes aus dem After, zu erzielen.

Dass die Patientin bei all' diesen schwierigen und langdauernden Operationen (die zweite dauerte über 2 Stunden und alle Darmnähte mussten wegen den Verwachsungen in der Bauchhöhle selbst ausgeführt werden) der Peritonitis entgangen ist, liegt wohl zum grossen Theil darin, dass durch die früher überstandene allgemeine Peritonitis und ihre, Folgen der grösste Theil der Lymphwurzeln der Bauchhöhle verödet ist und die Empfänglichkeit des Peritoneums für Infectionen abgestumpft ist.

Nach diesen Erfahrungen habe ich ein grosses Vertrauen zur Lembert'schen Naht gewonnen und glaube, dass sie für die grosse Mehrzahl der Fälle das einfachste und sicherste Verfahren ist, und dass ein Bedürfniss für neue Erfindungen auf diesem Gebiete absolut nicht vorliegt. Vorbedingung für ein gleichmässiges Gelingen der Naht ist, dass der Operateur sich die nöthige Uebung am todten Menschendarme und an lebenden Thieren erwirbt, was ja verschiedene Autoren und besonders Czerny mit Recht betont haben. Erzielt man bei letzteren gute Resultate, so wird man mit noch besserem Erfolge die Operation am lebenden Menschen ausführen, weil dessen Darm sich mehr für die Lembert'sche Naht eignet als der der Versuchsthiere. Die Misserfolge beim Menschen liegen. nicht in der Unvollkommenheit der Naht, sondern entweder in der mangelhaften Uebung des Operateurs, die er sich an Thieren verschaffen kann, oder in der Schwere der Erkrankung des Patienten, welche keine Darmnahtmethode aus der Welt zu schaffen vermag.

Wem bei schwierigen Fällen die einfache Lembert'sche Naht nicht sicher genug dünkt, der mag immerhin die doppelreihige Czerny'sche wählen, für die grössere Mehrzahl der Fälle ist aber auch die letztere zu entbehren. Durch die einfache Lembert'sche

766

Dr. A. Bier, Ueber circuläre Darmnaht.

Naht vereinfachen wir die Technik der schwierigen und complicirten Darmoperationen, und in jeder Vereinfachung derselben scheint mir ein Fortschritt zu liegen.

Ob auch für die Magennaht die einfache Lembert'sche Naht sicher genug ist, oder ob hier die Czerny'sche bessere Resultate giebt, wage ich nicht zu entscheiden, da mir die nöthige Erfahrung darüber fehlt.

Meinem Chef, Herrn Geheimrath von Esmarch, sage ich auch an dieser Stelle für die Ueberlassung der Fälle zur Operation und zur Veröffentlichung meinen besten Dank.

XXXI.

Zwei Fälle von angeborener medianer
Spaltung der Nase.

Von

Dr. D. Nasse,

Privatdocent und I. Assistenzarzt der chirurgischen Universitäts-Klinik zu Berlin.
(Hierzu 1 Figur).

Beobachtungen von medianer Spaltbildung der Nase sind so selten, dass ich zwei vor Kurzem in der chirurgischen Universi- täts-Klinik vorgekommene Fälle kurz mittheilen möchte.

R., 18 Jahre alt, soll mit der Missbildung des Gesichts, welche ihn verunstaltet, geboren sein. Eine Behandlung hat bisher nicht stattgefunden.

Bei Betrachtung des Gesichts fällt sofort auf, dass die obere Gesichtshälfte ausserordentlich breit ist. Die inneren Augenwinkel stehen viel weiter als normal von einander entfernt. An Stelle des Nasendaches finden wir eine breite Hohlrinne, welche oben in der Gegend der Glabella flach beginnt und allmälig tiefer werdend sich nach abwärts erstreckt. In der Höhe der Nasenspitze ist sie am tiefsten. Weiter abwärts wird sie schnell flacher und endet noch im häutigen Septum der Nase. Letzteres weicht etwas nach links von der Medianlinie ab. Die Nasenlöcher sind durch das verbreiterte Septum weiter als normal von einander entfernt, auffallend hoch und nach aufwärts und aussen gekehrt. Oberhalb der Nasenlöcher springt zu beiden Seiten der medianen Rinne je eine rundliche Kuppe vor, von welcher aus ein allmälig flacher werdender Wulst oder First nach aufwärts zur Nasenwurzel zieht und die seitliche Begrenzung der Rinne bildet. Tastet man nach dem Septum der Nase, so findet man das knorpelige Septum in der Medianlinie auffallend niedrig und Y-förmig gespalten. Die divergirenden Knorpelplatten des Septum steigen nach aussen aufwärts zu den erwähnten beiden Höckern, welche in der Höhe der Nasenspitze liegen und gehen seitlich in die Nasenflügelknorpel über. Der unterste Theil der Nasenrinne wird also von jenen Knorpelplatten und der darauf liegenden Haut gebildet. Nach aufwärts verlieren sich allmälig die Knorpelplatten. und der Boden der Nasenrinne besteht allein aus der Haut. Das Septum narium aber kann man weit hinauf abtasten bis zur Stirn hin. Dasselbe ist auffallend

