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winkel von 65 und einem Aussenrotationswinkel von 35o. In allen 3 Bewegungsaxen beträgt die Excursionsweite nur etwa 20°, also zwischen 125 und 145, 55 und 75, 25 und 45o. Wie hinkend und unsicher der Gang ist, brauche ich nach diesen Angaben nicht erst hervorzuheben.

Man muss eben bedenken, dass nicht alle Menschen mit congenitaler Luxation so furchtbar schlecht gehen wie die extrem ungünstigen Fälle. Es giebt Kinder und Erwachsene, die mit und auch ohne Zuhilfenahme einfacher orthopaedischer Mittel, eines festen Mieders und einer entsprechenden Sohlenerhöhung ganz erträglich gehen und dabei recht leistungsfähig sind. Es sind das jene Fälle einseitiger Luxation, in denen der Schenkelkopf in der nächsten Nähe der Pfanne so stark fixirt ist, dass er nur geringe Verschiebungen bei der Belastung des Beins erleidet. Ich habe ein 8 jähriges Kind mit einseitiger Hüftverrenkung in Behandlung, das bei einiger Aufmerksamkeit kaum merklich hinkt.

Am lehrrreichsten in dieser Richtung ist für mich eine 35 jährige Dame, die nicht allein gut und ausdauernd zu gehen vermag, sondern auch den Cursus und das Examen als Turnlehrerin mit Erfolg bestanden hat.

Fräulein M. hat als Kind in den ersten Lebensjahren stark gehinkt, wurde aber wegen ihres Leidens nie orthopädisch behandelt. Auf den Rath des Arztes liess man sie an allen Kinderspielen, sowie am Turnen in der Schule theilnehmen; mit dem 12. Jahre erhielt sie eine Sohleneinlage von 2, später 22 Ctm. Sie lief damit eifrig auf dem Eis, lernte tanzen, machte weite Ausflüge, ohne merklich zu ermüden. Mit der Zeit lernte sie das Hinken und Wanken der Hüften durch eigene Muskelkraft zu verhindern. Vor 21⁄2 Jahren machte sie den halbjährigen Cursus als Turnlehrerin mit und nahm an allen, auch an Spring- und Laufübungen Theil. Zur Zeit trägt sie ein gewöhnliches festes Mieder und eine Sohleneinlage von 21⁄2 Ctm. auf der linken Seite. Wenn sie aufmerksam ist, so geht sie so gut, dass man absolut kein Hinken merkt; lässt sie sich dagegen gehen, so sinkt die linke Hüfte bei jedem Schritt der betreffenden Seite ein wenig ein. Sie vermag ohne zu ermüden Fusstouren von 4-5 Stunden ohne Unterbrechung zu machen. Bei der Untersuchung der ziemlich mageren Dame fand ich eine complete Luxation des linken Hüftgelenks; der Trochanter stand etwa 21⁄2 Ctm. höher und liess sich nur um etwa 1 Ctm. in verticaler Richtung verschieben. Selbst bei vollständiger Belastung des Beins rückte er nur wenig mehr in die Höhe. Der Schenkelkopf war also auffallend tief und fest fixirt; er liess sich übrigens durch Flexion, Adduction und Innenrotation mit Leichtigkeit unter den Gluteen hervordängen. Er war auffallend stark entwickelt; ich schätzte ihn fast so gross als den normalen

386 Dr. J. Mikulicz, Die unblutige Reduction d. angel. Hüftverrenkung.

Femurkopf eines Erwachsenen. Wenn die Dame, ohne sich anzustrengen, auf dem linken Bein stand, so trat eine deutliche aber nicht hochgradige Lordose der Lendenwirbelsäule auf; diese vermochte sie jedoch durch Muskelanspannung fast vollständig auszugleichen.

Aehnliche Beobachtungen hat gewiss jeder erfahrene Chirurg gemacht. Sie sind uns eine Mahnung, nicht jede angeborene Luxation, die auf unblutigem Wege sich nicht mehr reduciren lässt, ohne Auswahl der Operation zu unterwerfen. Auch hier müssen wir, wie in der ganzen operativen Chirurgie, in jedem einzelnen Falle sorgfältig erwägen, nicht nur, was der Kranke zu gewinnen, sondern auch was er zu verlieren hat.

XIII.

(Aus der Königl. chirurgischen Klinik zu Breslau). Ueber Glycerinintoxication nach Jodoform

glycerininjection.

Von

Dr. Leopold Schellenberg.

Im Jahre 1866 entdeckte Husemann) die giftige Wirkung des Glycerins auf Frösche. Zehn Jahre später veröffentlichten Dujardin-Beaumetz und Audigé diesbezügliche Kaninchen- und Hundeversuche, und kamen zu dem Resultate, dass 8 Grm. Glycerin, den Thieren subcutan applicirt, binnen wenigen Stunden den Tod herbeiführen. Nach sehr grossen Dosen soll unter Temperaturanstieg Tetanus, nach mittelgrossen Dosen Lähmung der Muskeln und Abnahme der Temperatur eintreten. Dabei beobachteten sie Hyperämie der Nieren sowie Ausscheidung sanguinolenten Urins. Zu erklären suchten genannte Autoren dieses Intoxicationsbild durch Einwirkung des Glycerins auf die Nervencentren, besonders das Rückenmark, analog den Alkoholen, zu denen das Glycerin ja gehört.

