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Das Gleiche gilt für die rechts vorhandene Sutura intraincisiva. Ueber die Bedeutung der Sutura intraincisiva oder endo-mesognathica (Albrecht) habe ich mich in der zweiten Versammlung der anatomischen Gesellschaft ausgelassen und gesagt: Die am knöchernen Gaumen zuweilen vorkommende Sutura endo-mesognathica, die neuerdings auch H. v. Meyer beschrieben hat, gestattet keinen Rückschluss auf die Existenz von vier Zwischenkiefern, und zwar, weil Zwischenkiefer und Oberkiefer beim Embryo schon vor Entwicklung ihrer Gaumenplatten zu einem Knochen vereinigt sind, und zweitens, weil diese Trennung des Zwischenkiefers niemals an der Gesichtsfläche vorzukommen scheint, wenigstens meines Wissens noch von niemand beschrieben worden ist.

Die gleichen Anschauungen vertritt übrigens auch mein Vater, wie Herhold selbst hervorhebt. 1)

Ich muss also nach wie vor an der einfachen Anlage des Zwischenkiefers festhalten.

1) 1. c. p. 906, Zeile 17 v. 0.

XXIX.

Mittheilungen aus der chirurgischen
Casuistik

und

kleinere Mittheilungen.

Ueber einen nach Form und Verlauf ungewöhnlichen Fall von Verletzung der Arteria femoralis.

Von

Dr. Schmidt,

Assistenzarzt am Kinder-Hospital zu Dresden.

Als rationelle Behandlung subcutaner Senkungsabscesse bei tuberculöser Spondylitis gilt heute die Punction mit nachfolgender Auswaschung der Abscesshöhle und Injection von Jodoformemulsion.

Am hiesigen Kinderhospital gehört diese Operation selbstredend zu den alltäglichen Vorkommnissen. Herr Hofrath Sprengel hat sich gewöhnt, dieselbe in der Weise auszuführen, dass er nicht einen, sondern zwei starke Troicarts in einiger Entfernung von einander einsticht und durch dieselben die Entleerung und Auswaschung der Abscesse besorgt. Die Methode hat den Vortheil, dass die Verstopfung der Canülen leichter vermieden werden und die Beriesclung der Abscesshöhlen schneller und intensiver erfolgen kann. Bei grossen Abscessen wird meist je ein Troicart oberhalb und unterhalb des Poupart'schen Bandes eingestossen, wobei selbstverständlich die Nachbarschaft der Femoralgefässe sorgfältig zu berücksichtigen ist.

Es ist wohl selten vorgekommen, dass bei diesem harmlos erscheinenden Eingriff ein unangenehmer Zwischenfall sich ereignet hätte; hier sind wenigstens alle auf die beschriebene Weise ausgeführten Punctionen glatt verlaufen. Und doch lehrt der folgende Fall, dass auch hier recht bedenkliche Ereignisse vorkommen können.

O. W., 10 J., leidet seit angeblich 1/2 Jahre an schwerer Spondylitis

lumbalis mit ausgesprochener Kyphose; in der rechten Inguinalgegend wölbt sich über und unter dem Poupart'schen Bande ein prallgefüllter Abscess hervor, welcher sich stetig vergrössert und erhebliche Beschwerden verursacht. Am 3. 9. 94. Punction in der oben beschriebenen Weise. Patient verlässt nach 5 Tagen zur poliklinischen Weiterbehandlung das Hospital. 26. 9. 94 hatte sich der Abscess wieder stark angefüllt. Erneute Punction. Es fiel auf und wurde vor der Operation besprochen, dass die Pulsation der Arterie nicht zu fühlen war. Um sie nicht zu verletzen, stach man den unteren Troicart etwas weiter nach aussen als gewöhnlich ein. Aus beiden Troicarts strömte der Eiter ohne jede blutige Verfärbung, die nachfolgende Ausspülung mit Sublimat und Salicyllösung, sowie die Injection von Jodoformglycerinemulsion ging völlig glatt von statten: nichts liess vermuthen, dass irgend ein Zwischenfall sich ereignet hätte. Die Troicarts wurden nun langsam herausgezogen. Sofort entwickelte sich an der Stelle, an welcher der untere Troicart sich befunden hatte, eine bläuliche, rasch wachsende Geschwulst; sie hob die Haut immer mehr ab und kurz darauf sprang aus der Troicartöffnung ein dicker Blutstrahl hervor. Kein Zweifel, es konnte sich nur um eine Verletzung der Art. femoralis handeln. Sofort wurde dieselbe, während ein Assistent comprimirte, durch einen Längsschnitt freigelegt, die blutende Stelle aufgesucht und das verletzte Stück der Arterie resecirt. Da die Verletzung sich unmittelbar unter dem Abgang der Profunda femoris befand, so musste, um die Blutung mit Sicherheit zu stillen, die obere Ligatur nach oben von dem Abgang der Profunda angelegt werden.