niedrig und seine vordere Kante auffallend breit. Es weicht flachbogenförmig etwas nach rechts von der Medianlinie ab. Zu beiden Seiten der über den Nasenöffnungen liegenden Höcker fühlt man nach aufwärts und seitlich den Knorpel sich fortsetzen bis zum Rande der knöchernen Apertura pyriformis, welche stark verbreitert ist. Man kann den Rand der letzteren abtasten. Im oberen Theile fühlt man dann, dass die Nasenbeine vollständig fehlen, die Apertura pyriformis setzt sich als breiter Spalt bis zum Stirnbein fort. Der leicht erhabene Rand der Apertur bildet die seitliche Begrenzung des oberen Theiles der Nasenrinne. Der Nasenfortsatz des Stirnbeines, bis zu welchem man das Septum narium abtasten kann, ist auffallend flach, die Knochenoberfläche etwas unregelmässig. Diese leichten Unregelmässigkeiten setzen sich aufwärts fort bis zur Glabella, jedoch ist kein durchgehender Defect des Knochens, keine Spaltbildung am Schädel zu finden.

[graphic]

Die Haut, welche die Nasenrinne und die seitliche Wülste deckt, ist annähernd normal, jedoch fällt in dem oberen Theile der Rinne zwischen den Augen eine eigenthümliche Hahnenkamm ähnliche Faltenbildung der Haut in der Medianlinie auf. Ferner ist merkwürdig, dass die Haut in dem Bereiche der Missbildung stets stark schwitzt. Wischt der Patient den Schweiss nicht

häufig weg, so ist die Haut der Nasengegend von Schweisstropfen bedeckt, während das übrige Gesicht ganz trocken ist.

Die Untersuchung des Naseninnern ergiebt, dass, entsprechend der Abweichung des oberen und mittleren Theiles des Septums nach rechts, die linke Nasenhöhle viel weiter ist als die rechte, beide aber weiter als normal. Sonst findet man keine Abnormitäten.

⚫ Bemerkenswerth ist noch, dass Patient gar kein Riechvermögen hat. Selbst sehr stark riechende Substanzen vermag er nicht zu unterscheiden, wenn nicht eine Einwirkung auf Rachen, Zunge oder Kehlkopf statt findet.

Am Schädel, der Oberlippe, Oberkiefer und Gaumen findet sich keine Veränderung, ausgenommen, dass die beiden oberen Eckzähne oberhalb und vor der übrigen Zahnreihe stehen. Ebenso kann man wieder rhinoskopisch noch mit dem Finger Veränderungen am Rachendache oder der Schädelbasis constatiren.

Es besteht wohl kein Zweifel, dass wir es im vorliegendem Falle mit einer medianen Spaltbildung der Nase zu thun haben, deren Erklärung uns vor allen Witzel1) gelehrt hat. Unser Fall würde wohl unter den von Witzel angeführten am nächsten dem Falle Hoppe's stehen. Ich habe daher wohl nicht nöthig, auf die Entwickelung der Spaltbildung einzugehen, sondern kann auf Witzel's Arbeit und Trendelenburg's Darstellung (Deutsche Chirurgie, Lief. 33. I.) verweisen.

Als

Nur die Ursache der Hemmungsbildung möchte ich noch kurz besprechen. Witzel macht darauf aufmerksam, dass bei allen hochgradigeren Fällen Defecte am Schädel in der Gegend der Glabella und eventuell ein Hirnbruch vorhanden gewesen seien. Angriffspunkt der Kraft, welche die Diastase des Gesichtsschädels bewirkt, nimmt er daher die Glabella an. Es liegt nun seiner Ansicht nach nahe, wie für die Spaltbildungen im Bereiche des Schädels überhaupt, so hier für das seitliche Auseinanderweichen des Schädelendes den vermehrten intracraniellen Druck als Ursache anzusehen“, „dass gerade an der Nasenwurzel der vermehrte innere Schädeldruck eine Vorwölbung der Dura leicht verursacht, findet seine Erklärung darin, dass hier gerade sich eine sehr dünne Stelle der Schädelkapsel befindet, zu der Zeit, in welcher der Stirnfortsatz sich zu bilden beginnt".

Als eine zweite Möglichkeit der Entstehung unserer Missbildung nimmt Witzel an, dass der Gaumenfortsatz des Schlundes per

1) Witzel, Ueber die angeborene mediane Spaltung der oberen Gesichts hälfte. Dieses Archiv. Bd. 27.

« VorigeDoorgaan »