1875 fand Luchsinger), dass bei Kaninchen nach subcutaner Injection grösserer Mengen durch Wasser verdünnten Glycerins nach einiger Zeit im Harne Hämoglobin nachweisbar sei. Diese Befunde wurden durch Schwahn) bestätigt, der überdies die überraschende Beobachtung machte, dass diese Hämoglobinurie ausbleibt, wenn die Glycerinlösung dem Organismus intravenös beigebracht wird. Dem gegenüber steht die allerdings auch unter seinen Versuchen vereinzelt dastehende Beobachtung Lebedeff's), wonach auch nach intravenöser Einbringung von verdünntem Glycerin makro

skopisch und spectroskopisch als blutfarbstoffhältig nachweisbarer Urin beobachtet wurde. Doch war diese Hämoglobinurie nur von geringer Intensität. Die „kythaemolytische" Wirkung des Glycerins bestätigt auch Ponfick), ferner Afanassiew) und Filehne). Während die bisher angeführten Beobachtungen von Glycerinintoxication sich ausschliesslich auf Thierexperimente beziehen, ist, soweit ich die Literatur übersehe, Pfannenstiel) der erste gewesen, der am Menschen Intoxicationserscheinungen nach Glycerinanwendung beschrieben hat, und zwar in zwei Fällen, bei denen die von Pelzer) resp. Frank 10) empfohlene intrauterine Glycerineinspritzung behufs Einleitung künstlicher Frühgeburt gemacht wurde.

Infolge der Mittheilung dieser Beobachtung wurde ich von Herrn Geheimrath Mikulicz, dem ich für die Anregung zu dieser Arbeit hiermit ergebenst danke, veranlasst, Beobachtungen darüber anzustellen, ob bei der jetzt üblichen Behandlungsweise chirurgischer Fälle von Tuberculose mit Jodoformglycerinemulsion Glycerinintoxications - Erscheinungen beobachtet werden. Meine Beobachtungen erstrecken sich auf 30 Fälle, darunter 21 selbst beobachtete und 9 den Krankenjournalen entnommene. Zur Injection benutzt wurde eine Suspension von 1 Theil Jodoform auf 10 Theile Glycerin. Unter diesen 30 Fällen fand ich in 8 Fällen Erscheinungen, die ich mich auf Glycerinresorption zu beziehen veranlasst sah, also, wenn man dieser geringen Zahl von Beobachtungen statistische Daten entnehmen wollte, in 26,6 pCt. der Fälle. Dieser Procentzahl kann, abgesehen von der geringen Zahl der Beobachtungen, auch darum kein besonderer Werth beigemessen werden, weil von den Krankengeschichten der nicht von mir selbst beobachteten Fälle nur jene verwerthet werden konnten, in welchen genaue Urinbefunde nach der Jodoformglycerininjection verzeichnet waren. Es liegt in der Natur der Sache, dass die positiven, für Glycerinintoxication sprechenden Befunde relativ häufiger erwähnt wurden, als die negativen. Was das Alter der betreffenden Patienten anlangt, so waren zwei von den erwähnten Fällen erwachsene Personen von 18 und 19 Jahren, während all die übrigen Kinder zwischen 3 und 7 Jahren betrafen. Die Erscheinungen, die ich bei den erwähnten 8 Fällen beobachtete, fallen im Allgemeinen mit dem Bilde zusammen, das Afanassiew

für die Glycerinhämoglobinurie giebt. 11) Was das Blut selbst hierbei anlangt, so ist es mir mikroskopisch nicht gelungen, irgend welchen pathologischen Befund wie z. B. Blutkörperchenschatten nachzuweisen, welcher Umstand übrigens durch die von Afanassiew hervorgehobene Thatsache, dass der Nachweis von Blutplatten im Blute wegen der Kleinheit und der äusserst geringen Anzahl derselben in solchen Fällen nur mit Mühe gelingt, leicht erklärt erscheint. Auch habe ich durch die Fleischl'sche Hämoglobinbestimmungsmethode keine nennenswerthen Unterschiede im Bluthämoglobingehalte ante et post injectionem nachweisen können. Es geschieht in diesen Fällen die Ausscheidung des durch Glycerinwirkung gelösten Blutfarbstoffes nur durch die Nieren, oder wenigstens vorwiegend durch dieselben, wodurch mir die Thatsache erklärt scheint, dass ich in diesen Fällen weder Milz- noch Leberschwellung, noch Hypercholie der Stühle nachweisen konnte. Ebensowenig habe ich Icterus beobachtet.

Soweit die Uebereinstimmung mit den durch Thierexperimente erhärteten Thatsachen.

Was nun das genaue klinische Bild des durch Glycerinresorption erzeugten Symptomencomplexes anlangt, so möchte ich leichte Intoxicationsformen von schweren und letal verlaufenden unterscheiden.

1. Gruppe: Leichte Formen.

Allgemeinerscheinungen: Wenige Stunden oder spätestens 24 Stunden post injectionem leichte Temperatursteigerung, die 38,5 nicht erreicht, sowie Pulsbeschleunigung bis etwa 115 in der Minute. Die Patienten empfinden leichte Schmerzen an der Injectionsstelle. Alle diese Allgemeinerscheinungen gehen in wenigen,

höchstens 24 Stunden vorüber.

Der Urin, in dem sich etwa 2-4 Stunden lang Blutfarbstoff durch die gewöhnlichen Methoden nachweisen lässt. ist oft röthlich gefärbt, im Allgemeinen aber makroskopisch nicht ohne Weiteres als blutfarbstoffhaltig kenntlich. Was diese Fälle besonders gegenüber den anderen Gruppen charakterisirt, ist das Verhalten des Harnsedimentes. Dies fehlt entweder, oder enthält, wo vorhanden, sehr spärliche braungrünliche Detritusmassen und Blutfarbstoffschollen, neben sonst unwesentlichen Bestandtheilen. Constant ist jedoch der negative Befund an Nierenelementen, ferner

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