Der unangenehme Zwischenfall hatte für den Kranken keinen dauernden Nachtheil. Die Circulation in der Extremität hatte sich bereits am Abend des Operationstages wieder regulirt, nachdem das Bein anfangs etwas kühl gewesen war. Möglich, dass schon seit längerer Zeit durch den prall gefüllten Abscess ein Druck auf die Arterie ausgeübt und somit die allmälige Ausbildung oder Erweiterung der Collateralbahnen bewirkt worden war. Die Unmöglichkeit, den Femoralpuls vor der Operation zu fühlen, würde hierfür sprechen.

Der punctirte Abscess nahm den gewöhnlichen Verlauf; er füllte sich allmälig von Neuem und musste noch vor völligem Schluss der Hautwunde (die nur theilweise genäht war) abermals punktirt werden.

Die vorstehend beschriebene Verletzung der Femoralis ist als zweifellos seltenes Vorkommniss bei Punktion eines Abscesses an sich bemerkenswerth. Was dem Fall aber ein besonderes Interesse verleiht, ist die Art und Weise, in welcher die Blutstillung durch das verletzende Instrument selbst bewirkt wurde. Ich erwähnte oben, dass die Blutgeschwulst sich nicht unmittelbar nach dem Einstich, sondern erst beim Zurückziehen des Troicarts entwickelte. Das durch die Resection des verletzten Arterienstückes gewonnene Präparat giebt die Erklärung hierfür. An demselben sieht man unmittelbar unter dem Abgang der Profunda auf der Vorderseite und der Rückseite der Arterie einen deutlich dreieckigen Schlitz, der offenbar dem Stilet des Troicarts entspricht, während im Uebrigen die Continuität des Gefässes erhalten blieb. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die elastischen Gefässwandungen sich fest an das Instrument anlegten, so lange dasselbe die Arterie durchbohrte und dadurch

738 Dr. Schmidt, Ungewöhnlicher Fall von Verletzung der Arteria femoralis.

den Blutaustritt unmöglich machten. Erst mit dem Moment, wo das Instrument zurückgezogen wurde, entströmte das Blut der Arterie.

Legen wir uns schliesslich die Frage vor, ob ein ähnliches Vorkommniss mit Sicherheit vermieden werden kann, so müssen wir dieselbe meines Erachtens verneinend beantworten. Dass man in jedem analogen Falle sich über die Lage der Femoralis vor der Operation zu orientiren sucht, ist selbstverständlich und auch in unserm Falle ausgiebig versucht worden. Fühlt man die Arterie nicht deutlich, was je nach Umständen von ihrer Lagerung hinter dem Abscess (nach unserer Erfahrung ein Ausnahmefall) oder von ihrer Compression durch eine besonders pralle Füllung desselben abhängen kann, so wird wohl nur übrig bleiben, den Troicart so weit nach aussen als die Lage des Abscesses es zulässt, einzustossen. Jedenfalls thut man nach der obigen Erfahrung gut, in jedem Fall, wo der Puls der Arterie nicht deutlich fühlbar ist, auf die Möglichkeit einer Arterienverletzung vorbereitet zu sein.

Dresden, Dezember 1894.

Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.

XXX.

(Aus der Königlichen chirurgischen Klinik zu Kiel.) Ueber circuläre Darmnaht.

Von

Dr. August Bier,

1. Assistenzarzte der Klinik und Privatdocenten.

In neuerer Zeit sind eine ganze Reihe neuer Methoden der Vereinigung des querdurchtrennten Darmes erfunden worden, welche angebliche Mängel der jetzt meist geübten Lembert'schen oder Lembert-Czerny'schen Naht vermeiden sollen. Die Nachtheile, welche man specell der Lembert'schen Naht vorwirft, sollen vor allem in mangelhafter Haltbarkeit und in zu langer Zeitdauer der Operation bestehen. Die neueren Methoden sind meist auf Grund von Thierexperimenten empfohlen worden. Ich habe ebenfalls eine solche Darmnaht erfunden und in meiner Habilitationsschrift1) veröffentlicht, welche, glaube ich, nicht besser und nicht schlechter ist, als die meisten anderen, das heisst: beim Thiere gute Resultate giebt. Leider habe ich sie auch zweimal beim Menschen angewandt. Beide sind gestorben; an dem einen ist die Naht unschuldig, denn es war so wie so ein verlorener Fall, der andere aber ist ein Opfer der Methode" geworden.

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Ich war damals noch ein recht junger Chirurg, hatte an Thieren bei Versuchen mit Lembert'scher und Lembert-Czerny' scher Naht mässige Resultate gehabt, nie eine Darmnaht beim Menschen selbst ausgeführt und sie nur zweimal ausführen schen. In diesen beiden Fällen wurde eine doppelreihige Serosa- und ausserdem noch

1) Ueber circuläre Darmnaht. Kiel. 1889. Archiv f. klin. Chirurgie. XLIX. 4.

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